Von Frantisek Matous – Weil am Rhein. Im südbadischen Weil am Rhein wird seit Monaten eine Familie von einer rechtsextremen Gruppierung bedroht. Der Kreisverband der Linken Lörrach-Weil am Rhein, die Linksjugend Solid Lörrach und weitere Organisationen riefen deshalb am Samstag, 9. Juli, zu einer Mahnwache vor dem Haus der Opfer rassistischer Verfolgung auf.
Ein in rechtsradikalen Kreisen bekannter Nachbar der in Weil-Friedlingen wohnenden Familie fing vor einigen Monaten damit an, die Frau und die Kinder mit rassistisch geprägten Beleidigungen, Sachbeschädigung und Drohungen zu belästigen. Der Familienvater ist Deutscher mit afrikanischen Wurzeln. Nach mehreren Schlichtungsversuchen der Hausverwaltung wurde dem Nachbarn darauf seine Wohnung gekündigt. Die Familie konnte ein Annäherungsverbot gegen den Mann erwirken.
Das ließ jedoch die bedrohte Familie nicht aufatmen. Die Situation verschärfte sich noch. Die Frau wurde einen Tag darauf vom Schwiegersohn des ehemaligen Nachbarn auf der Straße angegriffen und zusammengeschlagen. Der Gekündigte bekam zudem von seinen Freunden aus der rechtsradikalen Szene Weils Unterstützung.
Rechte belagern Haus und bedrohen Kinder
Sie fingen damit an, das Haus, in dem die betroffene Familie wohnt, regelrecht zu belagern. Gruppen von bis zu 15 Männern versammelten sich täglich auf dem kleinen Platz vor dem Gebäude, versuchten durch die Fenster in die Wohnung hinein zu fotografieren und beschimpften und bedrohten nicht nur die Erwachsenen, sondern auch die Kinder. Sie mussten wegen der bedrohlichen Situation von freiwilligen Helfern zur Schule begleitet werden.
Letzte Woche reagierte endlich die Polizei. Das Amtsgericht Lörrach erließ gegen acht Personen aus der Gruppe ein Annäherungsverbot, so dass sie sich nun der Familie fern halten müssen. Und auch der Gemeinderat der Stadt Weil am Rhein verurteilte – mit Ausnahme des NPD-Gemeinderats – in einer kurzen Erklärung Rassismus und Gewalt.
Gemeinderat unterschätzte „Pegida“-Aufmärsche
Die VertreterInnen der Partei Die Linke zeigten sich zwar erfreut, dass der Gemeinderat endlich auf die unhaltbare Situation reagierte. Sie finden jedoch, es hätte viel früher geschehen müssen – schon im letzten Herbst, als „Pegida“ mit Schweizer Beteiligung in Weil Kundgebungen abhielt, bei denen rassistische Parolen ertönten. Gegen sie protestierten viele Einwohner Weils. Doch damals habe der Gemeinderat alles nur als kleine Scharmützel zwischen rechts- und linksradikalen Gruppen abgetan und das Anwachsen einer rechtsradikalen Szene weitgehend ignoriert.
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Zu der Kundgebung am Samstag sind – trotz brühender Hitze – etwa sechzig Leute aus Weil und Umgebung gekommen. Sie wurden von ungefähr dreißig PolizistInnen begleitet. Nach der Begrüßung, kurzen Redebeiträgen des Kreisgeschäftsführers Tom Grein und des Lörracher Gemeinderates Matteo Di Prima von der Linken, Kreisverband Lörrach-Weil am Rhein, wurde das Mikrofon für die Beteiligten frei gegeben.
Empörung über gewaltbereite rechtsradikale Gruppen
Viele äußerten ihre Besorgnis über die Zunahme rechtsradikales Gedankenguts in der Region und ihre Empörung über das Entstehen gewaltbereiter rechtsradikalen Gruppen, die sogar Kinder terrorisieren. Selbstverständlich wurde auch der betroffenen Familie Beistand versprochen und Solidarität mit allen Opfern der rechtsradikalen Szene kundgetan.
„Wir kommen jederzeit wieder, es kann so nicht weiter gehen, man kann nicht dauernd wegschauen“, war das inoffizielle Motto der Kundgebung. Nach einer Stunde wurde sie offiziell beendet, doch viele blieben, um vertiefte Gespräche über die Situation nicht nur in Weil zu führen und Kontakte zu Gleichgesinnten zu knüpfen.
Weitere Bilder des Tages

Die Linke, Kreisverband Lörrach – Weil am Rhein (v.l.n.r):
Carlotta Vester, Linksjugend ’solid Lörrach,
Jacqueline Simmert, Vorsitzende,
Tom Grein, Kreisgeschäftsführer Lörrach,
Matteo Di Prima, Gemeinderat in Lörrach
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