Von unseren ReporterInnen – Karlsruhe. Das neue Jahr hat gerade erst begonnen, und schon wurde Karlsruhe am Samstag, 14. Januar, wieder Schauplatz eines Neonnazi-Aufmarschs. Rund 60 Personen aus dem extremen rechten Spektrum trafen sich nachmittags auf dem Stephanplatz. Über 150 engagierte GegendemonstrantInnen trotzten der Kälte und stellten sich der Hetze entgegen.
Eine Stunde vor Beginn der rechten Veranstaltung begann die Gegenkundgebung mir Reden des OAT (Offenen Antifaschistischen Treffens) Karlsruhe, der „Falken“ und der Interventionistischen Linken. Alle sprachen von der Ignoranz der Stadt Karlsruhe gegenüber den rechten Aufmärschen und vom drohenden „Tag der deutschen Zukunft“ am 3. Juni in Karlsruhe. Besonders die „Falken“ und das „OAT“ machten auch auf einen mutmaßlich rechten Anschlag auf ihre Räumlichkeiten in der Südstadt aufmerksam.
Als die Gruppierung „Karlsruhe wehrt sich“ rund um ihre Chefin Ester Seitz mit ihren Reden begann, verlagerte sich das Geschehen an die Absperrgitter. Dort lärmten die Gegendemonstranten mit Pfeifen, Tröten und Sprechchören. Außerdem wurde der Platz mit Musik beschallt, sodass die rassistische Hetze vollends an den Absperrgittern abgefangen wurde.
Neonazis mit absolutem Realitätsverlust
Für Verwirrung sorgte eine Kuba-Flagge, auf der das Porträt des marxistischen Revolutionärs und Guerillaführer Ernesto Che Guevara zu sehen war. Ein Zeichen für den vorhandenen Realitätsverlust der Neonaziszene.
Nach rund einer Stunde machten sich die rechten Hetzer bereit für ihre Demonstration. Auf der Gegenseite machten sich ebenfalls rund 50 AntifaschistInnen bereit, die Nazis entlang der Route zu begleiten. So zog die Spontandemonstration über die belebte Kaiserstraße. Mit Parolen wurde auf das akute Nazi-Problem in der Stadt aufmerksam gemacht.
Viel Luft um nichts
Währenddessen liefen die Neonazis abgeschirmt durch die Polizei durch Seitenstraßen hin zur Zwischenkundgebung vor die Staatsanwaltschaft Karlsruhe. Eine Strecke von nur knapp 600 Metern. Dort angekommen trafen Rechte und GegendemonstrantInnen nur getrennt durch einen Transporter der Polizei aufeinander. Die Polizeibeamten begannen sofort, die Helme aufzusetzen und sich auf eine etwaige Konfrontation vorzubereiten. Sie hielten sich aber ansonsten zurück.
Nach einigen Minuten und den kurzen Reden – eine von einer „besorgten Bürgerin“ – machten die Rechten kehrt und liefen denselben Weg zurück. Wieder auf dem Stephanplatz angekommen, beendete Ester Seitz die Kundgebung mit dem Abspielen der Deutschen Nationalhymne.
AfD reiht sich ins extrem rechte Spektrum ein
Diverse rechte und rechtsradikale Gruppierungen aus ganz Baden-Württemberg hatten für die Demonstration mobilisiert, waren jedoch teilweise selbst gar nicht anwesend. Dies zeigt das Mobilisierungspotential rund um Ester Seitz. Auch mit ihren Rednern konnte sie ihre Anhänger nicht begeistern. Nur wenig Applaus war zu vernehmen, auch verließen bis zur Abschlusskundgebung etwa 20 Personen die Veranstaltung. Das macht rund ein Drittel der Teilnehmer aus.
Erstmalig hatte auch die AfD Ettlingen für die Veranstaltung geworben. Sie stellte sich damit auf eine Ebene mit der Partei „Die Rechte“, deren Mitglieder zum festen Teilnehmerfeld gehören. Auch Sprechchöre wie „Frei, sozial und national“ schienen für diese AfD-Mitglieder kein Problem darzustellen.
Unser Kommentar: Der Begriff „Rechtspopulisten“ verharmlost
Angesichts dieser eindeutigen rechtsradikalen Ausrichtung von „Karlsruhe wehrt sich“ ist es ungemein fahrlässig, dass lokale Medien noch immer von „Rechtspopulisten“ sprechen, anstatt die Neonazis klar zu benennen.
Für den 11. Februar ist bereits die nächste Kundgebung von „Karlsruhe wehrt sich“ angekündigt.
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