Kommentar von Ferry Ungar – Das SWR Fernsehen berichtete am Donnerstag, 8. Dezember, über die aktuellen Göppinger Neonaziprobleme. Es berichtete auch über eine antifaschistische Kundgebung vom vergangenen Samstag, 3. Dezember, in der Göppinger Innenstadt. In jüngster Vergangenheit wurden mehrere Göppinger Bürger Opfer von Anschlägen, die sich gegen Neonazis engagieren. Zu Wort kamen Betroffene, der Göppinger Landtagsabgeordnete der Grünen Alex Maier und der Oberbürgermeister Guido Till von der CDU. Soweit so gut.
Till erzählt von einem Auftritt der Neonazis (wir berichteten). Drei oder vier Leute seien durch die Stadt gelaufen und hätten da die „Bürgerwehr gespielt“. Hört sich so an, als hätten da ein paar Halbwüchsige auf der Straße gesandelt. Was bezweckt dieses Stadtoberhaupt mit dieser Verharmlosung?
„Ich bin ja auch beunruhigt“
Auch der Landtagsabgeordnete Alex Maier von den Grünen kommt im SWR-Beitrag zu Wort: „Ich bin ja auch beunruhigt“. Soso, beunruhigt ist er also, der Mann von den Grünen, der auch schon Morddrohungen von Neonazis erhielt. Der muss ja nun wirklich wissen, wie es sich anfühlt, wenn man von diesen Faschisten bedroht wird. Aber dieses Wissen hat offenbar nicht ausgereicht, um zur Kundgebung gegen diese braune Bedrohung aufzurufen und sich persönlich daran zu beteiligen. Soweit geht sein antifaschistische Engagement nun doch nicht. Maier „möchte das auch nicht haben“, was die Neonazis da in Göppingen machen. Das ist schön. Nur vom „nicht wollen“ wird sich leider nichts ändern.
Bei einer Kundgebung der Neonazis vom „Dritten Weg“ am 1. Juli diesen Jahres in der Göppinger Innenstadt (siehe „Polizei schützt rechte Kundgebung„) diskutierte er mit den Neonazis. Ist das sein Beitrag im Kampf gegen diese Faschisten?
Früher war er der Vorsitzende des Vereins „Kreis Göppingen nazifrei“ (KGN). Warum hat sich dieser Verein, der ja für ein nazifreies Göppingen stehen will, nicht an der Kundgebung beteiligt? Zu viel Aufwand, oder was? Was unternimmt dieser Verein eigentlich aktuell gegen die braune Brut in Göppingen?
Faschisten nicht verharmlosen
Der Dritte Weg ist eine rechtsextremistische Neonazi-Kleinstpartei. In Göppingen hervorgegangen aus der ehemaligen – zwischenzeitlich verbotenen (wir berichteten) – Gruppierung Autonome Nationalisten Göppingen (ANGP). Das sind keine spielenden Kinder, das sind Neonazis, die einen nationalsozialistischen Staat errichten wollen. Das sind Faschisten! Hatten die Herren Till und Maier keinen Geschichtsunterricht?
Tills Extremismusgequatsche
Till schreckt auch nicht davor zurück, links und rechts in einem Atemzug zu nennen. Da werden AntifaschistInnen mit Neonazis gleichgesetzt. Ein widerliches Extremismusgequatsche, mit dem sich dieser CDU-Mann absolut disqualifiziert: „Alle die, die meinen, dass sie in Göppingen extremistisches Gedankengut verbreiten können, denen werden wir rigide und in aller Deutlichkeit entgegentreten“. Der SWR fragte Herrn Till nach dem „wie“. Seine Antwort darauf eine Offenbarung: „Zum Beispiel durch Polizeimaßnahmen, durch Aufklärungsmaßnahmen, durch rigide Maßnahmen bei Demonstrationen, et cetera pp“.
Wo war Till am vergangenen Samstag? Wo war der Göppinger Gemeinderat? Warum hat Till nicht zur Teilnahme an der Kundgebung gegen die Neonazis aufgerufen? Till hat entweder keine Ahnung vom Kampf gegen Neonazis, oder wie ich vermute – und was noch schlimmer wäre, er will gar nichts gegen Neonazis unternehmen. Wie anders wäre sein bisheriges Verhalten auch sonst erklärbar?
Wer ist denn für die Ereignisse bei den bisherigen Neonaziaufmärschen in Göppingen verantwortlich? Wer stellte die öffentlichen Busse für die Teilnehmer einer Neonazidemonstration zur Verfügung? Wer ließ die Dixi-Klos für die braunen Pinkler aufstellen? Wer ist dafür verantwortlich, dass die Neonazis Polizeischutz erhielten und NazigegnerInnen zusammengeknüppelt und kriminalisiert wurden und werden? Ich kenne die Antwort. Und Till kennt sie auch!
Wer stellte sich bisher dem braunen Pack in den Weg? War das der Herr OB Till? Ganz sicher nicht. Der spielt hier lieber den unerbittlichen Kämpfer gegen Extremismus. Was er darunter versteht, haben die letzten Jahre sehr deutlich gezeigt. Bei einem solchen OB braucht sich keine Göppingerin und kein Göppinger über „ihr“ Naziproblem zu wundern.
Tills Politik: Roter Teppich für Neonazis – massive Polizeigewalt gegen Nazigegner
Till spricht von „rigiden Maßnahmen bei Demonstrationen“. Was das für ihn bedeutet, konnte man bei den bisherigen Neonaziaufmärschen sehen. Roter Teppich für Neonazis – massive Polizeigewalt gegen Nazigegner. Das ist Tills Politik. Und daran wird sich vermutlich auch absolut nichts ändern.
Den braunen Spuk beenden
Der braune Spuk in Göppingen und Umgebung kann nur mit einer breiten zivilgesellschaftlichen Gegenbewegung beendet werden. Nur dann werden diese Faschisten wieder in ihren Erdlöchern verschwinden. Natürlich werden sie sich nicht in Luft auflösen. Aber sie werden sich dann nicht mehr erlauben, öffentlich aufzutreten. Und das wäre ja schon mal viel. Ich appelliere an alle Menschen mit einer antifaschistischen Grundhaltung: Stellen Sie sich den Neonazis entgegen! Nur wir alle gemeinsam sind in der Lage, diese neonazistischen Machenschaften zu beenden. Denn es gibt kein Recht auf Nazipropaganda, und Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.
In diesem Sinne:
Man sieht sich… auf der Straße! 😉
Euer
Ferry Ungar
Anmerkung der Redaktion: Der SWR-Beitrag kann hier angesehen werden.
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