Von unseren ReporterInnen – Ludwigsburg. Der radikale “Erfurter Flügel” der AfD traf sich am Sonntag, 6. November, erstmals in Baden-Württemberg. Etwa 150 GegendemonstrantInnen folgten dem Aufruf des Bündnisses “Mut gegen Rechts Ludwigsburg” mit ÖkoLinX-Antirassistische Linke, Jusos Kreis Ludwigsburg und der Rot-Schwarzen Initiative. Unter dem Motto „Ludwigsburg bleibt bunt – Hetzern keinen Raum geben“ protestierten sie in Ludwigsburg-Hoheneck vor dem Restaurant „Krauthof“. Dort gab es seit längerer Zeit immer wieder Treffen der AfD und von Reichsbürgern.
Schon vor der geplanten Gegenveranstaltung waren am Vormittag um viertel vor zehn GegendemonstrantInnen vor Ort. Es kam zu zwei Verhaftungen – aus unserer Sicht völlig unerwartet. Eine unserer ReporterInnen erkundigte sich bei den Beamten nach dem Grund der Festnahme. Statt einer Antwort gab es nur rüde Zurechtweisungen von Seiten eines Polizisten. Er erklärte, das ginge uns nichts an. Dabei war klar, dass die Frage von einer PressevertreterIn kam.
Der „Erfurter Flügel“ ließ keine Presse zu
Die beiden Festgenommenen wurden durchsucht, und die Personalien wurden aufgenommen. Einer der beiden wurde zum Polizeirevier nach Ludwigsburg gebracht. Später teilte uns der Einsatzleiter Marcel Bischof mit, die Festnahme sei wegen eines „Delikts wegen Körperverletzung“ erfolgt.
Im Keller des „Krauthof“ waren keine Presse und keine Zuschauer zugelassen. Nur Gäste, die sich zuvor auf einer Liste eingetragen hatten, bekamen Zugang zu der Veranstaltung. Der Hauptredner Björn Höcke war an diesem Morgen nicht zu sehen. Er gilt als der Initiator der „Erfurter Erklärung“ Anfang 2015. Höcke wird dem völkischen Spektrum der AfD zugerechnet.
Björn Höcke gilt als AfD-Rechtsaußen
Von verschiedenen Seiten, teilweise auch innerhalb der AfD, wird ihm Mangel an Distanz zu rechtsextremen und völkischen Mitgliedern bescheinigt. Auch Positionen der NPD und der „Neuen Rechten“ mit ihrem nationalsozialistischem Gedankengut sind erkennbar. Es hieß, Höcke werde erst um 14 Uhr anreisen. Dass der allerdings sonst nicht so medienscheue Politiker unsichtbar blieb, lässt Raum für Spekulationen.
Zu der Gegendemonstration waren auch Anwohner aus Ludwigsburg und aus Hoheneck gekommen. Mehrfach äußerten sie sich darüber erstaunt, dass so wenige Nachbarn teilnähmen, obwohl es klar sei, dass „die da drinnen“ doch Rechte seien. Früher sei man gern in den „Krauthof“ gegangen. Aber seit dort regelmäßig solche Veranstaltungen stattfänden, bleibe man lieber weg. Auch seien mal Flyer in Hoheneck verteilt worden. Insgesamt wüssten wohl zu wenige in Ludwigsburg und Umgebung davon, was in dem Lokal laufe.
Neben AfD auch Reichsbürger Stammgast im „Krauthof“
Auch mehrere Mitglieder des Ludwigsburger Gemeinderats waren zu der Protestaktion gekommen. Sie äußerten ebenfalls Unverständnis, dass der „Krauthof“ rechten Gruppierungen immer wieder seine Räume zur Verfügung stelle. Stadtrat Oliver Kube berichtete, dass die AfD allein in diesem Jahr mindestens viermal hier getagt habe – den 6. November nicht mitgezählt. Referent sei zum Beispiel Moritz Brodbeck gewesen, der als führender Aktivist der rechtsradikalen „Identitären Bewegung“ gilt. An den Abenden der Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin feierte die AfD im Krauthof jeweils eine landesweite Wahlparty.
Die Reichsbürger-Gruppe „Primus inter pares“ habe sich dieses Jahr bereits sieben Mal im „Krauthof“ getroffen. Im Januar referierten sie über die „Umvolkung der BRD“ und die angeblich geplante „Vernichtung der weißen Rasse durch Flüchtlinge als Invasoren“. Mehrere Autos seien damals mit Reichskriegsflagge im Autokennzeichen vorgefahren, in einem der Autos lag eine verbotene Handschlagwaffe sichtbar herum, hieß es im Aufruf zur Protestveranstaltung. Wir berichteten von dem Treffen der Reichsbürger „Primus inter pares“ Anfangs des Jahres (siehe „Reichsbürger blieben dann doch unter sich„).
Polizei schickt AfD-Anhänger durch Gegendemonstration
Warum die Polizeibeamten am Sonntag, 6. November, trotz der angemeldeten Demonstration direkt vor dem Haus und einer weitläufigen Absperrung Teilnehmer der AFD-Veranstaltung mitten durch die Protestierenden laufen ließen, hat sich vielen nicht erschlossen. AfD-Anhänger drängten sich unsanft durch die Menge und provozierten durch ihr Verhalten. Die Polizei hätte sie auch außen herum führen oder gleich zum hinteren Zugang geleiten können. Der „Krauthof“ ist auch bequem über die Flattichstraße und Hackstraße zu erreichen, das dürfte auch der Polizei bekannt sein.
Bei einem Gespräch zwischen den Anmeldern der Gegendemonstration und den Beamten kam dann noch die Aufforderung, die Ordner der Gegendemo sollten doch gewährleisten, dass die Teilnehmer der AFD-Veranstaltung sicher an den Protestierenden vorbei gehen können.
Auch AfD-Stadtrat Eberhard Brett vor Ort
Auch der Stuttgarter AfD-Stadtrat Eberhard Brett, gegen den wegen „ungerechtfertigter Bereicherung aus seiner Anwaltstätigkeit“ ermittelt wird (siehe den Bericht der „Stuttgarter Nachrichten“ „Prozess gegen AfD-Stadtrat“ hatte sich mitten durch die Demonstranten geschoben und so Rangeleien provoziert.
Nach der Auflösung der Demonstration zog noch eine Gruppe DemonstrantInnen solidarisch vor das Polizeirevier Ludwigsburg, um auf den dort Inhaftierten zu warten. Er war aber kurz vor dem Eintreffen der Gruppe entlassen worden, obwohl er laut Polizei bis 17 Uhr hätte in Haft bleiben sollen.
Reichsbürger-Veranstaltung am 20. November laut „Krauthof“ abgesagt
Für den 20. November war oder ist die nächste Veranstaltung der Reichsbürger geplant. Der Homepage des „Krauthof“ zufolge wurde sie abgesagt. In der Vergangenheit gab es schon einmal Gerüchte, eine Reichsbürger-Veranstaltung sei abgesagt worden. Sie fand dann aber doch statt.
Die Rede von Oliver Kube vom Bündnis Mut gegen Rechts im Wortlaut:
„Heute tagt im Krauthof der sogenannte „Erfurter Flügel“ der Alternative für Deutschland. Dabei handelt es sich um den völkisch-rassistischen Flügel um Björn Höcke, der sogar für AfD-Verhältnisse sehr weit rechts steht. Höcke selbst wird heute laut Ankündigung „Klartext sprechen“. Was das bedeutet, dürfte mittlerweile jeder begriffen haben außer Peter Kraut: Rassistische Hetze, kombiniert mit kruden Verschwörungstheorien.#
Letzte Woche bekannte sich der Krauthof in einer Stellungnahme offiziell dazu, dass die AfD und auch Björn Höcke weiterhin willkommen seien. Unter dem Vorwand der Toleranz und Meinungsfreiheit bietet der Krauthof rechten Hetzern schon seit längerem eine Plattform. Allein dieses Jahr tagte die AfD hier mindestens vier Mal – heute nicht mitgezählt. Referent war zum Beispiel Moritz Brodbeck, der als führender Aktivist der rechtsradikalen „Identitären Bewegung“ gilt. An den Abenden der Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin feierte die AfD im Krauthof jeweils eine bawü-weite Wahlparty.
Die Reichsbürger-Gruppe „Primus inter pares“ traf sich dieses Jahr bereits sieben Mal im Krauthof. Im Januar referierten sie über die „Umvolkung der BRD“ und die angeblich geplante „Vernichtung der weißen Rasse durch Flüchtlinge als Invasoren“. Mehrere Autos sind damals mit Reichskriegsflaggen im Autokennzeichen vorgefahren, in einem der Autos lag eine verbotene Handschlagwaffe sichtbar herum. Kraut sagte dazu, es ginge ihn nichts an, was hinter verschlossenen Türen passiert, so lange die Leute bezahlen.
Eine Chronik der rechten Veranstaltungen findet ihr am Infotisch. Auch für den 20. November war eine Veranstaltung der Reichsbürger angekündigt. Diese sagte der Krauthof erst als Reaktion auf unsere Gegenmobilisierung ab. Allerdings ist diese Information mit Vorsicht zu genießen: Es gab schonmal Informationen über angebliche Absagen und dann waren die Reichsbürger trotzdem da.
Falls der Krauthof den Reichsbürgern wirklich abgesagt haben sollte, werden wir uns damit nicht zufrieden geben, denn Höcke und Co. gehören genauso wenig nach Ludwigsburg wie die Reichsbürger. In der Ludwigsburger Kreiszeitung jammerte Peter Kraut über die bösen Gegendemonstranten. Er würde gar nicht verstehen, was wir von ihm wollen und wir sollen ihn doch einfach in Ruhe lassen. Dabei ist es ganz einfach: Wir wollen, dass er rechten Hetzern keinen Raum mehr bietet. Dann – NUR dann – lassen wir ihn in Ruhe.
Denn wer Nazis und Rechtspopulisten unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit eine Plattform bietet, rollt ihnen den braunen Teppich aus und ist mitverantwortlich für den gesellschaftlichen Rechtsruck. Wenn er das nicht versteht, dann soll er mal einen Blick in ein Geschichtsbuch werfen. Es liegt bei ihm: Will er zu denen gehören, die doch noch zur Vernunft kommen oder will er zu denen gehören, die wissend wegschauen und hinterher von nichts gewusst haben wollen? Wir werden nicht zulassen, dass Ludwigsburg sich zu einem überregionalen Anlaufpunkt für Nazis und andere rechte Hetzer entwickelt. Deshalb werden wir weiter Druck machen, so lange die AfD im Krauthof willkommen ist. Wir rufen alle Ludwigsburgerinnen und Ludwigsburger dazu auf, sich an den Protesten zu beteiligen.“
Weitere Unterstützer der Kundgebung:
Linksjugend (´solid) Stuttgart
No Pegida Stuttgart
Demokratisches Zentrum Ludwigsburg
Libertäres Bündnis Ludwigsburg
Antifaschsitisches Aktionsbündnis Stuttgart und Region
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