Von unseren ReporterInnen – Ulm. Neben den Lebens- und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten waren Rechtspopulismus und Rechtsextremismus Thema bei den Aktionen zum 1. Mai in Ulm. Hauptredner der DGB-Hauptkundgebung in Baden-Württemberg unter dem Motto „Wir sind viele. Wir sind eins“ – nach Angaben der Veranstalter mit rund 3000 TeilnehmerInnen – war Martin Kunzmann, der baden-württembergische Landesvorsitzende des DGB. Es gab landesweit 46 DGB Veranstaltungen zum 1. Mai. Die Auftakt-Kundgebung, die seit 2009 traditionell das „Bündnis gegen Rechts“ organisiert, wurde am Weinhof abgehalten.
RednerInnen waren dieses Jahr Albrecht Knoch vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt (KDA) Ulm und Andrea Schiele von der VVN-BdA. Knoch ging auf das Thema „Menschlichkeit“ ein. „Wir machen uns stark für Menschlichkeit, nicht weniger und auch nicht mehr“, sagte er. Als Industrie- und Sozialpfarrer ist Knoch überzeugt, dass rechtsextreme Ideen gegen den christlichen Glauben stehen. Knoch betonte, dass ein Mensch ein Mensch ist, egal, wie er aussieht, denkt, spricht, glaubt, liebt und lebt.
Andrea Schiele wies darauf hin, dass Demokratie viel mehr bedeute, als zur Wahl zu gehen. Demokratische Wahlen könnten durchaus zu erschütternden Ergebnissen führen. Nationalistische Parteien sind in immer mehr europäischen Ländern an Regierungen beteiligt. Auch die Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern sei rückwärtsgewandt. Gleichberechtigung und Gleichstellung würden in Frage gestellt. Schiele fand klare Worte: „Demokratie braucht unsere Unterstützung, damit Europa nicht wieder in Nationalstaatlichkeit zurückfällt. Demokratie bedeutet einstehen. Einstehen für eine Haltung, die ja sagt zu Menschenwürde und Menschenrechten.“
Breites Bündnis bei der 1. Mai-Demonstration des DGB
Der Demonstrationszug mit etwa 500 TeilnehmerInnen wurde unter anderem von der SPD-Bundestagsabgeordneten Hilde Matheis angeführt. Neben den Gewerkschaften und der Antifa waren auch Grüne, Linke und Piraten vertreten, ebenso die Föderation der türkischen Arbeitervereine DIDF. Der Zug bewegte sich durch die Innenstadt zum Maifest auf dem Münsterplatz, wo der DGB-Landesvorsitzende Martin Kunzmann sprach. Er ging in seiner Rede unter anderem auf die Themen Mindestlohn, das Arbeitszeitgesetz, Kinder- und Altersarmut und die Leiharbeit ein. Sie sei alles andere als harmlos, sondern brandgefährlich. Sie treibe einen Keil in die Belegschaften, denn Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer verdienten im Schnitt nur halb so viel wie regulär Beschäftigte.
Das Thema Wohnen brannte Kunzmann nach eigener Aussage besonders unter den Nägeln, da sich die Wohnungssituation in den großen Städten immer weiter zuspitze und sich der Glaube, dass der Markt es schon richten werde, als Irrtum herausgestellt habe.
Beim Thema Rechtspopulismus wurde Kunzmann sehr deutlich. Man dürfe sich von
Rechtsextremisten und Rechtspopulisten nicht täuschen zu lassen, da es ihnen nicht um das Wohl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gehe, sondern ausschließlich darum, sich selbst groß zu machen und andere abzuwerten. „Sie wollen eine Gesellschaft, in der die Starken über die Schwachen herrschen: die Deutschen über Migrantinnen und Migranten,
die Arbeitgeber über die abhängig Beschäftigten, die Männer über die Frauen, die Heterosexuellen über die Homosexuellen. Nach oben schimpfen und nach unten treten –
das ist keine Politik. Das ist nur feige und gemein“, so Kunzmann.
Die vollständige Rede von Martin Kunzmann kann hier nachgelesen werden.
Demo „Für die deutsche Wirtschaft“
„Die Partei“ hatte mit weiteren BündnisparterInnen zu einer „Demo für die deutsche Wirtschaft“ aufgerufen. Sie startete um 13 Uhr am Einstein-Denkmal. Parolen der TeilnehmerInnen waren „Kapitalismus rein in die Köpfe“, „Atomkraft – ja bitte“ oder „Nieder mit dem Mindestlohn“. Im Aufruf dazu hieß es: „Wir sind ein Bündnis, das sich im Gegensatz zur allgemeinen politischen Stimmung für die heimische Wirtschaft stark macht. Wir, die tragende Kraft der Wirtschaft, rufen Sie dazu auf, für den Standort Deutschland und für den Erhalt und den Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit, sowie der Arbeitsplätze auf die Straße zu gehen. Aufgrund der wirtschaftsfeindlichen Veränderungen in jüngster Vergangenheit, wie zum Beispiel die Einführung und Erhöhung des Mindestlohns, ist der allgemeine Wohlstand der Nation gefährdet. Auch der Atomausstieg und der geplante Ausstieg aus der Kohleenergie sind mit schmerzlichen Kosten verbunden. Wir setzen uns für eine nachhaltige Politik zum Wohle des Volkes ein.“
Vor dem Polizeipräsidium im Neuen Bau Ulm-Mitte gab es eine „Dankesrede“ an die Polizei mit anschließender Übergabe einer symbolischen Herzhälfte. Auffällig bei beiden Kundgebungen und Demonstrationszügen war, dass verhältnismäßig viele ZivilpolizistInnen vor Ort waren und TeilnehmerInnen fotografierten und filmten.
Im AfD-Parteibüro in Ulm-Söflingen wurde in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai eine Fensterscheibe eingeworfen.
Folge uns!