Von Sandy Uhl – Gundremmingen. Knapp 700 AtomkraftgegnerInnen haben am Samstag, 23. April, in Gundremmingen für die Forderung demonstriert, das Atomkraftwerk noch im Jahr 2017 abzuschalten. Sie waren dem Aufruf des Forums gegen das Zwischenlager und der Mahnwache Gundremmingen und verschiedener weiterer Organisationen gefolgt (wir berichteten).
Der Kundgebungsort lag am Ortsrand von Gundremmingen inmitten grüner Wiesen und Felder – etwa 600 Meter Luftlinie vom AKW Gundremmingen entfernt. So konnte auch eine gut gelaunte und bunte Menschenmenge, die dem wechselhaften Wetter trotzte, nicht darüber hinwegtäuschen, dass in unmittelbarer Nähe Deutschlands gefährlichstes AKW immer noch läuft. So wird es von Raimund Kamm vom Vorstand des Forums bewusst bezeichnet.
Experte zweifelt an Datensicherheit des AKW
Erst Anfang der Woche nach der Demonstration wurde bekannt, das das AKW über die bekannten Gefahren hinaus einer weiteren ausgesetzt war. Nach dem Fund von Schadsoftware auf einem Computer im AKW betonte der Betreiber, die Steuerung sensibler Bereiche sei nicht betroffen.
Der EDV-Experte und erklärte Atomkraftgegner Thomas Wolf warnte dagegen vor Verharmlosung: Viren könnten die Datensicherheit des AKW gefährden, erklärte er einem Bericht von BR24 zufolge.
Katastrophen jähren sich
Die Kundgebung wenige Tage vor dieser Nachricht begann mit einer Schweigeminute für die Opfer von Fukushima. Die Katastrophe in Japan jährte sich zum fünften Mal. Nach einem Erdbeben und einem Tsunami waren am 11. März 2011 vier Siedewasserreaktoren in Fukushima explodiert.
Auch 30 Jahre Tschernobyl gaben Anlass innezuhalten und sich die Gefahren, die von einer nicht beherrschbaren Technologie ausgehen, bewusst zu machen. Raimund Kamm, erster Redner an diesem Tag, fand klare Worte: „Diese Gedenktage mahnen. Hier in Gundremmingen laufen noch zwei Siedewasserreaktoren – und sie bedrohen uns.“ Er forderte, dass beide Blöcke spätestens 2017 den Betrieb einstellen.
Auch Politikerinnen der Grünen warnen
Sylvia Kotting-Uhl, Atompolitische Sprecherin der Grünen, bekräftigte Kamms Forderung. Das Ziel sei eine Versorgung zu hundert Prozent mit erneuerbaren Energien. „Diese sichern Arbeitsplätze“, so Kotting-Uhl. Auch Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth forderte, alle Atomkraftwerke so schnell wie möglich abzuschalten und weltweit auf den Bau neuer Reaktoren zu verzichten: „Es gibt keine Sicherheit vor der Gefahr, die diese Atomkraftwerke darstellen.“
Die Kundgebung wurde von Thomas Wolf, genannt „Tom der Wolf“, von der Mahnwache Gundremmingen und Christoph Weiherer, genannt „Der Weiherer“, musikalisch begleitet. Beide Künstler überzeugten durch politisch scharfe und kritische Songtexte. Der Weiherer freute sich sehr über die Einladung und fand es auf der einen Seite „schee da zu sein, aber au net schee, weil diese AKWs immer no laufen.“
Lacher über Alexander Dobrindts Minarett
Zum Lachen brachte er die KundgebungsteilnehmerInnen mit einer Anekdote über Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), den er auch gleich in sein erstes Lied einbaute. Dobrindt hatte Weiherer mit folgender Aussage ins Grübeln gebracht: „Diejenigen, die gestern gegen Kernenergie, heute gegen Stuttgart 21 demonstrieren, agitieren, die müssen sich dann auch nicht wundern, wenn sie übermorgen irgendwann ein Minarett im Garten stehen haben.“ „Nachdem ich im 3. Stock wohne, habe ich mir vorsichtshalber einen Kleingarten gepachtet, damit das Minarett auch untergebracht werden kann“ so Weiherer.
Atomkraft als Sackgasse
Nach etwa anderthalb Stunden gab es am Nachmittag einen Demonstrationszug zum Kreisverkehr am AKW, der für knapp eine halbe Stunde abgesperrt wurde. Unterstützt wurden die standhaften AtomkraftgegnerInnen von den Trommel- und Sambagruppen „Lokomotive Stuttgart“ und „Pimento“. Sie konnten die Hilfe brauchen, denn es regnete bereits kräftig.
Die einzelnen Straßen, die im Kreisverkehr abzweigen, dienten als Symbol für Themen wie die Windenergie, die erneuerbaren Energien und das Zwischen-/Endlagerproblem. Logisch war es da, dass die Straße, die direkt zum AKW führt, die Bezeichnung „Sackgasse Atomkraft“ erhielt.
Um 16 Uhr beendeten die Veranstalter die Kundgebung offiziell. Sie hatten im Vorfeld keine großen Erwartungen und waren deshalb mehr als zufrieden, dass sie Hunderte dazu bewegen konnten, gemeinsam mit ihnen ein Zeichen gegen eine von Menschen nicht beherrschbare Technologie zu setzen.
Video Claudia Roth
Video Sylvia Kotting-Uhl
Video Raimund Kamm
Folge uns!