Von unseren ReporterInnen – Karlsruhe. Seit Montag, 27. März, versuchen Neonazis und Rassisten rund um „Karlsruhe wehrt sich“, einen regelrechten Demofeldzug gegen das Ordnungsamt der Stadt durchzusetzen. Unter dem Namen „Karlsruher Offensive“ treffen sich die Rechten jeden Tag für fünf Stunden, um Rechte zu erkämpfen, die ihnen angeblich verwehrt wurden. Dabei liegt die Teilnehmerzahl jedoch selten im zweistelligen Bereich. Mit dabei ist auch hin und wieder der „Wanderzirkusdirektor“ aus Fellbach. Im Gegensatz dazu sammeln sich täglich um die 40 GegendemonstrantInnen, um mit viel Humor und Satire das braune Treiben zu beobachten.
Tag 1: „Der Auftakt“
Am ersten Tag hatte „Karlsruhe wehrt sich“-Chefin Ester Seitz zu einer ganz traditionellen Kundgebung aufgerufen. Erschienen waren zunächst jedoch nur eine Handvoll ihrer Anhänger. So standen sie sich die Beine in den Bauch, während einige Meter entfernt, der Protest lustig, kreativ und laut dagegenhielt. Bekannte Parolen wurden der Situation angepasst, so hieß es etwa: „Say it loud, say it clear, Ester is not welcome here!“
Auch wurde immer wieder lautstark Antwort auf einzelne Passagen der Reden der Neonazis gegeben. Das trug sehr zur Erheiterung bei, da für Ester Seitz das einzige Thema ihre Demonstration vom 11. März zu sein schien. Die GegendemonstrantInnen ließen sich ihre gute Stimmung auch nicht von den zwei eingesetzten Polizisten vermiesen, die immer wieder ermahnten, wenn Personen den Grünstreifen betraten.
Tag 2: „Nicht lange fackeln“
Der zweite Tag begann ähnlich wie der erste. Nur mit noch weniger Teilnehmern. Nachdem „Karlsruhe wehrt sich“ wie üblich wieder mit deutlicher Verspätung angefangen hatte, wurde schnell das Motto des Tages sichtbar: die symbolische Beerdigung des Rechtsstaats. Dieser sei ja laut Ester Seitz am 11. März gestorben. Der 11. März – ein Thema, das der Chefin der rechten Bande wohl wirklich nachhaltig im Kopf zu spuken scheint (siehe hierzu auch „„Karlsruhe wehrt sich“ sorgt für Erheiterung: Neonazis üben den „Sitzstreik“„).
Die GegendemonstrantInnen nahmen dies wieder mit sehr viel Humor auf und riefen immer wieder fragend, was denn genau an diesem Tag jetzt geschehen sei. Viele hatten Campingstühle, Getränke und Essen mitgebracht und folgten dem Treiben mit großem Interesse. Mit Einbruch der Dunkelheit erreichte die rechte Kundgebung eine zweistellige Teilnehmerzahl. Es folgte die Gedenkfeier auf den Rechtsstaat, mit Fahnen, Fackeln und Blumen. Als die Teilnehmer von „Karlsruhe wehrt sich“ fertig waren mit ihrer Kundgebung, hinterließen sie einen großen Brandfleck auf dem Gehweg, verursacht durch die eigenen Fackeln.
Tag 3: „Schrubben gegen Links“
Vor Beginn ihrer Kundgebung meldete Ester Seitz auf Facebook, dass das Ordnungsamt ihr aufgetragen hätte, erst die Straße von den Brandflecken zu reinigen, ehe sie mit ihrer Aktion starten könne. Sie mutmaßte dahinter direkt den Plan der Stadt, sie so zum Straßenfegen zu bringen, weil die Stadt nicht das nötige Geld für eigene Reinigungskräfte habe.
Daraufhin folgte die Selbstinszenierung der sechs anwesenden Neonazis als „Sonderkommando Schädlingsbekämpfung“ unter dem Motto „Schrubben gegen Links“. Sehr zur Unterhaltung der GegendemonstrantInnen. Diese antworteten mit Sprüchen wie: „Ester, Ester was ist los? Bist du etwa arbeitslos?“ Eine Weile nach der Putzaktion bauten die Rechten aus Schaufensterpuppen eine Art Installation auf, die bis zum Abend bestehen blieb. Sie selbst versteckten sich im beziehungsweise hinter dem Auto. Zum Abschluss posierten sie dann aber noch heldenhaft für ein Foto.
Noch bis zum Sonntag, 2. April, hat man die Möglichkeit, das Spektakel vor dem Karlsruher Ordnungsamt zu beobachten.
Weitere Eindrücke von den ersten drei Tagen
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