Von Alfred Denzinger – Nürtingen. Es war ein heißer Sommerabend mit viel Spaß und dennoch mit einer Portion Ernsthaftigkeit. Am Samstag, 9. Juli, versammelten sich gegen 18 Uhr 85 junge Menschen auf dem Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) in Nürtingen. Die Wasserbomben sorgten bei den TeilnehmerInnen der 3. Wasserbombenparade für eine willkommene Abkühlung. Angeführt von einem Traktor zog die Demonstration lautstark und mit viel Spritzwasser durch die Innenstadt.
Auf dem Anhänger sorgten abwechselnd verschiedene Bands für die musikalische Umrahmung. TeilnehmerInnen und Passanten hatte ihre Freude. Im Anschluss folgte eine „Afterdemoparty“ in der Villa Galgenberg.
Anlass der Aktion war ein übertriebener Polizeieinsatz am 14. Juni 2014. Die Polizei nannte selbst später in ihrer Pressemitteilung zwei Wasserbomben als ausschlaggebenden Grund. An besagtem Abend nahm die Polizei drei Personen äußerst brutal in der Nürtinger Innenstadt fest und griff gegen 1 Uhr nachts das Wohnprojekt Villa Galgenberg an. Hierbei verletzten die Beamten mehrere Personen durch Reizgas, Tritte und Knüppelschläge. Es wurden zirka 20 Polizeifahrzeuge und auch ein Hubschrauber von außerhalb hinzugezogen.
In seinem diesjährigem Aufruf zur 3. Wasserbombenparade erklärte der Veranstalter: „Dieser Polizeieinsatz ist nur ein Beispiel aus einer endlosen Liste von Repressionen seitens Staat/Polizei gegen fortschrittliche Bewegungen und Einzelpersonen. Noch immer gibt es in Baden-Württemberg keine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte. Polizeigewalt bleibt meistens strafrechtlich folgenlos, Anklagen werden fallen gelassen oder die TäterInnen werden freigesprochen. Mit der Wasserbombenparade möchten wir ein nasses Zeichen gegen diese Zustände setzen.“
Livemusik und Wasserorgien
Zwei Streifenwagen der Polizei, die sich dezent im Hintergrund hielten, begleiteten den Umzug. Die BeamtInnen begnügten sich mit der Regelung des Verkehrs und beobachteten das rege Treiben. Vom Busbahnhof ging es über die Steinenbergstraße zur Europastraße. Auf dieser Kreuzung gab es die erste „Wasserschlacht“. Anschließend ging es weiter zum Ochsenbrunnen auf dem Schillerplatz. Es flogen wieder reichlich Wasserbomben. Der Brunnen diente zur Betankung der wässrigen „Waffen“.
Am Marktbrunnen vor dem Rathaus gab es den nächsten Zwischenstopp. Bei heißer Livemusik mit Polit-Texten kühlten sich die DemonstrantInnen auf die unterschiedlichsten Arten ab. Es kam zu regelrechten Wasserorgien. Als erste Band sorgten die Sons of Explosivos aus Speyer für eine ausgelassene Partystimmung. Es folgte die Nürtingen Gruppe Kimi Kerkenem.
„Villa bleibt!“
Mit Parolen wie „Macht ihr uns die Villa platt, fluten wir die ganze Stadt“ und „Alle Bullen raus aus Nürtingen“ zog die bunte Truppe über die Mühlstraße zum Polizeirevier in der Europastraße. Die Versammlungsleitung wies auf die Auflage der Versammlungsbehörde hin, dass keine Wasserbomben auf das Polizeirevier geworfen werden dürfen. Überwiegend wurde diese Aufforderung auch befolgt.
Bei Politpunk mit deutschen Texten – und natürlich mit reichlich Wasser – klang die „3. Wasserbombenparade gegen Repression weltweit – Villa bleibt!“ aus. Ein Großteil der TeilnehmerInnen zog anschließend zur „Afterdemoparty“ in die Villa Galgenberg.
Die Villa Galgenberg ist derzeit von der Räumung bedroht. Eine Petition zum Erhalt des Projekts kann hier unterzeichnet werden.
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