Heidelberg. In einem seit Jahren schwelenden Rechtsstreit wird am Mittwoch, 20. April, vor dem Verwaltungsgericht in Karlsruhe über die Klage von Michael Csaszkóczy gegen den Verfassungsschutz verhandelt. Das zuletzt SPD-geführte baden-württembergische Innenministerium besteht darauf, den von 2004 bis 2007 zu Unrecht mit Berufsverbot belegten Lehrer und Antifaschisten weiter geheimdienstlich überwachen zu lassen. Es verweigert ihm außerdem die Einsicht in seine Akten.
Die Verhandlung gegen das Land Baden-Württemberg beginnt um 10.30 Uhr in der Röntgenstraße 2a in Karlsruhe, 3. Obergeschoss, Sitzungssaal 3.
Angebliche Erkenntnisse des Verfassungsschutzes, beispielsweise über die Teilnahme an Demonstrationen, waren die Grundlage für das Berufsverbot für den heute 45-jährigen Lehrer in den Jahren 2004 bis 2007. Es wurde vom Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim letztinstanzlich als grundrechtswidrig erklärt. Das Land musste Entschädigung bezahlen.
Der VGH hatte damals in seiner Urteilsbegründung wörtlich geschrieben, er könne nicht nachvollziehen, dass „die (bloße) Teilnahme an Veranstaltungen und Demonstrationen, die ersichtlich ebenso vom Grundgesetz gedeckt ist wie die freie Meinungsäußerung, überhaupt erwähnt wird“. Die Landesregierung Baden-Württemberg stellte Csaszkóczy dann 2008 als Lehrer ein.
Klage gegen Berufsverbot als Zeichen für Verfassungsfeindlichkeit
Sowohl das Landesamt wie das Bundesamt für Verfassungsschutz lehnen es trotz dieses eindeutigen Urteils ab, die beanstandeten Daten zu löschen oder Csaszkóczy auch nur vollständigen Einblick in die über ihn gesammelten Daten zu gewähren. Stattdessen erklärt der Verfassungsschutz, dass er zu seiner Aufgabenwahrung Csaszkóczy auch weiterhin beobachten müsse.
Ein Anhaltspunkt für seine Verfassungsfeindlichkeit sei insbesondere, dass dieser sich gegen das Berufsverbot gewehrt habe und sich weiterhin gegen Berufsverbote einsetze. Damit wird der Kampf gegen eine gerichtlich festgestellte Grundrechtsverletzung selbst wiederum zum Beleg für eine angebliche Verfassungsfeindlichkeit gemacht. Und damit erheben sich das Landesamt und das Bundesamt für Verfassungsschutz über die Einschätzungen und Entscheidungen der Landesregierung wie auch der Gerichte, heißt es in einer Erklärung der Csaszkóczy unterstützenden Prozessgruppe.
Ausforschung mit antifaschistischem Engagement begründet
Der Fall offenbare eine Seite, ohne die das angebliche Versagen des Inlandsgeheimdienstes in der NSU-Affäre nicht zu verstehen ist. Während Informationen über mordende Neonazis geschreddert werden, „sind offensichtlich genügend Kapazitäten frei, um unbequeme Linke bis ins kleinste Detail ihrer Biographie auszuforschen“.
Dass diese Ausforschung auch noch ausdrücklich mit dem Engagement in der antifaschistischen Bewegung begründet wird, kann angesichts der politischen Ausrichtung des Verfassungsschutzes kaum noch verwundern, bleibt aber dennoch ein Skandal. Der Verfassungsschutz hat seit seiner Existenz eine massive Politik zur Überwachung, Einschüchterung und Bekämpfung kritischer linker Opposition betrieben und beharrt darauf, sie weiter zu betreiben.
Csaszkóczy fordert Löschung der gespeicherten Daten
Ziel der Klage Csaszkóczys ist die vollständige Einsicht in die gespeicherten Daten und ihre anschließende Löschung. Zum Ede des Jahres haben sowohl das Bundesinnenministerium als auch das Innenministerium Baden-Württemberg eine Sperrerklärung über die Csaszkóczy betreffenden Daten abgegeben. Im Klartext: Auch das zuständige Gericht darf zur Entscheidung keinen Einblick nehmen, weil anderenfalls das Wohl des Staates gefährdet sei.
Details der juristischen Auseinandersetzung finden sich unter Dokumente/Verfahren
Hintergrundinfos zum Berufsverbotsfall Michael Csaszkóczy finden sich im Archiv
Informationen zu den Berufsverboten in den 1970er und 1980er Jahren und zur Forderung der Betroffenen nach Rehabilitierung gibt es hier: www.berufsverbote.de
Siehe auch Spitzeleinsatz absolut rechtswidrig
Spitzeleinsatz absolut rechtswidrig
Heftige Klatsche für die Polizei
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