Von Tape Lago und Christian Ratz – Mainz. Zwei Wochen nach dem Bundesparteitag der AfD wollten Mainzer AntifaschistInnen ein starkes Zeichen gegen die Partei von Frauke Petry setzen. So gingen am Samstag, 14. Mai, gut 200 AfD-GegnerInnen in Mainz auf die Straße, um gegen den von der Rechtsaußen-Partei stark propagierten Rassismus zu protestieren. Aufgerufen hatten unter anderem die Antifa Rheinpfalz und Autonomal. Kurz nach dem Start der antifaschistischen Demonstration am Bahnhofplatz griff ein mutmaßlicher Neonazi und Hooligan von Hertha BSC Berlin einen Fotojournalisten der Beobachter News körperlich an und brachte ihn zu Boden.
Die Polizeibeamten in unmittelbarer Nähe der Attacke machten eine schlechte Figur. Der Angriff auf den Medienvertreter wäre zu verhindern gewesen.
Neben der antifaschistischen Demonstration gegen Rassismus, die AfD und ihr Parteiprogramm, die für 13 Uhr geplant war, fand am späten Samstagnachmittag in der pfälzischen Landeshauptstadt auch das Bundesligaspiel 1. FSV Mainz 05 gegen Hertha BSC Berlin statt. Es ging bei diesem Spiel um den Einzug in die Gruppenphase der UEFA Europa League. Die Demonstration der AntifaschistInnen sollte am Bahnhofsplatz starten. Er war voller Fußballfans in Rotweisen Trikots. Man rechnete mit der Anreise mehrerer Hooligans und Neonazis – Fans der beiden Mannschaften.
Gegen 12.30 Uhr erreichte unser Team die Meldung, dass Fußballfans die Bahnschienen lahmgelegt hätten. Züge aus Frankfurt, Wiesbaden und anderen Städten konnten deshalb nicht rechtzeitig in Mainz eintreffen. Die Polizei war des Fußballspiels und der Demonstration wegen mit einer starken Mannschaft am Hauptbahnhof.
Bereits am früheren Nachmittag hatten sich AntifaschistInnen versammelt und warteten entspannt auf den Demostart. Andere kamen der Störung des Schienenverkehrs wegen mit einer kleinen Verspätung. So verzögerte sich der Start der Demonstration um mehr als eine halbe Stunde.
Neonazis und Hooligans greifen die Antifa-Demo an
Die Demonstration startete schließlich mit rund 200 AntifaschistInnen auf dem Bahnhofplatz. Zwei große Transparente mit dem Aufschrift „Rassismus entschlossen entgegentreten – Nationalismus ist keine Alternative. Nazis ins Visier nehmen, Rassismus und Antisemitismus bekämpfen“ und zahlreichen Plakate machten auf das Thema der Demo aufmerksam.
Ein mutmaßlicher Neonazi und Hooligan, angeblich Fan von Hertha BSC Berlin, versuchte mit einer Bierflasche in der Hand, den Zug zu stoppen, indem er sich vor dem Demoführungsfahrzeug der Polizei aufbaute. Die Beamten hupten sehr laut, um ihn von der Straße zu vertreiben. Sogleich griffen er und seine „Kumpels“, die ebenfalls Fans von Hertha BSC Berlin, Neonazis und Hooligans sein sollen, die antifaschistische Demonstration an. Sie passierte gerade die Straßenbahnschienen Richtung Innenstadt.
Die Neonazis und Hooligans, etwa zehn Personen, traten sehr aggressiv auf. Sie beabsichtigten offenbar, die antifaschistische Demonstration zu stören und zu stoppen. Warum sie die friedliche Demo angriffen, ist bis heute noch unklar. Es kam zu heftigen Wortwechsel zwischen AntifaschistInnen und ihren Angreifern.
Polizei bekommt Neonazis und Hooligans nicht in Griff
Die Neonazi- und Hooligan-Gruppierung beleidigte die AntifaschistInnen und drohten Ihnen mit Gewalt. Sie zeigten nach Beobachtungen von Zeugen dem Antifa-Demozug Hitlergrüße. Daraufhin antworteten die AntifaschistInnen mit Sprechchören wie „Nazis geht weg! Nazis raus! Weg mit euch Faschisten! Ihr habt den Krieg verloren“. Die Polizei bildete eine Kette vor der Antifa-Demo, um einen Zusammenstoß mit den Angreifern vermeiden zu können. Jedoch bekam sie die provozierende und gewaltbereite Gruppierung der angeblichen Fans von Hertha BSC Berlin nicht in den Griff.
So konnten sie den Zug aus BürgerInnen und AntifaschistInnen eine Zeitlang provozieren und stören. Während der Auseinandersetzung, ging einer unserer Fotografen auf den Gehweg, um das Geschehen zu dokumentieren. Während er seine Tätigkeit ausübte, griff ihn ein mutmaßlicher Neonazi, Hooligan und Hertha BSC Fan mit voller Wucht an. Unser Fotograf fiel daraufhin mit seiner Fotoausrüstung auf den Boden und verletzte sich.
Es war ein Schreckmoment. Der Angriff auf den Pressevertreter empörte die TeilnehmerInnen der Demonstration stark. Sie blieben aus Solidarität mit dem Fotojournalisten stehen, wurden aber von der Polizei aufgefordert, weiter zu marschieren. Unser Fotograf hatte Glück, dass er nicht schwerer verletzt wurde. Der Angriff auf die Pressefreiheit konnte offenbar von der Polizei nicht unterbunden werden – was unverständlich bleibt. Denn ein weiterer unserer Fotografen hatte den Angriff kommen sehen.
Polizei beschuldigt den attackierten Fotojournalisten
Bevor der Angreifer auf unseren Fotografen zustürmte, stand ein Polizist neben ihm. Der Beamte hätte den Angreifer an seiner Attacke gegen den Pressefotografen hindern können. Es hätte gereicht, den Mann festzuhalten. Der Beamte soll jedoch einfach nur passiv da gestanden haben.
Nachdem unserem schockierten Fotografen wieder aufgeholfen worden war, versuchte die Polizei, ihm als Opfer die Schuld für den körperlichen Angriff in die Schuhe zu schieben. Er habe sich nicht als Pressevertreter kenntlich gemacht. Außerdem habe er den Angriff durch das Fotografieren ausgelöst. Er sei von dem Angreifer mehrmals aufgefordert worden, ihn nicht aufzunehmen.
Dies war jedoch nach Angaben des zweiten anwesenden Fotografen nicht der Fall. Überdies hatte der Angegriffene als Pressefotograf, der später aus Gruppe der Aggressoren heraus noch als „Kaffer“ bezeichnet wurde, im Rahmen seiner Berichterstattung das Recht, das Geschehen zu dokumentieren. Er hatte auch wie üblich seinen Presseausweis dabei. Nach Eindruck von Zeugen versuchte die Polizei jedoch, ihn einzuschüchtern. Zuletzt erhielt der zu Boden gebrachte Fotograf noch einen halbstündigen mündlichen Platzverweis von der Polizei für das Bahnhofsviertel. Er stellte Strafanzeige gegen den Angreifer, Zeugenaussagen liegen vor.
Kraftvolle antifaschistische Demonstration durch die Innenstadt
Der Demonstrationszug erreichte gegen 15 Uhr die Rheinallee und bot einen beeindruckenden Anblick beim Durchzug durchs Regierungsviertel und beim Einzug in die Innenstadt. Auf dem Geschwister-Heinefetter-Platz gab es eine Zwischenkundgebung. Die RednerInnen prangerten das Parteiprogramm der AfD an. Die Forderungen der Partei strotzen nur so vor Nationalismus, Rassismus, Islamophobie, Homophobie und einer neoliberalen Wirtschaftspolitik zugunsten der Konzerne, erklärten die RednerInnen.
Grenzen schließen, Islam abschaffen, Exklusion geistig und körperlich beeinträchtigter Menschen, Überwachung ausbauen, Atomausstieg zurücknehmen, den Klimawandel leugnen, Mindestlohn abschaffen, Gewerbesteuer überprüfen: Die AfD sei rassistisch, nationalistisch, sexistisch, reaktionär und schlicht asozial, so die RednerInnen weiter.
Sie kritisierten außerdem scharf die massive Polizeigewalt gegen BürgerInnen und AktivistInnen, die friedlich gegen den Bundesparteitag der AfD in Stuttgart protestieren wollten (wir berichteten). Danach marschierte der Anti-AfD-Protestzug unter weiterhin großem öffentlichem Interesse und ohne zusätzliche Vorkommnisse an der Mainzer Oper vorbei in Richtung Hauptbahnhof. Dort löste sich die Versammlung auf.
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