Stuttgart. Vom 29. Oktober bis zum 2. November fährt eine Delegation politisch engagierter Menschen aus Baden-Württemberg zur Beobachtung der Wahlen in die kurdische Stadt Diyarbakir im Südosten der Türkei. Sie wollen damit ein politisches Signal nach Ankara schicken und die Wahl der linksdemokratischen und prokurdischen „Partei der Völker“ HDP unterstützen.
Die Bundestagsabgeordneten der Linken Karin Binder (Karlsruhe) und Heike Hänsel (Tübingen) wollen die Delegation zusammen mit dem stellvertretenden Parteivorsitzenden Tobias Pflüger (Tübingen) begleiten, heißt es in einer Mitteilung. Sie besteht aus folgenden Mitgliedern:
• Gökay Akbulut aus Mannheim, Stadträtin und Spitzenkandidatin der Linken bei der Landtagswahl
• Hans-Joachim Braun, Flüchtlingskinder Diyarbakir e.V. Karlsruhe
• Rudolf Bürgel, Flüchtlingskinder Diyarbakir e.V. Karlsruhe
• Werner Engelmann, Ersatz-Landtagskandidat in Lahr
• Detlef Gräser, Kreisrat der Linken, Schriesheim
• Gül Güzel, Sprecherin des AK Asyl Stuttgart
• Alexander Kauz, Landtagskandidat in Emmendingen
• Lukas Oßwald, Kreis- und Stadtrat der Linken, Landtagskandidat in Lahr
• Hazal Rakip, Landtagskandidatin in Wiesloch
• Klaus Raudenbusch, Die Linke Ludwigshafen, Linksjugend solid
• Marvin Wiegand, Landtagskandidat in Villingen-Schwenningen, Landesgeschäftsführer der Linksjugend solid.
Erdogan will das Wahlergebnis vom Juni „korrigieren“
Bei den Parlamentswahlen im Juni konnte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sein erklärtes Ziel einer Präsidialmacht nicht erreichen. Die HDP hat mit ihrem Einzug ins Parlament die Alleinherrschaft Erdogans verhindert. Als Konsequenz daraus beendete Erdogan den Friedensprozess mit der PKK. Er treibt die Türkei gemeinsam mit der AKP-Übergangsregierung und dem Militär immer heftiger auf einen Bürgerkrieg zu.
Der Ausgang der jetzt angesetzten Neuwahlen in der Türkei ist deshalb aus Sicht der Delegation auch für Deutschland und die EU von großer Bedeutung. Internationale Öffentlichkeit müsse mithelfen, dass bei den Wahlen demokratische Regeln eingehalten, Wahlbetrug verhindert und die demokratische Opposition gestärkt wird.
Bereits im Juni waren die Karlsruher Bundestagsabgeordnete Karin Binder und die Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl Gökay Akbulut zur Wahlbeobachtung der türkischen Parlamentswahlen vor Ort. Damals forderte ein Bombenanschlag auf eine zentrale Wahlkundgebung der HDP in Diyarbakir vier Tote und zahlreiche Verletzte. Karin Binder sollte auf dieser Wahlkundgebung reden. Da ihr Flug Verspätung hatte, trafen die Politikerinnen erst nach dem Bombenanschlag in Diyarbakir ein.
Hänsel: Die Türkei ist kein „sicheres Herkunftsland“
Karin Binder zufolge versucht Erdogan mit der AKP und der „ihm zur Verfügung stehenden Staatsgewalt, Militär und Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz“ – das Wahlergebnis vom Juni zu ‚korrigieren‘. Er wolle keine demokratischen Veränderungen und deshalb auch verhindern, dass die HDP als ernst zu nehmende Opposition im Parlament für Veränderungen sorgen könnte.
Aus Heike Hänsels Sicht unterstreicht der Mordanschlag auf die Friedensdemonstration am 10. Oktober in Ankara, dass die Türkei kein ‚sicheres Herkunftsland‘ ist. Sie warnt die EU und Deutschland vor einer „Kumpanei mit Erdogan“. Stattdessen müssten in der Türkei friedliche und demokratische Kräfte wie die HDP gestärkt werden (siehe Video unten).
Nach Tobias Pflügers Einschätzung wird „mit allen Mitteln versucht, den Weg des Friedens in der Türkei zu zerstören“. Die Linke wolle der HDP in dieser schweren Zeit zur Seite stehen. „Die Bundesregierung sollte alle Waffenlieferungen an die Türkei unterbinden, anstatt Erdogan zu hofieren“, fordert Pflüger: „Das deutsche Militärmaterial wird gegen diejenigen eingesetzt, die Frieden und Demokratie wollen, von Juni bis heute gibt es schon an die 1000 Tote.“
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