Von Chris Meyer – Stuttgart. Die reaktionäre und für Rechtspopulisten attraktive „Demo für alle“ und die Vorgängerdemonstrationen der „Besorgten Eltern“ beschäftigen die Justizbehörden schon länger. Am Freitag, 11. Dezember, gab es vor dem Oberlandesgericht Stuttgart eine Revisionsverhandlung, nachdem das Landgericht einen jungen Gegendemonstranten in zweiter Instanz freigesprochen hatte. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft bekam Recht, der Fall muss neu verhandelt werden.
Immer wieder wurden in jüngerer Zeit AntifaschistInnen wegen Haltens von Transparenten, Sitzblockaden und anderen Vorwürfen angeklagt und in einigen Fällen auch verurteilt. Zuletzt wurde am 4. Dezember der Anmelder einer Gegenkundgebung zur „Demo für alle“ verurteilt, weil er ein Kfz-Kennzeichen überklebt haben soll (siehe „Datenschutz spielt keine Rolle„). Beobachter werfen den Justizbehörden eine Kriminalisierung von AntifaschistInnen mit dem Ziel vor, sie zu zermürben und vom Protest abzuhalten.
Transparent in Nähe der „Besorgten Bürger“
![“Homophobie und Menschenfeindlichkeit entgegentreten!” - 01.02.2014](http://www.beobachternews.de/wp-content/uploads/2014/04/IMG_8595_1080x720-300x200.jpg)
“Homophobie und Menschenfeindlichkeit entgegentreten!” – 01.02.2014 – Im Hintergrund ist das angesprochene Hochtransparent zu sehen
Bei der Revisionsverhandlung am 11. Dezember vor dem Oberlandesgericht Stuttgart ging es um die erste Demo der Rechten Allianzen im Februar 2014 (siehe „Homophobie und Menschenfeindlichkeit entgegentreten!„). Der Angeklagte war bei den Protesten von der Polizei festgesetzt worden. Er soll ein Transparent mit der Aufschrift „Homohass und Sexismus ist ein Verbrechen“ in der Nähe der Demonstration der „besorgten Eltern“ gehalten haben. Nachdem der Angeklagte und weitere GegendemonstrantInnen von der Polizei in Gewahrsam genommen worden war, blockierten andere den Aufmarsch der Rechten Allianzen, so dass er aufgelöst werden musste.
Der Antifaschist war in erster Instanz zu 30 Tagessätzen à 15 Euro verurteilt worden. In der Berufungsverhandlung sprach ihn das Landgericht frei. Dagegen legte die Stuttgarter Staatsanwaltschaft die jetzt verhandelte Revision ein, die von der Generalstaatsanwaltschaft unterstützt wurde. Der Revision wurde stattgegeben. So muss der Fall erneut vor einer kleinen Strafkammer verhandelt werden.
Womöglich stillschweigende Übereinkunft
Der Vorsitzende Richter Jürgen Hettich begründete seine Entscheidung damit, dass eine Mittäterschaft nach Paragraph 25 Abs. 2 StGB (Strafgesetzbuch) unzureichend ausgeschlossen worden sei. In diesem Paragraphen heißt es: „Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).“ Damit liege eine fehlerhafte rechtliche Würdigung des Sachverhalts vor, so Richter Hettich.
Es könne sein, dass der Angeklagte eine „stillschweigende Übereinkunft“ mit den anderen Protestierenden hatte und somit zumindest in Kauf nahm, dass sie die Absicht hätten, die Demonstration zu blockieren. Diese „stillschweigende Übereinkunft“ würde ihn dann zum Mittäter machen. Wann der Fall erneut verhandelt wird, ist noch nicht bekannt.
Folge uns!