Von Tape Lago – Mannheim. Die Proteste des „Nein-Lagers“ nach dem knappen Ausgang des Verfassungsreferendums in der Türkei reißen nicht ab. In mehreren Städten demonstrieren weiterhin Tausende gegen die „Wahlmanipulation“ und die Einführung eines Präsidialsystems. Auch in Mannheim protestierten am Dienstag, 18. April, 15 Menschen gegen Recep Tayyip Erdogan. Für die Demonstrierenden – unten ihnen PolitikerInnen der Mannheimer Linken und Grünen – ist das Präsidialsystem, das unmittelbar zu einer Diktatur in Türkei führen werde, nicht akzeptabel.
Über Facebook rief der Initiator Emrah Durkal alle demokratischen Kräfte in Mannheim auf, ein Zeichen gegen den Ausgang des Verfassungsreferendums zu setzen. Geplant war keine große Demonstration, sondern eine Zusammenkunft von Menschen die davon überzeugt sind, dass die Türkei keine Diktatur verdient hat.
Nein zum Präsidialsystem – Nein zur Diktatur in der Türkei
Aus Sicht des Veranstalters will Recep Tayyip Erdogan durch das Präsidialsystem die Demokratie in der Türkei abschaffen und ein diktatorisches und autokratisches Regime einführen. Dagegen solle Widerstand sowohl in der Türkei als auch in Deutschland und im übrigen Europa geleistet werden.
Bei der Protestaktion auf dem Bahnhofsvorplatz zeigten sich die TeilnehmerInnen über das Wahlergebnis des Referendums sehr enttäuscht, empört und wütend. Mit ihren Schildern machten sie deutlich, dass sie den Wahlausgang nicht akzeptieren wollen. Ihrer Ansicht nach droht die Gefahr, dass die Türkei sehr bald eine Diktatur werde, in der Bürger- und Menschenrechte keine Rolle mehr spielen. Ihre Botschaft war klar: „Hayir“. „Nein zum Präsidialsystem. Nein zur Diktatur.“
EU-Beitrittsverhandlung und Waffenlieferung stoppen
„Wir sind natürlich alle ziemlich frustriert, enttäuscht, auch sehr wütend über das Ergebnis des Referendums“, sagte die Stadträtin der Linken Gökay Akbulut. Die Wahlen hätten unter keinen fairen und gerechten Bedingungen stattgefunden. Daher solle das Ergebnis kritisch betrachtet werden. Sie rief zu mehr Solidarität mit der HDP und den türkischen und kurdischen Oppositionellen auf.
Überdies forderte sie die Bundesregierung und die Europäische Union auf, Waffenlieferungen in die Türkei zu stoppen.
Auch die EU-Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der Europäischen Union müssten auf Eis gelegt und die Zahlung von Hilfsgeldern eingestellt werden. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Bundesregierung und die EU Erdogan noch Gelder zur Verfügung stellen, damit er seine Diktatur in der Türkei weiter etablieren und verfestigen kann.
EU-Türkei-Flüchtlingsdeal aufkündigen
Der Stadtrat der Grünen Gerhard Fontagnier zeigte sich ebenfalls enttäuscht und empört über den Ausgang des Referendums. Viele Menschen hätten in der Türkei, Deutschland und auch in Mannheim mit „Ja“ gestimmt, ohne zu wissen, dass sie damit für die Todesstrafe abgestimmt hätten. Daher sei es notwendig – insbesondere in Mannheim -, mit diesen Menschen ins Gespräch zu kommen, um sie zurückgewinnen zu können. Die Bundesregierung, so Fontagnier, müsse jetzt Klartext mit der Türkei reden, die Waffenlieferungen stoppen und den EU-Türkei-Flüchtlingsdeal aufkündigen. Zudem forderte der Stadtrat eine Beendigung der EU-Türkei-Gespräche.
Mit dieser Protestaktion konnten Veranstalter und TeilnehmerInnen die Öffentlichkeit erreichen und zeigen, dass sie das Präsidialsystem und die Einrichtung einer Diktatur nicht unwidersprochen hinnehmen wollen. Nach dieser ersten Demonstration kündigte der Veranstalter weitere Aktionen an. Die Polizei war vor Ort mit einer starken Mannschaft und beobachtete das Geschehen aus dem Hintergrund.
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