Von Tom Guerrero – Karlsruhe. Ein großes Polizeiaufgebot begleitete am Freitag, 13. Mai, in der Karlsruher Innenstadt einen Aufmarsch der rechtsextremen Gruppierung „Karlsruhe wehrt sich“. Während sich knapp 30 Rechte einfanden, versammelten sich über 200 GegendemonstrantInnen, um gegen die rassistische Stimmungsmache zu protestieren.
An der für 18 Uhr angemeldeten Gegenkundgebung des „Netzwerk Karlsruhe gegen Rechts“ beteiligten sich mehrere Mitglieder des Gemeinderats und Landtags. Die RednerInnen der KULT-Fraktion, der Jusos, Grünen und Linken hoben hervor, wie wichtig der Gegenprotest sei. Dagegen sprach Tilman Pfannkuch von der CDU davon, dass man nicht gegen Rechts, sondern nur gegen Rechtsextreme protestieren und Verständnis zeigen solle. Mit dieser Aussage traf er durchweg auf Ablehnung, die auch lautstark geäußert wurde.
Neonazis fotografieren GegendemonstrantInnen
Die Polizei erschwerte einigen AntifaschistInnen zuvor den Weg zum Ort des Geschehens durch Personen- und Taschenkontrollen und Abfilmen Einzelner. Als Grund dieser Maßnahme gab die Polizei an, dass man das Wiedererkennen von Beteiligten an früheren Demonstrationen ermöglichen wolle.
Am Rand der antirassistischen Kundgebung hielten sich drei erkannte Neonazis in einem Restaurant auf und machten Fotos von Gegendemonstranten. Einige engagierte AntifaschistInnen stellten sich mit einem Transparent vor deren Tisch auf, um die Sicherheit der anderen DemonstrantInnen zu wahren, Daraufhin zwang die Polizei die AntifaschistInnen sich zurückzuziehen, statt die Neonazis aufzufordern, die Provokationen zu unterlassen.
Protest der Rechten schrumpft weiter
Gegen 19 Uhr hatte die rechte Gruppierung den Aufbau ihres Equipments abgeschlossen. Vor den wenigen Anwesenden begannen die ersten Hetzreden. Unter dem Motto „Eine Jugend wehrt sich“ sprachen verschiedene Personen, darunter auch die 37-jährige wegen Volksverhetzung verurteilte Melanie Dittmer und Anmelderin Ester Seitz.
Eine Außenwirkung konnten sie mit ihren Reden nicht erzielen, da die GegendemonstrantInnen mit verschiedensten Utensilien Lärm machten. Der an den Kundgebungen beteiligte „Widerstand Karlsruhe“ äußerte sich später im Internet verärgert über den Lärmpegel: „Man hat gestern zum ersten mal kaum sein eigenes Wort verstanden“, so das Zitat im Original.
AntifaschistInnen demonstrierten spontan
Mit Beginn der Demonstration der Rassisten zog auch eine antifaschistische Spontandemonstration entlang der abgesperrten Route, um den Gegenprotest möglichst weit zu tragen. Bis auf wenige Meter konnten die AntifaschistInnen an die Rechten herankommen, lediglich getrennt durch ein Gitter und eine Polizeikette.
Vor und während der Standkundgebung der Rechtsextremen am Rand des Stephanplatz und beim Aufzug durch die gelenkte und bekannte Achter-Laufroute wurde die Pressearbeit von der Polizei weder einschränkt, noch behindert.
Festnahme von Gegendemonstranten
Während des Aufzugs der fahnenschwenkenden, rechtsextremen Gruppierung, an dem Melanie Dittmer nicht teilnehmen durfte, belohnte die Bevölkerung die personenmäßig überschaubare Fußtruppe durch weitestgehende Ignoranz. Uniformierte Polizeibeamte nahmen drei Männer und eine Frau in „Obhut“. Nachdem ihre Personalien festgestellt waren, soll ihnen ein Platzverweis ausgesprochen worden sein.
Bürger taten ihren Unmut über den Aufmarsch der Rechten kund, indem sie zum Beispiel vor einem Bistro demonstrativ ein Banner mit der Aufschrift „Love and Peace“ hochhielten. An anderer Stelle protestierten Menschen gegen den Aufzug der Rechten, indem sie von einem Balkon, sarkastisch und satirisch laut zum Ausdruck brachten, dass sie den Aufzug in der Stadt nicht wieder sehen möchten.
Immer weniger Resonanz für rechte Aufmärsche
Es war bereits die 26. Demonstration der Rechtsextremen seit Februar 2015. Die ungeheure Zahl rechter Aufmärsche in kürzester Zeit scheint den Rechtsruck in der Gesellschaft zu verdeutlichen. Doch auch die dritte Umbenennung und Umstrukturierung der rassistischen Gruppe ändert nichts an ihrem Abwärtstrend. Immer weniger Personen nehmen an den Aufmärschen teil.
Lediglich ein harter Kern Rechtsextremer – teilweise angekarrt aus nah und fern – scheint verblieben zu sein. Er darf dennoch keinesfalls unterschätzt werden. Nach wie vor trägt dieser harte Kern Rassismus und nationalistische Hetze auf die Straße – ein unerträglicher Zustand.
Kaum Aufmerksamkeit der regionalen Medien
Nach Eindruck der Beobachter News scheint es in Karlsruhe und darüber hinaus ein stillschweigendes Einvernehmen unter Vertretern der lokalen und regionalen Presse zu geben, über die antidemokratischen Veranstaltungen der Anmelder von „Widerstand Karlsruhe – Karlsruhe wehrt sich“ nicht zu berichten. Wir sehen es jedoch als Aufgabe unabhängiger Reporter, solche Tendenzen nicht zu verschweigen. Die Beobachter News werden weiterhin kritisch berichten.
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