Von Angela Berger – Stuttgart. Zum 18. März versammelten sich über 45 AktivistInnen vor der JVA (Justizvollzugsanstalt) Stuttgart-Stammheim, um den „Kampftag für die Freilassung aller politischen Gefangenen“ zu begehen. Seit den neunziger Jahren wird dieser als Tag den politischen Gefangenen im In- und Ausland gewidmet. Mit Ansprachen und Musik wollten die Menschen auf den Straßen Stammheims an diesem Samstagnachmittag aus politischen Gründen Inhaftierten zeigen, dass sie „nicht alleine und nicht vergessen“ sind.
In den Reden des AKS (Arbeitskreises Solidarität), einem Grußwort von Thomas Mayer Falk von der Roten Hilfe, dem Grußwort der GGBO (Gefangenen Gewerkschaft Bundesweite Organisation), der ATIK (Konföderation der ArbeiterInnen aus der Türkei in Europa) und der Initiative Kurdistan Solidarität ging es um die Bedeutung dieses Tages und um die Solidarität mit den Gefangenen.
So sagte Thomas Mayer Falk von der Roten Hilfe: „Unser Engagement gegen staatliche Repression darf sich nicht auf symbolische Tage beschränken. Die Solidarität muss immer ein Element unserer politischen Kämpfe sein.“
Derzeit sitzen in der JVA Stuttgart Stammheim Ali Özel und Muhlis Kaya ein. Ihnen wird die „Mitgliedschaft oder Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland“ nach Paragraf 129b im Strafgesetzbuch vorgeworfen. Ali Özel wurde wegen der angeblichen Mitgliedschaft in der PKK vor dem OLG Stuttgart mit Hilfe des § 129b zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. Muhlis Kaya wurde mit dem selben Vorwurf im Februar 2016 verhaftet und steht aktuell vor dem Oberlandesgericht Stuttgart.
Die ATIK fordert: „Vor dem Hintergrund der aktuellen Geschehnisse in der Türkei fordern wir die sofortige Einstellung der Verfahren, eine Entschädigung der Angeklagten und eine generelle Rücknahme der Verfolgungsermächtigung gegen die türkisch-kurdische linke Exilopposition.“
Danach wurden rote Luftballons mit einer Karte zum Gedenktag in die Luft geschickt. Anschließend gab es eine Spontandemonstration auf die andere Seite des Gefängnisses. Dort wurden die Insassen lautstark mit Parolen begrüßt.
Aktueller könnte dieser Tag kaum sein, denn allein in der Türkei sind (laut Tagesschau) in der letzen Woche mehr als 2000 Menschen verhaftet worden. Die Repressionswelle dort ist beispiellos. Gerade vor dem Referendum wird durch die Verhaftungen die Demokratie und die Justiz behindert. In der Türkei geht das seit Jahren so, man erinnere sich nur an die Gezi-Proteste.
Doch auch in anderen Ländern weltweit nimmt die Repression zu. Oft wenden Regierungen das Mittel an, diejenigen in Gefängnisse einzusperren, die auf Missstände aufmerksam machen und die mit ihrem Protest auf die Straße gehen. Doch auch schon Ermittlungen, Platzverweise, Festnahmen, offene und versteckte Drohungen, Überwachung, Vorladungen und Durchsuchungen sind eine Vorstufe und haben den gleichen Zweck wie die „Musterverfahren“ gegen die politischen Aktivisten: Sie sollen einschüchtern und den politischen Widerstand brechen.
Die Nachrichten sind voll davon. Es scheint, als habe man sich schon daran gewöhnt, als wären diese Menschen einmal weggesperrt dann auch vergessen.
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