Von Tape Lago und Christian Ratz – Frankfurt. In der Frankfurter Innenstadt demonstrierten am Samstag, 7. Januar über 2000 Hindus, Sikhs und UnterstützerInnen gegen die Abschiebung von Geflüchteten und Menschen in Not nach Afghanistan. Bei dieser Massenversammlung, die von der Hessischen Linkspartei unterstützt wurde, ging es darum, ein starkes Zeichnen gegen die Abschiebepraxis der Bundesregierung zu setzen. Afghanistan, so alle Demonstranten, sei nicht sicher. Die Polizei war vor Ort mit starken Kräften um die Demonstration zu begleiten und die Innenstadt zu sichern.
Nach der Sammelabschiebung von abgelehnten Asylbewerbern am 14. Dezember am Frankfurter Flughafen war für den 7. Januar eine zweite „Welle“ geplant. Doch sie fand nicht statt, weil die Stadt Frankfurt offenbar neuen Protesten aus dem Weg gehen wollte.
Hindus und Sikhs in Afghanistan diskriminiert
Die Hindus und Sikhs aus Afghanistan sind eine religiöse Minderheit. In den 80er Jahren lebten schätzungsweise 222 000 Hindus und Sikhs in Afghanistan. Ihre Zahl sank in den vergangen Jahren drastisch. Heute leben wohl nur noch etwa 1350 Hindus und Sikhs in dem Land. Sie werden in nahezu allen Lebensbereichen benachteiligt und diskriminieren. Die Religionsfreiheit wird in Afghanistan in der Praxis nicht umgesetzt. So können Hindus und Sikhs die Feuerbestattung kaum ohne gewaltsamen Widerstand verrichten.
Hindu- und Sikh-Frauen müssen gegen ihre religiösen Vorstellungen und ihren Glauben die Burka tragen. Die gestiegene Intoleranz gegenüber religiösen Minderheiten gefährdet das Leben der Hindus und Sikhs in Afghanistan. In zahlreichen Fällen wurde Wohn- und Geschäftseigentum der Hindus und Sikhs in Afghanistan gewaltsam enteignet. Der afghanische Staat sei bislang noch nicht gegen die unrechtsmäßigen Enteignungen vorgegangen. Somit fehle vielen eine Grundlage, um eine sichere Existenz aufzubauen.
Katastrophale Sicherheitslage in Afghanistan
Die wenigen verbliebenen Hindus und Sikhs in Afghanistan seien in Tempelanlagen untergebracht, die sie kaum verlassen, da sie immer wieder Opfer von gewaltsamen Übergriffen werden. Hindu- und Sikhs-Kinder werden besonders benachteiligt. Sie können aus Angst vor Angriffen und Belästigungen keine staatlichen Schulen besuchen. Infolgedessen hätten sie kein Recht auf Bildung.
Die Lage im gesamten Land sei nicht sicher. Laut UN-Unterstützungskommission für Afghanistan (UNAMA) sei die Zahl der zivilen Opfer gestiegen und habe 2015 ein Rekordniveau erreicht. Auch im Jahr 2016 haben Taliban-Milizen zahlreiche Anschläge auf Hindus und Sikhs ausgeübt. Der katastrophalen Sicherheitslage wegen und wegen der unwürdigen und lebensbedrohlichen Situation, mit der die Hindus und Sikhs in Afghanistan konfrontiert seien, hält die in Deutschland lebende Minderheit Abschiebungen in das Krisenland für menschenverachtend.
Forderung: Sofortiger Abschiebestopp
Bei der Demonstration, die am Samstagsnachmittag am Opernplatz startete, erklärte Jaganath Gardezi, der Vorsitzende des Frankfurter Hinduvereins, dass die Hindus und Sikhs nicht aus finanziellen Gründen fliehen müssen, sondern aus der Furcht vor Verfolgung. Gardezi forderte die Politik auf, sich endlich mit der Wirklichkeit in Afghanistan auseinanderzusetzen.
Auch die Fraktionsvorsitzende der Linken im hessischen Landtag, Janine Wissler, forderte einen sofortigen Abschiebestopp und ein Bleiberecht für alle: „Afghanistan ist für niemanden sicher.“ Jemanden dorthin zu bringen sei, so Wissler „unverantwortlich“ und „unmenschlich“. Abschiebungen könnten keine Antwort sein auf Rassismus und Rechtspopulismus, betonte sie.
Andere RednerInnen kritisierten die Abschiebepraxis der Bundesregierung und forderten ebenfalls einen Abschiebestopp nach Afghanistan. Nach der Auftaktkundgebung, zog der lautstarke Demonstrationszug durch die Innenstadt über die Freßgass und die Hauptwache und endete wieder am Opernplatz. Insgesamt verlief die Veranstaltung friedlich.
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