Von Tape Lago – Mannheim. Unter dem Motto „Staatsterrorismus stoppen! Weg mit dem Verbot der PKK!“ wollte ein Bündnis aus mehreren politischen Gruppen am Samstag, 8. April, in der Mannheimer Innenstadt gegen die Politik Recep Tayyip Erdogans demonstrieren. Doch die Polizei verbot die Demonstration. Das sei eine neue Dimension der Repression gegen KurdInnen und ihre UnterstützerInnen in Mannheim, erklärten die OrganisatorInnen der verbotenen Demonstration bei einer Pressekonferenz am Donnerstag, 6. April. Nun ruft die Antifaschistische Initiative Heidelberg zu einer Solidaritätskundgebung auf. Sie beginnt am Samstag, 8. April, um 15 Uhr am Universitätsplatz in Heidelberg.
Die VeranstalterInnen der verbotenen Demonstration wollten gegen den „Staatsterrorismus“ des Erdogan-Regimes in der Türkei protestieren, eine Aufhebung des Verbots der PKK fordern und ihre Solidarität mit kurdischen und türkischen Linken zeigen. Mit einem friedlichen Protestmarsch, sollte ein starkes Zeichen gegen die repressive und diskriminierende Politik Erdogans in der Türkei gesetzt werden.
Die Stadträtin der Linken Gokay Akbulut eröffnete die Pressekonferenz und kritisierte das Verbot der Solidaritätsdemonstration scharf. Es sei ein Schlag ins Gesicht der KurdInnen und ihre UnterstützerInnen.
Bundesregierung und Erdogan offenbar einig in der Kurdenpolitik
Am 2. März hatte das Bundesinnenministerium eine Verschärfung des Verbots von Öcalan-Porträts, PKK-Fahnen und YPG-Symbolen verfügt. Das Verbot betrifft 33 Symbole, die entweder direkt im Zusammenhang mit der PKK oder einer ihrer Unterorganisationen stehen.
In den letzten Jahren verliefen die meisten Demonstrationen kurdischer Menschen in der Bundesrepublik friedlich, erklärte Gökay Akbulut. Denn die Polizei stufte den inneren Frieden gegenüber einem Fahnenverbot als wichtiger ein. Trotz oder gerade wegen der angespannten Situation in der Türkei und in Kurdistan sei es untragbar, dass die Bundesregierung nun offensichtlich auf Eskalation setze und das Fahnenverbot erneut versuche durchzusetzen. Während sich die türkisch-deutschen Beziehungen im Vorfeld des Referendums auf einem Tiefpunkt befinden, scheine sich die Bundesregierung mit Erdogan über die Kurdenpolitik geeinigt zu haben, kritisierte sie.
KurdInnen werden in Deutschland kriminalisiert
Obwohl Erdogans Unterstützung für dschihadistischen Terror im Mittleren Osten seit Jahren besteht, werden die kurdischen Kräfte, die sich gegen die Barbarei des IS in Rojava/Syrien wehren, in Deutschland als terroristisch eingestuft und kriminalisiert. Noch vor kurzen galten die Soldaten der YPG als heldenhafte Kämpfer, die die Stadt Kobanê verteidigt und Tausenden von YesidInnen aus dem Sindchar-Gebirge das Leben gerettet hatten.
Inzwischen scheinen sich die bilateralen Interessen zwischen den Staaten BRD und der Türkischen Republik auf Kosten der KurdInnen durchgesetzt zu haben. Die Repression gegen die oppositionellen Kräfte in der Türkei geht weiter. In den kurdischen Gebieten gibt es im Vorfeld des Referendums Massenverhaftungen. Die Partei der Demokratischen Völker HDP ist massiven Repressionen im Wahlkampf ausgesetzt. Sowohl die Co-Vorsitzenden Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdağ als auch viele BürgermeisterInnen sitzen im Gefängnis. Die Wut der KurdInnen gegen die AKP-Diktatur sei mehr als nachvollziehbar, so Gökay Akbulut. Die Stadträtin und Bundestagskandidatin der Linken fordert die Aufhebung des PKK-Verbots.
„Stadt Mannheim leistet Wahlkampfhilfe für Erdogan“
Silke Makowski (Antifaschistische Initiative Heidelberg/iL) sieht das Verbot der Demonstration in Mannheim als Angriff auf das Grundrecht der kurdischen und türkischen Linken in der Bundesrepublik. Es sei auch eine Wahlkampfhilfe der Stadt Mannheim für Erdogan. Sie kritisierte die Entscheidung der Polizei und hält die Verbotsverfügung der Ordnungsbehörden den kurdischen Jugendlichen gegenüber für rassistisch und diffamierend. Das Verbot sei eine Gefälligkeit für türkische Nationalisten und Erdogan. Es bestehe die Gefahr, sagte Makowski, dass künftig alle kurdischen Demonstrationen in Deutschland verboten werden. Sie forderte mehr Solidarität mit kurdischen und türkischen Linken und kündigte eine Klage im Nachgang gegen das Verbot an.
Eine Sprecherin kurdischer Organisationen bezeichnete das Demonstrationsverbot als Frechheit und verurteilte die allgemeine Diskriminierung und Kriminalisierung der KurdInnen in Deutschland und in Mannheim. „Wir lassen uns nicht kriminalisieren. Wir werden auch weiterhin unseren Widerstand gegen den autoritären Terrorstaat in der Türkei, für die Solidarität mit unseren türkischen und kurdischen GenossInnen und gegen die Kumpanei Berlins mit Ankara in vielfältiger Weise auf die Straße tragen“, betonte sie.
Polizei sieht sich nicht in der Lage, die Demonstration zu schützen
Grund für das Verbot der Solidaritätsdemonstration sei neben den aktuellen „schwierigen politischen Beziehungen zur Türkei“ vor allem die Gefahr, dass bei der Demonstration Straftaten begangen werden könnten. Gemeint ist hier das Zeigen kurdischer Symbole. Die Behörden wollten selbst das Zeigen von Fotos des seit zwanzig Jahren inhaftierten ehemaligen PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan in jedem Fall verhindern.
Schließlich sehe sich die Polizei auch nicht in der Lage, die Demonstration vor Übergriffen durch Erdogan-Anhänger zu schützen. Das Ordnungsamt Mannheim hat sich den Ausführungen der Polizei vollumfänglich angeschlossen. Die Initiatoren sagten daraufhin ihre Solidaritätsdemonstration in Mannheim ab. Nun ist in Heidelberg für Samstag, 8. April, eine Kundgebung unter dem Motto „Schluss mit der Kriminalisierung kurdischer und türkischer Oppositioneller! Bekämpfen wir den autoritären Staat hier und in der Türkei!“ geplant. Veranstalter ist die Antifaschistische Initiative Heidelberg.
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