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Göppingen. Eigentlich sollten die 25 Flüchtlinge Deutsch lernen. Daher finanzierte ihnen das Jobcenter der Arbeitsagentur im baden-württembergischen Landkreis Göppingen einen Kurs „Basisqualifizierung“ mit 320 Unterrichtsstunden. Doch jetzt erhebt ein Syrer schwere Vorwürfe: In der Privatschule Donner & Partner habe es Missstände gegeben. So hätten die Sprachschüler während bezahlter Unterrichtsstunden Kellerräume streichen müssen. Ein Kreistagsmitglied fordert, dass die Arbeitsagentur und die kommunale Verwaltung die Zusammenarbeit mit Donner & Partner sofort beenden.

Christian Stähle, Kreisrat der Linken und Göppinger Gemeinderat
Eine Vertragskündigung sei „die einzige logische Konsequenz nach dem Missbrauch von Steuergeldern“, heißt es in einer Erklärung des Kreisrats der Linken und Göppinger Gemeinderats Christian Stähle, der den Asylsuchenden gut kennt. Er sei in seiner „privaten, ehrenamtlichen Arbeit mit Flüchtlingen als dolmetschender Begleiter betroffener Zeuge erschreckenden Einzelheiten“ gewesen, über die am Freitag, 6. Mai, die Neue Württembergischen Zeitung NWZ berichtete.
Der Syrer mit Uniabschluss, der inzwischen bei der Volkshochschule Deutsch lernt, spricht von „haarsträubenden Zuständen“. Es habe in dem Kurs zwei Lehrerwechsel und dann erneut eine neue Kursleiterin gegeben, die nur Deutsch und Russisch, aber kein Englisch sprach, dafür immer wieder Unterrichtsstunden vorzeitig beendete.
Die Lehrerin habe eines Tages erklärt, ihr gefalle das Klassenzimmer nicht. Zwei Tage lang hätten die Sprachschüler einen Raum herrichten, putzen und umräumen müssen. Dann seien die Kursteilnehmer für „Praxistage“ in den Keller geschickt worden, um Wände zu streichen.
Herausgekommen sei die Geschichte, als der Syrer vom Jobcenter einen weiteren Deutschkurs vermittelt bekommen sollte, aber nicht mehr in diese Privatschule gehen wollte. Der Arbeitsvermittler hakte wegen der Gründe nach. Die Arbeitsagentur sei auf Hinweise angewiesen, erklärte ein Sprecher. Sie bezahle 4,50 Euro pro Stunde und Teilnehmer an die Träger – im aktuellen Fall 3600 Euro. Der Kurs wurde jedoch nicht mit 25 Teilnehmern zu Ende gebracht. Nach dem Streichen des Kellers gingen die zuletzt verbliebenen nicht mehr hin.
Der Schulleiter erklärte gegenüber der NWZ, von den Vorgängen nichts gewusst zu haben. Der Gebietsleiter des bundesweit aktiven Unternehmens Donner & Partner behauptet, die Flüchtlinge hätten auf eigenen Wunsch ein Klassenzimmer gestrichen. Sollten die Vorwürfe zutreffen, werde das personelle Konsequenzen haben.
Gegenüber der „Stuttgarter Zeitung“ erklärte der Gebietsleiter, die Kursleiterin spreche sehr wohl Englisch und habe eine Zulassung für die Integrationskurse des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Die Streich- und Putzaktionen seien Teil des Unterrichts gewesen. In ihm sei es um das Thema Handwerk gegangen, dazu habe man „einige wenige Praxisstunden“ eingeschoben und ansonsten „ganz normal Deutsch gelernt“.
Linken-Kreisrat Christian Stähle will das nicht hinnehmen. Er habe eine Anwaltskanzlei beauftragt zu prüfen, „ob Strafanzeige gestellt werden kann, da hier Steuergelder indirekt zur Bereicherung – Einsparen von Malerkosten bei privaten Firmenräumen durch den Einsatz von Schülern – missbraucht wurden“.
Ein „weiteres Nogo“ sei, dass den Schülern nicht genügend Bücher fürs Lernen zur Verfügung gestanden hätten: „Die Flüchtlinge mussten von dem Geld, dass Ihnen zum Leben zur Verfügung gestellt wird, auch noch die Unterlagen kopieren. Hierzu wurden sie sogar aufgefordert.“ Das sei illegal, da für das Kopieren aus Schulbüchern und anderen Printwerken klare Regeln gelten. Fotokopien dürften Schulbücher und sonstige Unterrichtsmaterialien nicht ersetzen.
Ihm seien weitere Flüchtlinge bekannt, die dies so erlebt hätten, erklärt Stähle – daher seine Forderung an die Arbeitsagentur und die Kreisverwaltung, die Zusammenarbeit mit dem bundesweit agierenden Unternehmen Donner & Partner im Kreis Göppingen sofort zu beenden.
Jeder könne in Internetforen verfolgen, dass das Unternehmen Donner & Partner, das auch Leistungen für Arbeitslose anbietet, unter den Betroffenen umstritten sei. Der Staat, der mit Steuergeldern die Situation der Flüchtlinge oder Arbeitssuchenden verbessern will, Kommunalverwaltungen und die Arbeitsagentur dürften „ihre vorwiegend gute Arbeit von solchen Machenschaften nicht zerstören lassen“.
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