Von Christian Ratz – Mannheim. Seit 1990 betreuen ein Trägerverein und Ehrenamtliche in Mannheim-Sandhofen eine Konzentrationslager-Gedenkstätte. In den Räumen der Gustav-Wiederkehr-Schule, der damaligen Friedrichschule, befindet sich eine Dauerausstellung, die über den Ort des Grauens berichtet und gleichzeitig thematisch in den Schulunterricht einfließt. Zur letzten Führung vor der Sommerpause kamen rund dreißig Personen.
Nach dem gescheiterten Aufstand in Warschau wurden tausende von Menschen kurz vor Ende des zweiten Weltkriegs deportiert. Die meisten von ihnen hatten dem faschistischen NSDAP-Terrorregime die Stirn geboten und waren von der russischen Roten Armee bei der Verteidigung Warschaus im Stich gelassen worden.
Daimler-Benz hatte im Werk Mannheim enormen Bedarf an billigen Arbeitskräften. Das Unternehmen hatte einen Großauftrag des Hitler-Regimes zum Nachteil des heutigen Unternehmens VW in der LKW-Produktion an Land gezogen. Weitere Unternehmen wie Lanz, Bob & Reuther und BBC beteiligten sich an der massenhaften Ausbeutung der Zwangsarbeiter.
KZ Mannheim-Sandhofen
Das KZ Mannheim-Sandhofen wurde nicht gegründet, um wie vielerorts sonst Menschen jüdischen Glaubens unter dem Nazi-Terror-Diktat auszubeuten und zu töten. Dieses Konzentrationslager war allein darauf ausgelegt, Menschen als Sklaven körperlich und menschlich auszubeuten für einen fragwürdigen wirtschaftlichen Zweck.
Das damalige „Management“ von Daimler-Benz in Mannheim hat eigenhändig im KZ-Dachau die 1060 polnischen Widerstandskämpfer selektiert, die nach Sandhofen verlegt wurden. Die Schule war wegen der Kriegsumstände bereits aufgelassen.
Fußmärsche und Misshandlungen
In einem anderen, rund 6 Kilometer entfernten Mannheimer Stadtteil führte menschliche Pein zum Nutzen der LKW-Produktion auch aufgrund von Mangelernährung zu hohen Todeszahlen. Die polnischen Zwangsarbeiter mussten die Strecke zweimal täglich zu Fuß durch die auch heute noch ländlich bestellten Stadtteile zurück legen.
Zum Wachpersonal des KZ gehörte eine Abordnung des Nazi-Elite Fliegerhost Sandhofen (siehe „Die Coleman-Barracks friedlich nutzen„). Das Personal war auch an Misshandlungen und zumindest einer dokumentierten Hinrichtung eines Zwangsarbeiters zur Abschreckung beteiligt. Zu den 1060 zwangsweise nach Mannheim-Sandhofen verlegten Polen kamen noch weitere etwa 20 Personen (Capos und inhaftierte Ärzte). Zum Ende 1945 hin gab noch etwa 50 Überlebende im Konzentrationslager.
Zeitzeugen berichten
Weitere Führungen und Informationen mit dem Historiker Marco Brenneisen erfolgen im Herbst. Die nächste ist am 16. Oktober.
Zeitzeuge J. Kubicki: „Während der Arbeit auf dem Gelände der Daimler-Benz-Fabrik wurden wir sehr schlecht behandelt, ganz besonders von einem deutschen Meister, der das Montageband beaufsichtigte, an dem ich arbeitete. Es war ein hochgewachsener, schlanker Mann, der an seiner Anzugtasche immer das Parteiabzeichen trug. Dieser schrie und schlug die Häftlinge immer dann, wenn sie nicht so schnell arbeiten konnten, wie das Band lief.“
Zeitzeuge K. Zbrzeski am 5. September 1989: „Es gab Kameraden, die mit Deutschen zusammenarbeiteten, von denen sie etwas zu essen bekamen. Ich hatte solches Glück nicht.“
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