Von unseren ReporterInnen – Neustadt. Unter dem Motto „Harmonie statt Parolen – keine rechtspopulistische Hetze in Neustadt“ rief das lokale Bündnis gegen Rechts zu einer Demonstration gegen die Herbsttagung der rheinland-pfälzischen AfD im Hambacher Schloss auf. Hunderte AfD-GegnerInnen marschierten am Freitagnachmittag, 28. Oktober, hinauf zum Ort der Wiege der deutschen Demokratie und protestierten lautstark gegen Frauke Petry und ihre Partei.
Um eine ungestörte Tagung der Rechtsaußenpartei im Hambacher Schloss zu ermöglichen, mobilisierte die Polizei landesweit mehrere hundert Beamte und riegelte das Schloss weiträumig ab. Aus Sicht der Antifa Rheinfalz und vieler BeobachterInnen rollten die Stadt Neustadt, das Verwaltungsgericht und die Polizei der AfD den roten Teppich breit und komfortabel aus.
Antifa: AfD im Hambacher Schloss – ein Skandal
Die Antifa Rheinpfalz, das lokale Bündnis gegen Rechts sowie zahlreiche BürgerInnen und PolitikerInnen der Region werteten eine Tagung der AfD im Hambacher Schloss als Provokation. Da dieser historische Ort als Ursprung der Demokratiebewegung in Deutschland gilt, war es für eine Vielzahl von Menschen undenkbar, dass dort eine Veranstaltung der AfD zugelassen werden könnte. Doch die Stadtverwaltung Neustadt bestätigte ohne Auflagen die AfD-Herbsttagung in der Wiege der deutschen Demokratie, nachdem sich die Partei den Veranstaltungsort vor Gericht gegen die Betreibergesellschaft des Hambacher Schlosses erkämpft hatte.
Die Antifa verurteilte diese Bestätigung als Skandal und meldete eine Demonstration bei den Ordnungsbehörden an. Sie wollte am Tag der Tagung direkt im Hof des Schlosses auf dem Mitarbeiterparkplatz – in Sicht und Hörweite der AfD – ein starkes Zeichen gegen Rassismus, Fremden- und Islamfeindlichkeit setzen. Doch die Stadtverwaltung verbot die gewünschte Antifa-Demo auf dem Schlossareal. Im Anschluss daran bekräftigte das Verwaltungsgericht Neustadt die Entscheidung der Stadtverwaltung. Aus Protest sagte die Antifa Rheinpfalz ihre Veranstaltung ab.
Demonstrantin: „Eine Ohrfeige für die Demokratie“
Das regionale Bündnis gegen Rechts, der SPD-Stadtverband, Gewerkschaften und andere Organisationen wollten ihren Unmut auf der Straße und unterhalb des Schlosses kundtun. Sie wollten auch der AfD durch friedlichen und geräuschvollen Protest zeigen, dass sie in Neustadt nicht willkommen sei. So versammelten sich hunderte DemonstrantInnen, in der Spitze bis zu 400, am Freitagnachmittag auf dem Eichplatz, um hoch hinauf zum Schloss zu marschieren. Unter ihnen waren Kinder mit ihren Eltern. Auch viele engagierte SchülerInnen eines Gymnasiums, die sich für Flüchtlinge und gegen Rassismus stark machen, waren da.
Die DemoteilnehmerInnen trugen Transparente, Plakate und Schilder, die auf das Thema der Demonstration aufmerksam machten. Einige von ihnen hatten Vuvuzelas und Trillerpfeifen dabei, um viel Lärm gegen die „Feinde der Demokratie“ zu machen. Eine Teilnehmerin hielt die Genehmigung der AfD-Tagung durch die Stadtverwaltung für eine „Ohrfeige gegen die Demokratie“. „Die Stadt und die Justiz haben total versagt“ empörte sich ein älterer Demonstrant und fragte sich wütend, warum die Stadt Neustadt eine Veranstaltung von RassistInnen im Hambacher Schloss zulassen könnte.
Bunter und kraftvoller Demozug durch den Wald
Nach einer kurzen Auftaktkundgebung setze sich der Protestzug Richtung Hambacher Schloss in Bewegung. Die TeilnehmerInnen skandierten Parolen gegen den Rechtsruck und die rassistische Hetze der AfD. Es war ein bunter, lautstarker und kraftvoller Zug, der über die Schlossstraße durch den Wald zog. Die Schlossstraße verläuft parallel zum Freiheitspfad, auf dem 1832 die FreiheitskämpferInnen hoch zum Schloss zogen.
Auf dem Buswendeplatz unterhalb des Schlosses angekommen, schloss sich der Zug dem Protest an, der bereits begonnen hatte. Trotz der Absage der Antifa Rheinpfalz demonstrierten auch einige AntifaschistInnnen mit. Es war sehr laut auf dem Busparkplatz. Eine Mischung aus Musik, Trillerpfeifen, Vuvuzelas und Parolen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit empfing die AfD-Anhänger, die mit Shuttle-Bussen von einem geheim gehaltenen Treffpunkt aus zum Schloss und zurück gebracht worden waren.
Polizei schleust AfD-Anhänger durch den Gegenprotest
Die Polizei setzte ihre Kräfte ein, um einige TagungsteilnehmerInnen durch den Gegenprotest zu schleusen. Diese Aktion verstärkte jedes Mal den Protest gegen die AfD. Währenddessen durchsuchten Polizeikräfte den Wald um das Schloss. Sie wollten sicher gehen, dass die Tagung der AfD ungestört stattfinden konnte. Obwohl keine Gefahr von den DemonstrantInnen ausging, filmte die Polizei den Gegenprotest.
Protest gegen die AfD notwendig
Rüdiger Stein, Sprecher des Bündnisses gegen Rechts, machte in seinen Redebeiträgen klar, dass die AfD keine demokratische Partei sei. Sie schüre Ängste und fördere Ausgrenzung. Deshalb sei der Protest gegen sie notwendig. Er munterte die DemoteilnehmerInnen auf durchzuhalten. Denn die Tagung der AfD sollte bis 21 Uhr gehen – ebenso die Protestveranstaltung.
Die SPD Landtagsabgeordnete Giorgina Kazungu-Haß kritisierte das Verhalten der AfD im Landtag und warf ihr Boykott der parlamentarischen Arbeit vor. Die AfD wolle, so Kazungu-Haß, kein weltoffenes, kein buntes, kein helles Deutschland, sondern ein dunkles und schlechtes Deutschland. Die AfD sei das Gegenteil der Hambacher Demokratiebewegung.
AfD stilisiert sich als Interessenwalterin des Volkes
Unter dem Motto „Demokratie in der Pfalz“ begann die Tagung der rheinland-pfälzischen AfD mit rund 150 TeilnehmerInnen. Die Zahl der TeilnehmerInnen wuchs im Verlauf der Tagung bis in die Abendstunden auf circa 300 an. Neben den Mitgliedern der rheinland-pfälzischen AfD und weiteren Anhängern, war die Landtagsfraktion stark vertreten. Es war zu beobachten, dass Teilnehmer 12,50 Euro pro Person Eintritt bezahlten.
Oben im Schloss gab sich die AfD als einzige demokratische Partei, die sich für die Interessen des Volkes stark mache. Sie verglich sich mit der Hambacher Bewegung und rechtfertigte somit ihre Anwesenheit im Hambacher Schloss. Sie phantasierte von einer Revolution gegen die etablierten Altparteien.
AfD: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ und „Merkel muss weg“
Am Abend lobt der AfD-Landeschef Uwe Junge die Arbeit seiner Partei nach den ersten 100 Tagen im Mainzer Landtag. Der Islam gehöre nicht zu Deutschland, behauptete er, da diese Religion weder kulturell noch historisch hierher gehöre. Er kritisierte die Politik der Bundesregierung scharf und forderte den Rücktritt der Bundeskanzlerin. „Angela Merkel muss weg!“ fügte er hinzu.
Die AfD sei mit ihrem Grundsatzprogramm auf einem guten Weg so Junge. Er rief die Mitglieder dazu auf sich weiterhin zu engagieren und hart zu arbeiten. „Wir werden erst an dem Tag verschnaufen, an dem die Bundeskanzlerin Frauke Petry heißt“, rief Junge in den Saal.
Bis auf AfD-Provokationen und Eierwürfe friedlich
Die AfD Bundes-Sprecherin lobte ebenfalls die Arbeit der rheinland-pfälzischen AfD und griff Merkel wegen ihrer Flüchtlingspolitik scharf an. Mit Bezug auf die NSDAP-Zeit und die Jahre von 1933 bis 1945 betonte sie, dass diese zwölf Jahre wohl zum schwärzesten Kapitel der deutschen Geschichte zählten. Historiker würden dies jedoch wohl in den kommenden Jahren zu relativieren verstehen.
Insgesamt verliefen beide Veranstaltungen friedlich, trotz gezielter Provokationen einiger AfD-TeilnehmerInnen. Sie wurden unter anderem durch Eierwürfe quittiert. Die Polizei müsste mit ihrem Einsatz mehr als zufrieden gewesen sein.
siehe auch „Protest gegen AfD auf dem Hambacher Schloss“
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