Von unseren ReporterInnen – Mannheim/Stuttgart. In mehreren Städten gab es am Wochenende Protest gegen die Übergriffe der türkischen AKP-Regierung auf die kurdische Bevölkerung und die Aufhebung der Immunität besonders von HDP-Abgeordneten. In Mannheim löste die Polizei am Samstag, 21. Mai, in einem Großeinsatz von 165 Beamten eine Spontandemonstration junger Kurden durch die Planken auf. Sie behandelte die rund 100 TeilnehmerInnen erkennungsdienstlich und erteilte Platzverweise. In Stuttgart verlief eine HDP-Versammlung von rund 200 KurdInnen, AntifaschistInnen und türkischen Linken ohne Zwischenfälle.
In Mannheim hatte der Kurdische Kulturverein Ludwigshafen zunächst für Samstag eine „Gedenkdemo für die gefallenen Völker in Rojava und Kurdistan“ angemeldet. Zu ihr wurde über die Region hinaus mobilisiert – nach Angaben der Polizei besonders von einer Jungkurdenorganistion in Mannheim, Heilbronn, Stuttgart und Pforzheim.
Spontandemo formiert sich am Paradeplatz
Bei einem Kooperationsgespräch mit dem Anmelder erklärte die Ordnungsbehörde am Donnerstag, dass sie keinen Marsch durch die Stadt, sondern nur eine Kundgebung am Hauptbahnhof dulden wolle. Das berichtete uns der Leiter des Reviers Innenstadt Joachim Scholl, der den Polizeieinsatz am Samstag leitete. Daraufhin habe der Anmelder die Veranstaltung abgesagt, was aber offenbar nicht überall durchdrang.
Bis 13.30 Uhr trafen Scholl zufolge 100 bis 150 Demonstrationswillige am Bahnhof ein. Sie wurden von der Polizei über die Absage unterrichtet. Ein Teil trat den Heimweg an, andere gingen in die Stadt. Um 14.15 Uhr formierte sich am Paradeplatz eine Spontandemo und zog durch die Planken in Richtung Wasserturm. Es seien Transparente gezeigt und Parolen der verbotenen PKK gesungen worden, so die Polizei.
TeilnehmerInnen erkennungsdienstlich behandelt
„Aufgrund mehrerer Verstöße gegen das Versammlungsgesetz“ stoppten die Beamten die Demonstration und lösten sie per Megaphon-Durchsage auf. BfE-Einheiten kesselten die TeilnehmerInnen ein und geleiteten sie über den Ring zum Bahnhof. Dabei habe es „vereinzelte Durchbruchsversuche“ gegeben, weshalb Pfefferspray eingesetzt wurde. Zwei der 165 eingesetzten PolizistInnen seien durch Pfefferspray leicht verletzt worden, ein weiterer durch einen Tritt ans Bein. Drei Versammlungsteilnehmerinnen hätten bei dem Einsatz Schwächeanfälle erlitten und seien ärztlich versorgt worden.
Am Bahnhof wurden die Eingekesselten erkennungsdienstlich behandelt. Sie müssen mit Anzeigen rechnen. Auch Kinder wurden mit ihren Eltern festgehalten, einige kamen erst nach zwanzig Minuten wieder frei.
Polizeieinsatz in Mannheim umstritten
Augenzeugen kritisierten, es sei unnötig gewesen, die Spontandemo von etwa fünfzig KurdInnen – andere Quellen sprechen von bis zu 120 – aufzulösen. Es habe auch keinen Grund gegeben, die TeilnehmerInnen im Wanderkessel zum Bahnhof zu bringen und festzuhalten, da sie von selbst gegangen wären.
Einsatzleiter Scholl rechtfertigte das Vorgehen der Polizei mit Verstößen gegen das Versammlungs- und das Vereinsgesetz. Es sei mit Parolen, Fahnen und Emblemen für die verbotene PKK geworben worden. Auch seien „Rädelsführer“ vor Ort gewesen. Scholl sprach von einer „hohen Emotionalität“ im türkisch-kurdischen Konflikt. Zwar böten die Vorgänge in der Türkei einen absolut verständlichen Anlass zur Demonstration, doch gälten eben Regeln.
Stuttgart: Warnung vor Präsidialdiktatur in der Türkei
Deutlich weniger konfliktgeladen verlief eine HDP-Kundgebung am frühen Samstagabend auf dem Schlossplatz in Stuttgart. Dort protestierten etwa 200 Menschen gegen die Politik Recep Tayyip Erdogans – überwiegend KurdInnen, aber auch türkische Linke und AntifaschistInnen. Es wurden Reden gehalten, unter anderem von einer Vertreterin der NAV-DEM (siehe hier). Er warnte vor einer Präsidialdiktatur in der Türkei und übte deutliche Kritik an der EU, die Erdogan gewähren lasse. Nach einer guten halben Stunde löste sich die Kundgebung auf, eine Demonstration gab es nicht.
Bilder aus Stuttgart
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