Von Tom Guerrero – Mannheim. Ein parteienübergreifendes Bündnis aus Grünen, SPD, Jusos und Linksjungend Solid mobilisierten für Samstag, 15. Oktober, rund 60 BürgerInnen und AntifaschistenInnen zu einem stillen, bunten, aber sichtbar deutlichen Protest gegen eine Veranstaltung der AfD in der historischen Lanzkapelle in Mannheim-Lindenhof. Unterstützung erhielten sie vom Verein Mannheim sagt Ja! und der Regionalgruppe „Aufstehen gegen Rassismus“ Rhein-Neckar.
Seit Wochen wirbt der AfD-Kreisverband offensiv auf seiner Homepage für den Besuch verschiedener Veranstaltungen. Es hat den Anschein, als hätte der Bundestagswahlkampf 2017 für diese Partei, die nicht im Mannheimer Gemeinderat vertreten ist, bereits begonnen. Eingeladen war am Samstag Alice Weidel. Das Mitglied im Bundesvorstand der AfD tourt derzeit mit dem Vortragsthema „Politik für unser Land“ durch die Republik.
„Lanz“ im Namen bedeutet Verantwortung
Die promovierte Ökonomin vom Bodensee ist dafür bekannt, dass sie politische Positionen vertritt, die in keiner Weise die Interessen der „kleinen“ Leute oder einkommensschwacher Schichten repräsentieren. So fordert sie beispielsweise die Abschaffung der Arbeitsagentur (Jobcenter). Auch reiht sie sich nahtlos in die Reihe anderer Hetzer ihrer Partei ein, indem sie Ängste schürt mit Aussagen wie sinngemäß „… die Gratis-Krankenversicherung der zahllosen Migranten muss durch Steuern und Beiträge der gesetzlich Versicherten finanziert werden“. Weidel kritisiert Muslime in Deutschland, weigert sich auf der anderen Seite jedoch, eine Einladung des Zentralrats der Muslime in Deutschland zu einem Gespräch anzunehmen.
Wer „Lanz“ im Namen trägt, hat eine besondere gesellschaftspolitische Verantwortung in Mannheim (siehe „Gedenken an Leid und Ausbeutung„). BIG, eine Bürger Interessen Gemeinschaft in Mannheim-Lindenhof, ist der Trägerverein der ehemaligen Kapelle und damit auch für die Vermietung der Räume verantwortlich. Zum wiederholten Male wurden sie an die AfD vermietet, trotz öffentlicher Empörung.
Verbindungen zwischen AfD und Kapellen-Trägerverein
Zuletzt im September 2015 kam es im und vor dem Gebäude zu erheblichen Protesten. Ein Fall vom September des letzten Jahres wird derzeit vor einem Mannheimer Gericht verhandelt. Der Vorstand der Interessen Gemeinschaft um den Vorsitzenden Marc-Oliver K. scheint aus den bisherigen Erfahrungen nicht gelernt zu haben. Er ignorierte auch förmlich die vielfache, auch schriftlich geäußerte Kritik im Vorfeld des 15. Oktober.
Die Kritiker forderten, den Vermietungsvertrag mit der Partei aufzulösen und als BIG zu erklären, weshalb man dieser Partei eine Plattform für ihre menschenverachtende Politik bietet. Argumentiert wurde seitens der BIG, dass die AfD demokratisch gewählt wurde. Punkt. Pikant ist, dass das Vorstandmitglied Andreas K. des Trägervereins, der sich unter anderem über Mitgliedsbeiträge und Zuwendungen der Stadt Mannheim finanziert, gleichzeitig Beisitzer des AfD-Kreisverbands ist. Dies lässt Raum für Spekulationen.
Patric Liebscher, Bezirksbeirat der Grünen in Mannheim-Lindenhof, verurteilte als Veranstaltungsleiter und Sprecher des Bündnisses die Sprühereien in Form von Parolen gegen die AfD am Veranstaltungsgebäude. Es wird von einer Bürgerinitiative als Trägerverein verwaltet und wurde der AfD zum wiederholten Male vermietet.
Protest gegen AfD mit Peace-Zeichen
Dutzende von AntifschistenInnen und anderen BügerInnen aus Mannheim, Ludwigshafen/Rhein und Umgebung folgten dem Aufruf des Bündnisses und versammelten sich ab 18 Uhr schräg gegenüber der Lanzkapelle, um ihren friedlichen Protest gegen die AfD-Veranstaltung auf die Straße zu tragen. Mit bunten Transparenten, Bannern und Schildern wurde still demonstriert. Ein Mahnmal aus Kerzen in Peace-Zeichen appellierte an die Bereitschaft zu Frieden und Toleranz, Vielfalt und Weltoffenheit.
Zuletzt appellierten der Mannheimer Grünen-Stadtrat Gerhard Fontagnier und Matthias Zeller von den Jusos an den Zusammenhalt der Stadtgesellschaft auf und riefen dazu auf, den friedlichen Protest weiter zu intensivieren, wenn die AfD in Mannheim Frauke Petry am 5. November zu Gast haben wird.
Lauter wurde es, als der Gitarrist Uwe Neuendorf anfing zu spielen und damit viele Anwesende motivierte, bei seinen antirassistischen und pazifistischen Musikbeiträgen mitzusingen. Ein Poetry-Slammer aus Mannheim setzte die innere Stimme als Gewissen für Entscheidungen in den Mittelpunkt seines Beitrags.
Zivilbeamte nehmen Gegenprotest in den Fokus
Aus welchem Grund Beamte in Zivil den Gegenprotest im Fokus hatten, bleibt schleierhaft. Die gesichteten Personen scheinen dem Staatsschutz anzugehören. Anders lässt es sich nicht erklären, dass eine Antifaschistin nach eigenen Angaben von einem Polizeibeamten mit den Worten „Beate (Name von der Redaktion geändert), wir telefonieren heute Abend noch“ angesprochen wurde.
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