Von Sandy Uhl – Ulm. In Ulm gab es am Montag, 30. Mai, eine Mahnwache für Opfer rechter Gewalt. Aufgerufen hatte das „Bündnis gegen Rechts“. Es wurde der Brandanschläge von Solingen gedacht, die sich am 29. Mai zum 23. Mal jährt (wir berichteten). Bei diesem Anschlag verloren fünf Menschen ihr Leben.
Der frisch gewählte Oberbürgermeister der Stadt Ulm Gunter Czisch konnte nicht persönlich dabei sein, schickte aber ein Grußwort. Es wurde bei der Mahnwache von Antje Troisin vom DGB Ulm vorgetragen. Czisch ging nicht nur auf Solingen ein, sondern auch auf die vom NSU ermordeten Menschen sowie die Opfer von Eberswalde und Mölln. Scharf kritisierte er das Gedankengut im Hier und Jetzt, wie es in Facebook auf der städtischen Seite zum Thema Flüchtlinge in Kommentaren zum Ausdruck kommt. Es wird durch Hassposts gegenüber MigrantInnen begünstigt und gefördert.
Motiv des Anschlags von Solingen: Ausländerhass
Gedenktage wie dieser seien wichtig, so Czisch. „Immer wieder muss der Gesellschaft vor Augen geführt werden, dass Wegschauen nicht akzeptabel ist. Brennende Asylunterkünfte sind kein Kavaliersdelikt, sondern Verbrechen. Rassenwahn und Verfolgung von Minderheiten haben in unserer Stadt und unserem Land keinen Platz.“
Yasemin Arpaci vom Frauenfreundschaftsverein und sie’ste, die die Hauptinitiatorin der Mahnwache war, las in Gedenken an die Anschlagsopfer von Solingen und deren Hinterbliebenen die Namen vor: Gürsün Ince, 27 Jahre, Hatice Genc 18 Jahre, Gülüstan Öztürk, 12 Jahre, Hülya Genc, 9 Jahre, Saime Genc, 4 Jahre.
Spaltung der Gesellschaft
Andrea Schiele, die für den DGB sprach, zog Parallelen vom Anfang der 90er Jahre zur politischen und gesellschaftlichen Situation der letzten beiden Jahre. Sie kritisierte, dass Parteien, die sich intensiv mit Ausgrenzung und Diskriminierung von Menschen profilieren, große Unterstützung erhalten.
Diese Parteien formulierten ihre Diskriminierung, ihre Ausgrenzung als Sorgen und erweckten den Anschein, dass es ihnen um den gesellschaftlichen Zusammenhang geht, so Schiele: „Tatsächlich geht es ihnen um die Spaltung der Gesellschaft.“ Diese Spaltung habe aber nichts mit der Herkunft oder der Religionszugehörigkeit zu tun, sondern liege ein der Verteilung der Einkommen.
Schon Kohl startete Kampagne gegen „Asylmissbrauch“
Norbert Rupsch von den Falken ging in seiner Rede gezielt auf die Rolle des Staates in der Ausländer- und Flüchtlingsfrage ein. In seinem geschichtlichen Abriss verfolgte er die Entwicklung ab Mitte der 80er Jahre. Damals nahm die Union unter Helmut Kohl steigende Asylbewerberzahlen als Anlass, eine Kampagne gegen den Missbrauch des Asylrechts zu starten, an dem sich zahlreiche Medien beteiligten.
Seit dem Beginn des Arabischen Frühling 2011 nehmen die Asylbewerberzahlen erneut deutlich zu. Und spätestens mit Gründung von AfD und Pegida war ein deutlicher Anstieg fremdenfeindlicher Äußerungen und Angriffe zu bemerken, betonte Rupsch.
Es geht um Nützlichkeit statt Humanität
Er wies darauf hin, dass Nützlichkeitsabwägungen – und eben nicht Humanität – zentrales Leitmotiv der deutschen Asylpolitik sind. Dies zeigt sich für ihn in den jeweiligen Flüchtlingsunterkünften und vor allem im EU-Türkei-Deal von Merkel.
Solange Deutschland immer wieder als einer der Gewinner aus der Konkurrenz ums Kapital hervorgeht, sagte Rupsch voraus, werden sich die Verlierer auf den Weg machen, in der Hoffnung am Erfolg teilhaben zu können.
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