Von Tape Lago und Christian Ratz – Bingen. Die rheinland-pfälzische AfD hielt ihren Landesparteitag am Samstag und Sonntag, 9. und 10. Juli, wie schon 2015 in Bingen am Rhein ab. Das Antifaschistische Aktionsbündnis Südwest und die SPD, Die Linke und der DGB hatten getrennt zum Protest aufgerufen. Gut 150 AntifaschistInnen und andere Bürgerinnen taten vor dem Rheintal-Kongress-Zentrum ihren Unmut gegen die rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische AfD und ihre lokale Tagung kund.
Am früheren Samstagsmorgen sicherte die Polizei alle Zugänge zum Rheintal-Kongress-Zentrum, das an NH-Hotel angegliedert ist. Sie stellte Absperrgitter vor dem Tagungsort auf und machte Personenkontrollen in der Umgebung der Tagung der Landes-AfD. Zutritt zum Hotel und Kongressareal erhielten nur registrierte Personen.
O-Ton eines Polizeibeamten am Durchgang sinngemäß: „ Die AfD hat das Hausrecht. Wir können ohne deren Zustimmung keinen Zulass gewähren.“ Diese Aussage galt auch für Presse- und MedienvertreterInnen. Mehr als 200 Beamten sollen für diesen Landesparteitag über das Wochenende abgestellt worden sein.
Protest von Spaltung geschwächt
Das Binger Bündnis gegen Rechts, das aus den Parteien Die Linke und SPD, dem DGB und anderen Gruppen besteht, wollte nicht mit der Antifa gemeinsam zum Protest aufrufen und geschlossen auf die Straße gehen. So planten die AfD-GegnerInnen aus beiden Lagern zwei Kundgebungen vor dem Rheintal-Kongress-Zentrum. Beim Kooperationsgespräch mit der Polizei am Mittwoch, 6. Juli, soll der Vertreter des Bündnisses gegen Rechts, der gleichzeitig Vertreter der Partei Die Linke war, sich von der Antifa distanziert haben.
Der Grund: Sein Bündnis wolle mit der Antifa während des Protests gegen die AfD nichts zu tun haben. Diese Spaltung der Kräfte war während der gesamten Demonstration gegen die rheinland-pfälzische AfD zu spüren. Das Bündnis gegen Rechts hatte nur eine zweistündige Kundgebung von 9 bis 11 Uhr angemeldet. Die Antifa dagegen blieb bis zum Samstagnachmittag und setzte ihren Protest am Sonntag fort.
Unfreundlicher Empfang für AfD-Anhänger
Die ersten ParteitagteilnehmerInnen der Landes-AfD wurden kurz nach 8 Uhr von AntifaschistInnen mit Buhrufen empfangen und blockiert. „Ihr seid hier unerwünscht! Geht nach Hause“ riefen AntifaschistInnen AfD-Anhängern zu. Das Antifaschistische Aktionsbündnis Südwest hatte im Gegensatz zu der SPD, der Partei Die Linke und dem DGB vor, den Landesparteitag durch Aktionen des zivilen Ungehorsams zu stören und ein klares Zeichen der „AfD-Ablehnung“ zu setzen.
Die Partei von Frauke Petry sei so die AntifaschistInnen, keine Alternative für Deutschland, keine Protestpartei, keine Bürgerbewegung, sondern eine „faschistische Partei“, „ein gefährliches Sammelbecken von FaschistInnen aus den verschiedensten Lagern“, dem man entgegentreten muss.
Polizei verhindert Blockade der AfD-Anhänger
Gegen 9 Uhr schritt die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) ein, um den Weg für die blockierten AfDler freizumachen. Es gab Gerangel. Die Beweissicherungseinheit (BeSi) filmte die GegendemonstrantInnen. BFE, BeSi und andere Polizeibeamte hielten sich in der Gegendemonstration auf, um auch später ankommenden Parteitagsbesuchern den Weg zu zeigen und ihn abzusichern. Die Beamten schritten nicht gegen den körperlichen Übergriff zweier AfDler auf zwei junge Gegendemonstranten ein – oder sie realisierten ihn zu spät. Bei ihm wurde ein Geschädigter zu Boden gebracht. Er hat Anzeige erstattet.
Beamte in Uniform und in Zivil fotografierten und filmten ausgiebig. Trotz der Polizeipräsenz in der Demonstration setze die Antifa die Blockade der AfDler fort. Danach wurde sie vom Versammlungsleiter Ingo Rochus Schmidt (Die Linke), dem Sprecher des Bündnisses gegen Rechts aufgefordert, die Blockade der AfDler zu beenden. Dies sei eine Aufforderung der Polizei gewesen, hieß es. Daraufhin folgten Buhrufe der AntifaschistInnen, die offenbar mit dieser Ansprache nicht einverstanden war. Die Antifa fühlte sich vom Bündnis gegen Rechts „verraten und im Stich gelassen“. Währenddessen filmten und provozierten AfDler die AntifaschistInnen.
AfD: der Wolf im Schafspelz“
Bei der Kundgebung des Bündnisses gegen Rechts wurde die AfD als rassistische und inhumane Partei bezeichnet. Die Partei von Frauke Petry sei keine Alternative für Deutschland, sondern der Untergang Europas. Es wurde auch klargestellt, dass Menschenrechte keine Grenzen kennen. Daher sei kein Mensch illegal.
Die Sprecherin von Linksjugend Solid forderte: „nie wieder 33!“. Eine Sprecherin der kurdischen Gemeinde warf der AfD Rassismus und Fremdenfeindlichkeit vor. Ingo Rochus Schmitt (Die Linke), Michael Hüttner (SPD) und alle andere RednerInnen, riefen die Binger Bevölkerung auf, sich gegen die AfD, den „Wolf im Schafspelz“, zu stellen. Eine Künstlerin sorgte mit Musik für gute Laune.
Nationalismus ist keine Alternative
Die Eröffnung des Parteitages war für 10 Uhr geplant. Sie begann mit einer kleinen Verzögerung. Uwe Junge (AfD-Landeschef) reagierte in seiner Eröffnungsrede auf die riesengroße Aufschrift in den Weinbergen unterhalb des Niederwalddenkmals bei Rüdesheim „Nationalismus ist keine Alternative“. „Nationalismus ist keine Alternative, stimmt, aber sehr wohl zu unterscheiden von einem gesunden, dem eigenen Volk entsprechenden Patriotismus.“
Neben den 205 stimmberechtigten Delegierten waren Mitglieder der AfD-Spitze in Rheinland-Pfalz wie Jan Bollinger und Damian Lohr, Landesvorsitzender der Jungen Alternative (JA) anwesend. Fabian Jacobi vom AfD-Kreisverband Köln war als Gast ebenfalls da. Als Junge Jörg Meuthen ankündigte, kamen einige Buhrufe. Junge, der seinen Landesverband im Griff zu haben schien, will eine andere AfD in Rheinland-Pfalz. Er will sich von Extremisten trennen und den Landesverband professionalisieren. Ob es ihm gelingen wird, wird die Zeit zeigen.
Kraftvolle Antifa-Demo in der Innenstadt
Die für ursprünglich auf 13 Uhr angesetzte antifaschistische Demonstration wurde zeitlich vorgezogen. Etwa 40 Personen bildeten den Aufzug durch die Binger Innenstadt zur besten Einkaufszeit. Er wurde weiträumig und umfangreich von Polizeikräften begleitet. Die Bevölkerung reagierte überwiegend positiv auf diese kraftvolle Antifa-Demonstration. An zwei Stellen gab es kurze Wortbeiträge durch einen Antifa-Sprecher, bevor die Gruppe zum Veranstaltungsort zurückkehrte.
Als der Demozug zu seinem Ausgangsort zurückgekehrt war, befanden sich die TeilnehmerInnen der Rechtsausleger-Partei in der Mittagspause. Viele AfD-Mitglieder hielten sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Vorplatz des Hotels auf. Als sich die beiden Lager erneut gegenüber standen, war zu beobachten, dass AfDler, wie auch schon am Vormittag, die Gegendemonstranten fortlaufend fotografierten, filmten und provozierten. Damian Lohr, Landesvorsitzender der JA, beteiligte sich an diesem provokativen Einsatz.
Junge Alternative planen ebenfalls Kongress
Davor beendete das Binger Bündnis gegen Rechts um 11 Uhr seine Kundgebung. Die AntifaschistInnen setzten ihren Protest gegen den Parteitag am Sonntag fort. Ohne die Spaltung der Protagonisten hätte die Demonstration gegen den Landesparteitag der AfD in Rheinland-Pfalz stärker ausfallen können.
Die Junge Alternative (JA) wird nach Informationen des Portals „Blick nach Rechts“ am 16. Juli ihren Bundeskongress an selber Stelle in Bingen abhalten. Diese Veranstaltung wurde bislang seitens der Partei nicht öffentlich gemacht. Es ist aber zu hoffen, , dass Linke, SPD, Grüne, FDP und alle AntifaschistInnen aus der Region ihren Protest geschlossen, solidarisch und gemeinsam kundtun werden.
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