Waiblingen. Die Träger der freien Jugendhilfe im Rems-Murr-Kreis, die sich der Betreuung unbegleiteter, junger Flüchtlinge (UMA) annehmen, haben nach Dokumenten, die der Piratenpartei vorliegen, einen fragwürdigen Auftrag erhalten: Sie sollen helfen, Flüchtlinge erkennungsdienstlich zu behandeln. Dabei geht es um die Nacherfassung von Stammdaten so genannter UMA.
Üblicherweise übernehmen Außenstellen der Bundesministerien (etwa in Ellwangen, Ehningen und Karlsruhe) das Erfassen und der Abgleich der Identität direkt. Im Rems-Murr-Kreis soll dies gebündelt stattfinden. Um diese Aufgabe zu erfüllen, wurden die Polizeibehörden um Amts- und Vollzugshilfe gebeten. Des Weiteren sollen die Träger der freien Jugendhilfe im Rems-Murr-Kreis die von ihnen betreuten UMA „einsammeln“ und an den entsprechenden Ort bringen.
Die Piratenpartei Baden-Württemberg kritisiert diesen Ablauf „aufs Schärfste“. Sie fordert die Ämter auf, ihren Plan zu stoppen und gründlich zu überdenken. „Den Transport und Ablauf dieser Aktion mit Hilfe der Mitarbeiter der Jugendhilfe durchführen zu lassen, widerspricht den ethischen Prinzipien ihrer Berufsfelder“, kommentiert Philip Köngeter, Vorsitzender der Piratenpartei Baden-Württemberg. „Hier wird die aufgebaute Vertrauensbeziehung zwischen Klient und Betreuer zum Zwecke der Amtshilfe missbraucht. Die Mitarbeiter dürfen hier nicht gezwungen werden, diesen Transport durchzuführen. Das aktuell geplante Vorgehen muss sofort gestoppt werden!“
Nach den Dokumente, die der Piratenpartei vorliegen, seien allein im Rems-Murr-Kreis etwa 300 unbegleitete Flüchtlinge und ihre jeweiligen Betreuer betroffen. Die „Nacherfassung“ solle durch die Polizei und das Landeskriminalamt Baden-Württemberg zu festen Terminen und ohne jede persönliche Einladung erfolgen.
„Hier wird ein Modell für die noch folgenden Kreise und Polizeipräsidien getestet, und der Rems-Murr-Kreis hat sich freiwillig dazu entschieden, bei einer solch undurchsichtigen Maßnahme mitzuwirken“, kritisiert Köngeter. Künftig sollten dann etwa 8000 junge Menschen in Baden-Württemberg ohne offizielle Einladung zu einem Termin gebracht werden.
„Kein Einladungsschreiben und die fehlende Bereitstellung von Informationen gegenüber den Betroffenen – das untergräbt fundamental die Selbstbestimmungsrechte der jungen Menschen, verwehrt jedwede Möglichkeit der Teilhabe sowie das Recht, Entscheidungen bezüglich ihrer eigenen Person selbst zu treffen. Dass eine solche Behandlung gerade bei jungen, traumatisierten Menschen extreme Ängste auslösen kann sollte allen Beteiligten klar sein.“
Die Piraten mahnen, nicht jedem Auftrag sofort unkritisch Folge zu leisten:
„Von Mitarbeitern im sozialen Bereich und Trägern der freien Jugendhilfe sollte man mehr Einsicht und Mitgefühl für ihre Klienten erwarten können.“ so Anja Hirschel, Spitzenkandidatin der Piraten Baden-Württemberg zur Bundestagswahl.
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