Von Meide Wolt – Stuttgart. Die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg plant, wieder Studiengebühren einzuführen – zunächst nur für Studierende aus dem Ausland und für Studierende eines zweiten Studiengangs. Um dagegen zu demonstrieren, versammelten sich hunderte Menschen aus zahlreichen Städten am Freitag, 13. Januar, vor dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Stuttgart.
Mehrere RednerInnen bezeichnete die geplanten Studiengebühren als ausgrenzende und rassistische Gesetzgebung, auf die letztlich die Wiedereinführung allgemeiner Studiengebühren folgen werde. Im Anschluss an die Kundgebung zogen die DemonstrantInnen spontan über die Königsstraße zum Hauptbahnhof.
Erfolge werden zunichte gemacht
Schon von 2007 bis 2011 gab es in Baden-Württemberg Studiengebühren. Nach zahlreichen Protesten wurden diese von der damals neugewählten Landesregierung (Grüne/SPD) zurückgenommen. “Zwischen 15 000 und 20 000 Menschen waren in dieser Zeit auf der Straße”, erinnert sich Oliver Kube, Student und Stadtrat aus Ludwigsburg.
“Erfolge waren die Abschaffung der Studiengebühren und teilweise Rücknahme der G8-Schulen”, so Kube zu den 450 DemonstrantInnen auf dem Kronprinzenplatz. Um das Gesetz zu verhindern, werde man den Protest erhöhen müssen: “Es nutzt nichts, lange mit der Landesregierung zu verhandeln. Die wissen schon, dass wir dagegen sind, die haben nur andere Interessen”, erklärte Kube.
Sparzwang ist hausgemacht
“Bildung und Solidarität kennt keine Nationalität!” bekräftigte Cendrese Sadiku vom Landesverband der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW). “Die Landesregierung verweist auf notwendige Sparzwänge – 48 Milionen Euro soll das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst einsparen. Dabei werden diese erst durch die Haushaltsplanung geschaffen und sind keinesfalls alternativlos.”
Weiter machte sie deutlich: “Wer Internationalisierung fordert, kann nicht gleichzeitig Gebühren von internationalen Studierenden verlangen!”
SPD fürchtet allgemeine Wiedereinführung
An einem sogenannten “offenen Mikrofon”, bei dem alle TeilnehmerInnen ins Mikrofon sprechen dürfen, die möchten und können, bewarben Studierende der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart eine Aktions- und Protestwoche gegen die geplante Einführung von Studiengebühren. Beginn ist der 16. Januar in der Akademie der Bildenen Künste Stuttgart, Am Weißenhof 1.
Andreas Stoch von der Sozialdemokratischen Partei Deutschland (SPD) und ehemaliger Kultusminister sagte: “Ich bin stolz, dass die vorherige Regierung die Studiengebühren abgeschafft hat”. “Das neue Gesetz wird die Wiedereinführung für allgemeine Studiengebühren sein. Baden-Württemberg darf nicht die Quelle für Studiengebühren in der Bundesrepublik werden”, so Stoch weiter. Schon 2011 hätten sich die Grünen gegen die Abschaffung gesträubt, gab Stoch an. “Das Denken ist sehr elitär, das hat man da schon gemerkt”.
Studiengebühren sind eine zusätzliche Hürde
Studiengebühren stellten eine zusätzliche Hürde für einen zweiten Studiengang und für Studierende aus dem Ausland da, sagte Isabella Albert von der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall). Gerade diese Studierenden haben schon jetzt keinen Anspruch auf finanzielle Mittel aus dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BaföG).
“Internationale Studierende bringen neue Perspektiven und die Chance, andere Kulturen und Weltanschauungen kennenzulernen, zu Deutschen, die nicht ihr Zuhause verlassen” beschreibt Nicole Lee vom Agricultural International Master’s Students (AIMS) ihre Erfahrung. “Viele meiner Kommilitonen aus Deutschland haben zum Ausdruck gebracht, dass dies eine unschätzbar wertvolle Möglichkeit für sie ist”.
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Im Ministerium abgespeist
Während vor dem Ministerium zahlreiche weitere RednerInnen sprachen, wurde im Ministerium mit Kontaktleuten von Ministerin Theresia Bauer (Grüne) gesprochen. Ein Mitarbeiter ließ verlauten: “Wir haben auf der anderen Seite Physiotherapeuten, die zahlen das doppelte als die ausländischen Studierenden” und weiter: “Das sollte wohl alles umsonst sein, wie soll man das finanzieren?”.
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Im Anschluss an die Kundgebung zogen die verbliebenen 200 DemonstrantInnen vom Kronprinzenplatz mit Parolen zunächst über die Königsstraße. In einem Labyrinthlauf aus Staßensperrungen durch Polizeikräfte verlief die Demonstration dann ein Stück über die Theodor-Heuss-Straße, weiter auf die Königsstraße und löste sich schließlich in der Lautenschlagerstraße am Hauptbahnhof auf.
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