Von Sandy Uhl – Blaubeuren. 500 TeilnehmerInnen hatte die AfD zum politischen Aschermittwoch in Blaubeuren erwartet, zirka 350 kamen. Ein breites Bündnis und die antifaschistische Jugend hatten zu Gegenkundgebungen an zwei Orten aufgerufen.
Das Tagungszentrum in den Hessenhöfen, in denen die AfD am 10. Februar ihren politischen Aschermittwoch abhielt, konnte sich lange nicht entscheiden, ob es die Partei tagen lässt oder nicht. Lag es daran, dass so viele Tischreihen leer blieben?
„Vom Storch erschossen“
Umstritten war der politische Aschermittwoch, zu dem der Kreisverband der AfD Ulm/Alb-Donau eingeladen hatte, vor allem wegen der Teilnahme von Beatrix von Storch. Von Storchs klares „Ja“, dass sie auch auf Frauen und Kinder an der Grenze von Österreich nach Deutschland schießen lassen würde (später relativierte sie ihre Aussage: Sie würde sich auf Frauen beschränken), hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. So wurde auch an das Tagungszentrum der Hessenhöfe in einem offenen Brief die Forderung herangetragen, sich nicht auf eine Linie mit Rassisten zu stellen und der AfD eine Absage zu erteilen.
Bis zum Dienstag war unklar, ob die DMS Holding, die das Tagungszentrum gepachtet hat, der Partei die Türen öffnet. Doch letztendlich ließ man die AfD gewähren – und das unter Verzicht auf die zuerst geforderten Mehraufwandskosten von bis zu 8000 Euro.
Kundgebung ohne Zwischenfälle
Direkt am Tagungszentrum gab es in Hör- und Sichtweite zur AfD-Veranstaltung eine Kundgebung mit zirka 70 antifaschistischen TeilnehmerInnen . Mit lautstarken Rufen wie „Ob Pegida oder AfD, stoppt den Rechtsruck in der BRD“ oder „Es gibt kein Recht auf rechte Propaganda“ wurden die AfDler zur Veranstaltung geleitet, nachdem die Zufahrtsstraße zum Parkplatz kurzzeitig versperrt wurde. Die Polizei, die mit zirka 20 Mannschaftswagen und Polizeipferden vor Ort war, beobachtete die Situation, sah aber keinen Anlass einzugreifen.
Fragwürdige Zugangskontrolle
Das Tagungszentrum selbst war mit einem Einlasszaun hermetisch abgeriegelt worden. An einem kleinen Durchgang, der vom Wachdienst der AfD kontrolliert wurde, spielten sich merkwürdige Szenen ab. Einer Gruppe von fünf Personen wurde kein Einlass gewährt – mit der Begründung, es gebe eine Altersgrenze. Es könnten keine Personen unter 25 reingelassen werden. Keine der Personen, die Zutritt wollten, war unter 25.
Interessant wurde es, als zur gleichen Zeit vier junge Leute im Alter zwischen 16 und 18 die Veranstaltung verlassen mussten, da sie offensichtlich nicht dem Klischee der AfDler entsprachen. Die jungen Leute berichteten, dass sie ohne Probleme zur Veranstaltung gelassen wurden und dann im vorderen Bereich des Saals Platz nahmen. Sie seien aber nach kurzer Zeit vom Sicherheitsdienst aufgefordert worden, sich in den hinteren Bereich des Saals zu begeben, und dann ganz des Saals verwiesen wurden. Nach eigenen Angaben wollten sich die jungen Leute politisch informieren.
Rottmann lädt ein – Security wirft raus
Weitere vier Personen wurden von Daniel Rottmann, Kandidat für die Landtagswahl, persönlich eingeladen, am politischen Aschermittwoch der AfD teilzunehmen. Er begleitete sie auch in den Saal. Allerdings hatte Rottmann wohl nicht mit der Entscheidungsfreiheit seiner Security gerechnet. Sie verwies die vier Personen des Saal, da sie – ebenfalls wie zuvor – nicht der Klientel der AfD entsprachen. Auf diesen Fall angesprochen, antwortete Rottmann: „Die Security hat Erfahrungen und kennt sich mit eventuellen Gefährdungen während der Veranstaltung aus.“ Da könne er jetzt auch nichts machen.
Eugen Ciresa, ebenfalls Landtagskandidat und Sprecher des Kreisverbands der AfD, hatte über Facebook in einer Gruppe gepostet: „Alle Ulmerinnen und Ulmer sind ganz herzlich willkommen.“ Ciresa war in die Schlagzeilen geraten, als er – nach eigener Aussage versehentlich – Liedgut von den „Zillertaler Schürzenjägern“, ehemals „Zillertaler Türkenjägern“, postete.
Bunter Protest in Blaubeuren am Kirchplatz
Ein breites Bündnis aus verschiedenen Organisationen und Parteien hatte sich zeitgleich zum Beginn der AfD-Veranstaltung um 16 Uhr auf dem Kirchplatz in Blaubeuren versammelt, um zu zeigen, dass die AfD in Blaubeuren nicht willkommen ist. Dem Aufruf unter dem Motto „Nicht schweigen – gegen das Gift der AfD“ folgten über 600 TeilnehmerInnen und verwandelten den Kirchplatz für mehr als zwei Stunden in ein buntes Meer aus Fahnen.
Unterschiedliche RednerInnen, zu denen auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis gehörte, wiesen immer wieder auf die Gefahren hin, die von der AfD ausgehen – undemokratische, menschenverachtende, rechtspopulistische und rechtsextremistische Botschaften.
Jüngere fordern Offenheit und Toleranz
So brachte es Andrea Schiele vom Bündnis „Ulm gegen Rechts“ auch in ihrem Schlusssatz auf dem Punkt: „Wer jetzt noch AfD wählt, macht einen großen Fehler.“ Bürgemeister Jörg Seibold wies darauf hin, dass die Flüchtlingspolitik im Bund und in den Ländern geprägt, jedoch vor Ort entschieden wird. Er möchte für Blaubeuren die Offenheit und Vielfalt beibehalten.
Ein syrischer Flüchtling bedankte sich dafür, dass er in Blaubeuren aufgenommen wurde und in Sicherheit ist. Elias vom Kollektiv Ulm Nazifrei wies in einer beachtlichen Rede auf die Toleranz der Jugend hin. Für die Jugend sei es selbstverständlich mit MitbürgerInnen und ImmigrantInnen aus anderen Nationen aufzuwachsen. Er bat die ältere Generation um mehr Offenheit, Verständnis und Toleranz. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ so Elias – egal welcher Nationalität jemand ist.
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