Von unseren ReporterInnen – Bingen. Gegen den Parteitag der rheinland-pfälzischen AfD demonstrierten am Samstag, 4. März, gut 60 AntifaschistInnen durch die Innenstadt und vor dem Rheintal-Kongresszentrum. Zu der kleinen, aber hörbaren Demonstration hatten „Die Gutmenschliche Aktion Mainz“, die Antifa Rheinpfalz und die neugegründete Linksjugend Solid – Bingen am Rhein aufgerufen. Unter dem Motto „Für eine solidarische Gesellschaft – gegen den Landesparteitag der AfD Rheinland-Pfalz“ gelang es den AfD-GegnerInnen, die Öffentlichkeit und Bevölkerung über den Rechtsruck und den wachsenden Rassismus in Deutschland aufmerksam zu machen.
Das Ziel der Antifaschistinnen, die sich dem Landesparteitag der AfD entgegenstellten, war dieses Mal ein anderes als sonst. Anders als bei den Protesten gegen den Kongress der rechtspopulistischen ENF „Europa der Nationen und der Freiheit“ (siehe „Starker Schulterschluss gegen den Rechtsruck“) wollten die AntifaschistInnen aus Mainz, Koblenz, Bingen und andere Städten vor allem die Öffentlichkeit und die Bevölkerung erreichen. Deshalb der Protestmarsch durch die Stadt.
Weniger AfD, mehr Antifaschismus
„Ob Pegida oder AfD, stoppt den Rechtsruck in der BRD! AfD Rassistenpack, wir haben Euch zum Kotzen satt! Bleiberecht für alle, jetzt sofort! Abschiebung ist Mord!“ – Mit diesen Sprechchören startete die Antifa-Demo nachmittags am Binger Stadtbahnhof. Sie weckte sofort die Aufmerksamkeit der BürgerInnen in der Innenstadt. Einige zeigten ihre Solidarität mit den Demonstrierenden. „Ich finde es gut, dass diese junge Menschen gegen die AfD, Rassismus und für Geflüchtete auf die Straße gehen. Weniger AfD und mehr Antifaschismus braucht das Land“, sagte eine Bingerin mit Blick auf die Verbrechen der Nazizeit.
Bei der Zwischenkundgebung in der Innenstadt warf der Sprecher der Mainzer Antifa der AfD Rassismus vor. Er machte sie für die Übergriffe auf Geflüchtete und ihre Unterkünfte verantwortlich und warb für eine solidarische Gesellschaft ohne Ausgrenzung. Tupac Orellana, Fraktionsgeschäftsführer der Linken in Mainz, lobte den antifaschistischen Protestmarsch. Er fand es bedauerlich, dass der AfD-Parteitag nicht verhindert werden konnte.
Mehr Widerstand gegen die AfD notwendig
Orellana bezeichnete die Partei von Frauke Petry nicht nur als rassistisch, sondern als Partei der Reichen, großen Unternehmen und des Kapitals. Für sie wolle die AfD einen Kampf der Kulturen und Religionen, der womöglich zu Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen führen könne. Deshalb müsse sie unbedingt sofort gestoppt werden. „Es darf nirgendwo, keine Parteitage der AfD ohne Widerstand geben“, rief Orellana. Überall, wo die AfD auftritt, sollte es Gegenproteste geben, betonte er. Zudem rief er zu mehr Widerstand gegen die Rechtsaußen-Partei auf.
Daraufhin skandierten die AntifaschistInnen mehrmals im Chor: „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda, es gibt kein Recht auf Nazipropaganda.“ Danach zog der Demonstrationszug weiter Richtung Rheintal-Kongresszentrum, wo die AfD bereits tagte. Dort fand die Abschlusskundgebung unter starker Polizeibeobachtung statt. Der Abschlussredner der Antifa machte deutlich, wie wichtig der Kampf gegen Rechts sei. Er forderte mehr Solidarität mit allen Menschen, die von Ausgrenzung betroffen sind. Er rief zum radikalen Widerstand gegen Rechte auf.
Im Anschluss daran löste sich die Antifa-Demonstration auf. Am Sonntag demonstrierte die Linksjugend Solid – Bingen am Rhein nochmal vor dem Rheintal-Kongresszentrum, um ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen und die AfD zu stören. Bei dem Parteitag war der interne Konflikt zwischen Frauke Petry und Björn Höcke zu spüren. Die mehr als 400 anwesenden Stimmberechtigten wählten den Vorsitzenden der AfD Mainz, Sebastian Münzenmaier, zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl 2017.
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Unser Kommentar:
Der Kampf gegen Rassismus braucht mehr Geschlossenheit
Wie kann man der AfD künftig zeigen, dass sie in Bingen unerwünscht ist? Bei den Protesten gegen den AfD-Landesparteitag war zu beobachten, dass die GegnerInnen der Partei wieder mal getrennt auf die Straße gingen. Die AntifaschistInnen taten, was sie tun konnten, und trugen ihren Protest durch die Innenstadt. Sie demonstrierten lautstark gegen die rassistische Ausgrenzungspolitik der AfD und konnten somit die Öffentlichkeit erreichen.
Das bürgerliche Lager, das aus Zivilgesellschaft, Parteien und Gewerkschaften besteht, demonstrierte am Samstagvormittag vor dem Rheintal-Kongresszentrum und konnte rund 100 TeilnehmerInnen mobilisieren. Überraschend war, dass die gemeinsame Demonstration der SPD, der Linken, der Grünen und des DGB nur eine knappe Stunde dauerte. Obwohl der AfD-Parteitag in Bingen für zwei Tage geplant war, fand das bürgerliche Lager nur eine Stunde Zeit, um gegen ihn zu demonstrieren.
Hatte die Binger Zivilgesellschaft, hatten Parteien und Gewerkschaften keine Lust auf Protest? Bei solchen Parteitagen werden gewöhnlich eintägige bis mehrtägige Gegendemonstrationen geplant. Warum klappte das in Bingen wieder nicht?
Die rheinland-pfälzische AfD hatte am vergangenen Wochenende ein leichtes Spiel. Die Polizei wandelte vor Beginn des Parteitags das Rheintal-Kongresszentrum in eine Festung um. Dabei bekamen BeobachterInnen der Tagung den Eindruck, dass sich die AfD in Bingen etablieren könnte. Was natürlich für viele Menschen nicht hinnehmbar wäre.
Wie also vorgehen künftig gegen Versammlungen der AfD? Mit dieser Frage sollten sich die Binger SPD, Die Linke, die Grünen und der DGB beschäftigen. Damit sie beim nächsten Landesparteitag der AfD – womöglich im Rheintal-Kongresszentrum – einen geschlossenen und breiten antifaschistischen Prostest auf die Beine stellen können. Nach dem Motto „Nie wieder Faschismus!“.
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