Göppingen. Radikale Rechte haben den Foto- und Videojournalisten Andreas Scheffel aus Göppingen, Mitglied des Redaktionsteams der Beobachter News, schon lange im Visier. Vermutlich sind Neonazis aus dem Kreis Göppingen dafür verantwortlich, dass in der Nacht zu Freitag, 3. Februar, mit einem Stein am Wohnhaus des Journalisten eine Fensterscheibe eingeworfen wurde.
Göppingen diene nicht nur seit Jahren als Rückzugsraum für ehemalige Rädelsführer der inzwischen verbotenen „Autonomen Nationalisten Göppingen“ (ANGP), die sich mittlerweile im „dritten Weg“ sammelten. In der schwäbischen Kleinstadt gebe es auch menschenverachtende Kundgebungen und Taten, so Andreas Scheffel. Der Journalist berichtet seit Jahren über Demonstrationen und Veranstaltungen, kennt sich mit den politischen Lagern aus.
Familie nachts aus dem Schlaf gerissen
Scheffel befand sich zur Tatzeit außer Hauses. Er wurde von seiner Lebensgefährtin kurz nach Mitternacht über den Anschlag informiert. Kurze Zeit später traf er an seinem Wohnsitz ein. Polizeibeamte waren vor Ort und sicherten Spuren. Zum Schaden im und am Haus wollte Scheffel der Ermittlungen wegen keine weiteren Angaben im Interview machen.
Stetig steigende Gewalt von Neonazis
In Göppingen beobachtet Scheffel zunehmende nationalistische Gewalt. Nachdem der Bundesgerichtshof die Urteile gegen Rädelsführer der ANGP aufgehoben hat, sei die Stadt wieder zum Sammelplatz der rechten Szene geworden. Ihre Aktivitäten richteten sich gegen Menschen aus Krisengebieten, die vor Krieg und Verfolgung geflohen sind, gegen Andersdenkende und auch gegen den Oberbürgermeister.
Kritik an Land und Stadt
Der Journalist kritisiert aber auch den Göppinger Oberbürgermeister Guido Till und die Fraktionen im Gemeinderat, von denen er eine klarere Position erwartet. Erst am Donnerstag tagte der „Runde Tisch gegen Extremismus“ mit Vertretern der Fraktionen und der Initiative „Kreis Göppingen nazifrei“ unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Scheffel würde sich wünschen, dass die Beteiligten entschiedener gegen nationalistische Umtriebe Stellung bezögen. Bisher würden BürgerInnen, die sich den Rechten entgegenstellen, mit ihnen in einen „Topf des Extremismus“ geworfen. Der Journalist findet es auch kläglich, das sie unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagten, wo doch die BürgerInnen mit ins Boot genommen gehörten. Diese Haltung sei kontraproduktiv.
Verfassungsschutz: Überschneidungen von ANGP und „drittem Weg“
Frank Dittrich vom Landesamt für Verfassungsschutz ordnete in einer Sendung des SWR im November den „dritten Weg“ als nationalistisch und verfassungsfeindlich ein. Er zeige Bestrebungen, die mit den Grundwerten nicht in Einklang zu bringen seien, propagiere etwa ein rassistisches und fremdenfeindliches Weltbild. Überdies gebe es personelle Überschneidungen zwischen ANGP und dem „dritten Weg“. Dieser Personenkreis agiere auch nach dem Verbot weiter.
Journalist lässt sich nicht entmutigen
Scheffel zeigt sich entschlossen, unberührt von den Anschlägen weiter seiner Arbeit nachzugehen und über die politischen Lager auf Demonstrationen und bei Veranstaltungen zu berichten. Er betrachtet es jetzt als um so wichtiger, die Öffentlichkeit wahrheitsgemäß zu informieren.
VERANSTALTUNGSHINWEIS:
Göppingen hat ein Naziproblem!
Samstag, 4. Februar 2017
Kundgebungstour
– 9.30 Uhr, Göppingen Rathausplatz
– 11 Uhr, Uhingen Uditorium
– 13 Uhr, Ebersbach Bahnhofsvorplatz
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