Heidelberg. Vor dem Verwaltungsgericht in Karlsruhe wird am Mittwoch, 20. April, über die Klage von Michael Csaszkóczy gegen den Verfassungsschutz verhandelt. Das baden-württembergische Innenministerium besteht bis heute darauf, den von 2004 bis 2007 zu Unrecht mit Berufsverbot belegten Lehrer und Antifaschisten aus Heidelberg weiter geheimdienstlich überwachen zu lassen. Es verweigert ihm außerdem die Einsicht in seine Akten. Zahlreiche Personen des öffentlichen Lebens haben sich angesichts dieser Vorgänge an die Öffentlichkeit gewandt.
Die Verhandlung am Mittwoch in Karlsruhe wurde wegen des großen öffentlichen Interesses in den großen Saal des Verwaltungsgerichts in der Nördlichen Hildapromenade 1 verlegt. Verhandlungsbeginn ist um 10 Uhr.
Zu den Unterstützern des Protests gegen die fortdauernde geheimdienstliche Überwachung des Heidelberger Lehrers Michael Csaszkóczy gehören Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter aus der Region und Stadträtinnen von Linkspartei, Grünen, SPD und CDU (siehe unten). In ihrer Erklärung – hier im Wortlaut – heißt es: „Wir halten Michael Csaszkóczys fortgesetzte geheimdienstliche Überwachung für ein fatales Signal in Zeiten wachsender Politikverdrossenheit. Wir fordern das Innenministerium Baden-Württemberg auf, seine Überwachung durch den Verfassungsschutz zu beenden und seine Akten offenzulegen.“
Verwaltungsgerichtshof: Berufsverbot war grundgesetzwidrig
Csaszkóczy war von 2004 bis 2007 wegen seines antifaschistischen Engagements mit Berufsverbot belegt worden – grundrechtswidrig, wie der Verwaltungsgerichtshof Mannheim schließlich entschied. Das Land musste Entschädigung bezahlen. Das Kultusministerium Baden-Württemberg verbeamtete den Lehrer, weil „auch nach eingehender Prüfung keine Zweifel an seiner Verfassungstreue bestehen“. Dennoch besteht der ‚Verfassungsschutz‘ weiter auf seiner geheimdienstlichen Überwachung und verwehrt ihm die Einsichtnahme in die über ihn gesammelten Daten.
Der VGH hatte damals in seiner Urteilsbegründung wörtlich geschrieben, er könne nicht nachvollziehen, dass „die (bloße) Teilnahme an Veranstaltungen und Demonstrationen, die ersichtlich ebenso vom Grundgesetz gedeckt ist wie die freie Meinungsäußerung, überhaupt erwähnt wird“. Doch sowohl das Landesamt wie das Bundesamt für Verfassungsschutz lehnen es trotz dieses eindeutigen Urteils ab, die beanstandeten Daten zu löschen oder Csaszkóczy auch nur vollständigen Einblick in die über ihn gesammelten Daten zu gewähren.
Stattdessen erklärt der Verfassungsschutz, dass er zu seiner Aufgabenwahrung Csaszkóczy auch weiterhin beobachten müsse. Ein Anhaltspunkt für die Verfassungsfeindlichkeit des Lehrers sei insbesondere, dass er sich gegen das Berufsverbot gewehrt habe und sich weiterhin gegen Berufsverbote einsetze.
Csaszkóczy fordert Löschung der gespeicherten Daten
Ziel der Klage Csaszkóczys ist die vollständige Einsicht in die gespeicherten Daten und ihre anschließende Löschung. Zum Ede des Jahres haben sowohl das Bundesinnenministerium als auch das zuletzt SPD-geführte Innenministerium Baden-Württemberg eine Sperrerklärung über die Csaszkóczy betreffenden Daten abgegeben. Im Klartext: Auch das zuständige Gericht darf zur Entscheidung keinen Einblick nehmen, weil anderenfalls das Wohl des Staates gefährdet sei.
Details der juristischen Auseinandersetzung finden sich unter Dokumente/Verfahren
Hintergrundinfos zum Berufsverbotsfall Michael Csaszkóczy finden sich im Archiv
Informationen zu den Berufsverboten in den 1970er und 1980er Jahren und zur Forderung der Betroffenen nach Rehabilitierung gibt es hier: www.berufsverbote.de
Spitzeleinsatz absolut rechtswidrig
Heftige Klatsche für die Polizei
Die Unterzeichnerinnen der Erklärung zur Unterstützung Csaszkóczys:
- Thomas Wenzel, DGB-Vorsitzender Heidelberg
- Paul Sander, Vorsitzender Jusos Rhein-Neckar
- Mirko Geiger, Stadtrat Heidelberg (SPD) und 1. Bevollmächtigter der IG Metall Heidelberg
- Sarah Mirow, Stadträtin Heidelberg (Die LINKE)
- Bernd Zieger, Stadtrat Heidelberg (Die LINKE)
- Alexander Schestag, Stadtrat Heidelberg (Piratenpartei)
- Gerhard Fontagnier, Stadtrat Mannheim (Bündnis 90 / Die Grünen)
- Hilde Stolz, Stadträtin Heidelberg (Bunte Linke)
- Horst Raupp, SPD, Gewerkschaftssekretär, Darmstadt
- Jörg Götz-Hege, stellv. Kreisvorsitzender der GEW Kreis Rhein-Neckar-Heidelberg
- Stefan Seitz, Stadtrat Sinsheim (Bündnis 90 / Die Grünen)
- Alexander Hummel, Mitglied des Studierendenrats der Universität Heidelberg (Die Linke.SDS)
- Mia Lindemann, ver.di und DGB Rhein-Neckar
- Waseem Butt, Stadtrat Heidelberg (CDU)
- Gökay Akbulut, Stadträtin Mannheim (Die Linke)
- Thomas Trüper, Stadtrat Mannheim (Die Linke)
- Mathias Michalski, Stadtrat Heidelberg (SPD)
- Gunther Häberlen, Gewerkschaftssekretär, IG Bauen-Agrar-Umwelt Baden-Württemberg
- Monika Gonser, Stadträtin Heidelberg (Bündnis 90 / die Grünen)
- Michael Pfeiffer, Stadtrat Heidelberg (GAL)
- Kathrin Rabus, Stadträtin Heidelberg (Bündnis 90 / die Grünen)
- Stefan Bauer, Vorsitzender der GEW Nordbaden
- Anton Kobel, Gewerkschaftssekretär i. R., Heidelberg
- Matthias Hördt, Stadtrat Weinheim (Die Linke)
- Florian Mania, Schauspieler am Theater Heidelberg
- DGB-Kreisvorstand Tübingen
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