Von unseren Reporterinnen und Reportern – Magdeburg. Gut 400 NazigegnerInnen zogen am Freitagabend, 15. Januar, gut zwei Stunden lang sieben Kilometer durch Magdeburg. Aufgerufen hatte die Initiative Vorabend-Demo. Die Transparente und kämpferischen Sprechchöre machten deutlich, dass die DemonstrantInnen keine rechten „Traueraufmärsche“ zum 71. Jahrestag der Luftangriffe der Alliierten auf die Stadt im Zweiten Weltkrieg dulden wollen.
Die martialisch wirkende, mit Helm, Stiefeln und Beinschutz ausgerüstete Polizei blieb im Hintergrund. Sie hielt das Geschehen jedoch mit zwei Kamerawagen und seitlich des Demozugs filmenden Beamten minutiös fest. Einen Zwischenfall gab es, als sie dem Demozug mit einem VW-Bus zu nahe kam. Zwei Scheiben gingen durch Steinwürfe zu Bruch. Danach blieben die Beamten auf Abstand.
„Magida“ trommelt zum Trauermarsch
Zur Initiative Vorabend-Demo gehören „Zusammen kämpfen“ (zk) Magdeburg, die Antifa Burg und die Organisation Freiheit für alle politischen Gefangenen Magdeburg. In vergangenen Jahren gab es am Jahrestages der Bombardierung der Stadt durch die Alliierten jeweils Kundgebungen von Neonazis. In diesem Jahr rief anstelle der „Initiative gegen das Vergessen“ der regionale Pegida-Ableger „Magida“ zu einem „Trauermarsch“ auf.
Nazi-GegnerInnen rechnen damit, dass die Rechten eine für Samstag, 16. Januar geplante Kranzniederlegung der Stadt für ihre Propaganda missbrauchen wollen. Die Bündnisse „Block MD“ und „Magdeburg nazifrei“ haben zu Blockaden aufgerufen. Das bürgerliche „Bündnis gegen rechts“, dem auch Parteien wie die Linke, die SPD oder die Grünen und Kirchenverbände angehören, plant wie im Vorjahr eine „Meile der Demokratie“ in der Innenstadt auf dem Breiten Weg.
Demo mit geschlossenen Reihen
Die TeilnehmerInnen der Vorabenddemo am Freitag versammelten sich ab 18 Uhr auf dem Hasselbachplatz. Die Auftaktkundgebung begann wegen technischer Probleme mit einer halben Stunde Verspätung. Die Stimmung war sehr entschlossen, die Polizei hielt sich im Hintergrund. Die Auftaktrede kam vom Band. In ihr wurden die MagdeburgerInnen aufgerufen, auf die Straße zu gehen und sich rechter Propaganda entgegenzustellen.
Der Demozug startete lautstark und mit geschlossenen Reihen. Die TeilnehmerInnen zogen Transparente nach oben, so dass keine Gesichter erkennbar war. Zusätzlich dienten ihnen schwarze Regenschirme als Sichtschutz gegen Kamera- und Videoaufnahmen der Polizei.
Es wurden Böller, kleinere Raketen und weitere Pyrotechnik wie Rauch- und Farbfackeln oder Bengalos gezündet. Die Demonstration führte an einer Polizeiwache vorbei, in deren Richtung Böller flogen. Sie zog weiter zum bewachten und geschützten Innenministerium und zum Landgericht.
Die DemonstrantInnen wollten eigentlich nach Sudenburg zur „Gilde“ marschieren. Sie soll Neonazis und Magida-Anhängern als Treffpunkt dienen. Die Polizei ließ diese Route jedoch nicht zu. Um 19.50 Uhr stießen die DemonstrantInnen in der Halberstädter Straße auf Höhe der Bergstraße auf eine Absperrung. Es gab eine Diskussion zwischen Polizei und Versammlungsleiter, danach zwischen dem Versammlungsleiter und der Demospitze. Das Ergebnis: Die DemonstrantInnen verzichteten auf einen Durchbruchsversuch und bogen ab in die Bergstraße – allerdings nicht ohne Böller in Richtung Polizeiabsperrung geworfen zu haben.
Scheiben des Polizei-Busses gingen zu Bruch
Einen Bahnübergang konnte der Demozug gerade noch passieren, bevor sich die Schranke schloss. Die begleitende Polizei blieb zurück, was allerdings keine weiteren Folgen hatte. Noch vor dem Bahnübergang hatte es den Zwischenfall mit dem VW-Bus gegeben, der den DemonstrantInnen zu nahe gekommen war. Sie griffen den Bus sofort an. Im weiteren Verlauf blieb die Polizei auf Abstand. Sie versuchte zwar, kurz vor dem Ende der Demonstration einzelne TeilnehmerInnen wegen der Sache mit dem VW-Bus aus der Menge herauszuholen. Doch das gelang ihr nicht.
Vereinzelt störten sich Beamte daran, dass unsere ReporterInnen das Geschehen fotografierten. Sie versuchten unter anderem unsere FotografInnen wegzuschubsen oder zu blenden – doch das blieben Einzelfälle.
Die Demonstration endete kurz vor 21 Uhr, als der Zug den Infoladen in der Alexander-Puschkin-Straße im Stadtteil Stadtfeld erreichte. Parolen wie „Infoladen bleibt“ erinnerten daran, dass die Einrichtung von der Schließung bedroht ist. Vom Dach des mehrstöckigen Gebäudes aus wurde ein beeindruckendes Feuerwerk gezündet.
DemonstrantInnen wollen auch am Samstag präsent sein
Dem Versammlungsleiter wurden keine Festnahmen bekannt – und ebenso wenig, dass es Verletzte gegeben hätte. Parolen wie „Magdeburg nazifrei!“, „Feuer und Flamme der Repression“ oder „Es war Mord“ in Erinnerung an den in einer Polizeizelle verbrannten Oury Jalloh aus Sierra Leone unterstrichen die Entschlossenheit der Versammelten, auch am Samstag keinen Neonazi-Aufmarsch hinnehmen zu wollen.
Siehe auch unsere früheren Berichte aus Magdeburg:
Egal wann ihr kommt – wir sind schon da (Live-Ticker 2015)
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