Von Franziska Stier – Basel. Die Bezeichnungen „Nazi“ beziehungsweise „Nazischwein“ sind nicht ehrenrührig, wenn der betroffenen Person eine Nähe zum Nazitum nachgewiesen werden kann. Das entschied das Basler Strafgericht am Donnerstag, 3. November. Der Linksaktivist Jürgen Saalfrank hatte im März dieses Jahres eine Flyeraktion des Rechtspopulisten Eric Weber gestört. Er bezeichnete ihn als Nazi und machte PassantInnen auf das ideologische Gerüst Webers aufmerksam. Die couragierte Intervention Saalfranks endete mit polizeilicher Einvernahme und zunächst mit einem Strafbefehl.
In bekannter Politclownerie schilderte Weber während des Prozesses sein Erleben anders. Er berichtete, dass er von einer Frau erkannt wurde und diese antifaschistische Aktivisten zur Unterstützung holte. Mit Kampfjacke ausgerüstet – „das gehört zum Ritual“, so Weber – wurde er bedroht, verfolgt, sollte „gepackt werden“ und versteckte sich schließlich hinter einem Auto.
In der Gerichtsverhandlung betonte er, nicht als Nazi bezeichnet worden zu sein, sondern „dreimal als Nazischwein“. Aber er sei kein Schwein. Beklemmtes Gelächter brach in den Zuschauerreihen aus.
Auf diese Weise breitete er während der Verhandlung mehrere Nebenkriegsschauplätze aus, die einerseits für Amüsement sorgten, aber auch die Ideologie, aus der Weber handelt, verschleiern.
Weber verkauft sich als hilfloser Robin Hood
Mediale Aufmerksamkeit erhielten in der Vergangenheit weder seine antisemitischen oder rassistischen parlamentarischen Anfragen, noch seine Flyer, in denen sich beispielsweise nachlesen lässt, dass „Vergewaltigungen […] beinahe täglich statt[finden], 81 % durch Schwarze.“ Während Medien lediglich auf seine Rolle als Politclown, gern als Opfer staatlicher Willkür oder linksradikaler JournalistInnen reagierten, konnte er mit Angstrhetorik, absurden Zahlen und völkischer Ideologie Ängste in der Bevölkerung bedienen und festigen.
Auch die Gerichtsverhandlung nutzte er als Bühne. Er wirkte etwas hilflos, wenig kohärent und präsentierte sich als Querfröntler, der ebenso wie viele Linke für soziale Gerechtigkeit kämpft. Befreundet sei er gar mit einer bekannten Kommunistin. Sie stimmten politisch zu 85 Prozent überein. Nur in Fragen der Migration gebe es Differenzen. Er zeichnet das Bild eines hilflosen Robin Hood.
Bestens vernetzt in der rechten Szene
Doch sein Netzwerk sagt etwas anderes. Es erstreckt sich über ernstzunehmende Rechtsaußen bis hin zu faschistischen Strukturen. So unterhält Weber Kontakte zu Christoph Bauer (NPD Kreisvorsitzender Lörrach), Karl Richter (NPD und Bürgerinitiative Ausländerstopp München) sowie Sigrid Schüßler (Bundesvorsitzende des Rings nationaler Frauen, später Pegida), die auf Webers Einladung auch für eine gescheiterte Pegida-Kundgebung nach Basel reiste.
Mit diesen Kontakten eröffneten sich Weber auch Netzwerke in Untergrund- beziehungsweise verbotene Organisationen wie die Wikingjugend oder die ASD (Aktion sauberes Deutschland).
Angeblich arbeitet Weber als Journalist
Weber selbst gibt an, als Journalist zu arbeiten. Eine Fähigkeit, die man ihm erstmal nicht zutraut. Dennoch gibt es wenigstens eine gelegentliche Mitarbeit in „Der Schlesier“, „Junge Freiheit“ oder anderen nationalistischen Zeitungen, die Thesen zur „Umvolkung“ vertreten, wie Weber sie in einer Interpellation im Jahr 2014 formulierte.
Dort schreibt er: „… Die Ursache der gezielten, hoch verbrecherischen und scheinbar unaufhaltsam aufwachsenden Überfremdung liegt tatsächlich in einem Plan gewisser Hintergrundmächte weltweit mit Schwerpunkt Europa eine Mischbevölkerung zu schaffen, die mangels ausreichender schöpferischer Fähigkeiten leicht zu lenken ist. Gekoppelt ist die Umvolkung mit der Balkanisierung aller Staaten …“
„Jüngster und schönster Grossrat“
Auch Webers Vergangenheit lässt tief blicken. Der selbsternannt „jüngste und schönste Grossrat“, der bereits in den Achtziger ins Basler Kantonalparlament einzog, organisierte damals einen Teil der rechten Skinhead- und Naziszene, versuchte mutmaßlich ein Fest zu Ehren Adolf Hitlers am 20. April im Ratssaal zu organisieren und stürmte mit seinen Kameraden die Parlamentsbühne.
Wer 35 Jahre politisch aktiv ist und ein solches Netzwerk unterhält, ist mehr als nur ein „Politclown“. Hinter seiner Art zu politisieren steckt durchaus ein Ziel, und ganz erfolglos war er auch bei den diesjährigen Parlamentswahlen nicht. Zwar verlor er den Grossratssitz, und auch in die Regierung wird er nicht einziehen, aber er erhielt rund 3000 Stimmen. Darunter werden sich einige befinden, die weniger an seiner Clownerie und mehr an seiner Ideologie anschließen.
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