Von Christian Ratz – Mannheim. Erdogan-Anhänger marschierten am Sonntag, 24. Juli, inmitten türkischer Fahnen durch die Mannheimer Innenstadt. Die ursprünglich für Samstag geplante Großveranstaltung national eingestellter Türken wurde auf Wunsch der Stadtverwaltung Mannheim auf einen Tag später verlegt. Nach Polizeiangaben beteiligten sich bis zu 2000 Menschen. Der Gegenprotest blieb zunächst schwach. Erst am Ende zeigte er sich deutlicher. Für Mittwoch, 27. Juli, ist nun eine antifaschistische Demonstration geplant. Sie beginnt um 18 Uhr am Wasserturm.
Wer der Anmelder der Veranstaltung am Sonntag war, bleibt unklar. Zwei Einzelpersonen aus Ludwigshafen am Rhein und Mannheim haben sie auf Facebook beworben. Die Union Türkischer Gemeinden in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg haben ebenfalls mobilisiert. Beabsichtigt war demzufolge, gegen den Putschversuch in der Türkei und für die Aufrechterhaltung der Demokratie zu demonstrieren. Kritikern fielen jedoch vor allem nationalistische Töne auf.
Reden wurden in türkischer Sprache gehalten
Die Veranstaltung begann am Mannheimer Wasserturm mit wenigen hundert Personen. Dem anschließenden Aufzug entlang der Planken in der Innenstadt schlossen sich dann immer mehr an. Die Abschlusskundgebung fand auf dem Marktplatz statt und löste sich eine Stunde vor dem geplanten Ende auf, weil Regen einsetzte. Für nicht türkischsprechende Menschen war nicht nachvollziehbar, was die Redner vortrugen und welchen Inhalt die Sprechchöre hatten. Eine Person, nach eigenen Angaben einer der Anmelder, wurde verbal angegangen. Die Polizei schützte den erkennbar aufgebrachten Mann, führte ihn später ab und stellte seine Personalien fest.
Am Ende zeigte sich deutlicher Gegenprotest
Eine Gruppe von etwa 30 bis 40 Personen protestierten lautstark gegen die Großveranstaltung. Starke Polizeikräfte vor Ort – auch berittene – verhinderten eine Konfrontation. Einige Personen wurden an einer Straßenecke von der Polizei gestellt und eingekesselt. Die Beamten stellten ihre Personalien fest, und es sollen auch Platzverweise ausgesprochen worden sein.
Der Inhaber eines türkischen Spezialitätenlokals soll im späteren Verlauf sowohl körperlich als auch verbal von Erdogan-Anhängern angegangen worden sein, da er sein Restaurant nicht mit der türkischen Nationalflagge „geschmückt“ hatte.
Kritik und erneute Kundgebung
Deutliche Kritik kommt aus den Lagern der Linken und der Jungen Union. „Zahlreiche Teilnehmer zeigten den Wolfgruß, was ein Symbol der rechtsextremen Grauen Wölfe ist“, schreibt Die Linke in einer Mitteilung. Nach dem Putschversuch befinde sich die Türkei noch stärker auf dem Weg in die Diktatur als zuvor. „Es darf nicht sein, dass Nationalisten und Rassisten ungehindert durch die Mannheimer Innenstadt marschieren – egal unter welcher Nationalflagge sie sich bewegen“, sagt Kreissprecher Dennis Ulas.
„Besonders brisant“ ist aus seiner Sicht der unterschiedliche Umgang mit verschiedenen türkischen Communities in Mannheim. KurdInnen würden an den Rand verdrängt, während Erdogan-AnhängerInnen und RechtsextremistInnen wie die Grauen Wölfe ungehindert in der Innenstadt demonstrieren dürfen.
Junge Union will nur Reden auf Deutsch
Aus Sicht des Vorsitzenden der Jungen Union Lorenz Siegel haben innenpolitische Angelegenheiten der Türkei nichts auf deutschem Boden verloren. Reden auf politischen Veranstaltungen dürften nur auf Deutsch gehalten werden.
Das Polizeipräsidium Mannheim bestätigte uns auf Anfrage, dass für Mittwoch, 27. Juli, eine antifaschistische Kundgebung am Mannheimer Wasserturm abgemeldet ist. Sie beginnt um 18 Uhr. Anschließend ist eine Demonstration durch die Innenstadt bis zum Paradeplatz geplant. Die Veranstaltung soll dort um 20 Uhr beendet werden. Anmelder soll der SKB (Sozialistischer Frauenbund) sein; es wird mit mehreren hundert TeilnehmerInnen gerechnet, so eine kurdisch-stämmige Rednerin, die bei der Kundgebung sprechen wird, gegenüber unserer Redaktion.
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