Berlin/Stuttgart. Mehrere Medien berichteten am 9. Mai, dass sich der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland Gökay Sofuoğlu dafür ausgesprochen habe, ein mögliches Referendum über die Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei auch in Deutschland zuzulassen – so etwa der Deutschlandfunk unter Berufung auf den „Mannheimer Morgen“ und die „Heilbronner Stimme“. Inzwischen hat die Türkische Gemeinde klargestellt, dass sie die Todesstrafe ablehne und gegen ein Referendum in Deutschland sei (siehe die Mitteilung unten im Wortlaut).
Weil sie aber keine rechtliche Grundlage für ein Verbot sieht, fordere sie die Bundesregierung zum Handeln auf, so die Türkische Gemeinde.
Die Bundesregierung wird nach den Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht zulassen, dass in Deutschland für die Einführung der Todesstrafe in der Türkei geworben wird. Zwar gebe es noch keine konkreten Anfragen, sagte Kanzlerin Merkel am Dienstag im WDR. Die Frage sei aber nicht völlig hypothetisch, „denn das Thema ist in der Türkei diskutiert worden“.
Die „Heilbronner Stimme“ und der „Mannheimer Morgen“ hatten Sofuoglu mit den Worten zitiert: „Nur weil einem die Frage nicht gefällt, kann man ein solches Referendum in Deutschland nicht einfach verbieten. Dies würde zudem dem Grundgesetz widersprechen.“ Inzwischen erklärte er gegenüber der Nachrichtenagentur dpa, die politische Aussage, dass man gegen ein Referendum sei, reiche nicht. „Wir haben die Bitte an die Bundesregierung, dass sie die Grundlagen für ein solches Verbot schafft.“ Diese sind aus seiner Sicht noch nicht gegeben.
Die Türkischen Gemeinde in Deutschland hat in ihrer am Dienstag veröffentlichten Pressemitteilung der ursprünglichen Darstellung widersprochen. Des weiteren bat der Vorsitzende Gökay Sofuoğlu, „mit Bedacht und Sorgfalt über türkeipolitische Themen zu berichten und zu diskutieren“.
Die Pressemitteilung der Türkische Gemeinde in Deutschland im Wortlaut:
„Die Türkische Gemeinde in Deutschland stellt sich sowohl vehement gegen eine Einführung der Todesstrafe in der Türkei, als auch gegen ein mögliches Referendum in der Bundesrepublik Deutschland. Alle rechtlich möglichen Mittel zur Unterbindung einer solchen potentiellen Abstimmung in der Bundesrepublik sollten ausgeschöpft werden. Denn Menschenrechte sind nicht verhandelbar. In diesem Sinne unterstützen wir ausdrücklich die Position der Bundesregierung, die diese bereits vorigen Freitag deutlich gemacht hatte.
Wir kämpfen seit Jahren für die Förderung einer pluralistischen und lebendigen Demokratie und gegen Diskriminierungen aller Art. In den letzten Wochen haben wir uns zudem klar zu den demokratiefeindlichen Entwicklungen in der Türkei positioniert. Die anhaltenden polarisierenden Debatten in den deutschen Medien führen zu verkürzten Darstellungen und undifferenzierten Positionen. Dabei beobachten wir mit großer Sorge, wie vorschnell und pauschalisierend türkeistämmigen Menschen eine anti-demokratische und menschenrechtsfeindliche Haltung zugeschrieben wird.
Die falsche Darstellung unseres Vorsitzenden in der Presse sehen wir dabei als symptomatisch für die Debatten über Türkeistämmige in den letzten Wochen. Sie zeigt wie schwer es ist, sich aus der Schublade zu befreien, in die Türkeistämmige allzu gern gesteckt werden.
Wir bedanken uns an dieser Stelle sehr für die Reaktionen einiger JournalistInnen, die sich bei uns bezüglich der Aussagen rückversichern wollten und uns in der Folge unterstützen unsere Richtigstellung zu verbreiten. Das ist verantwortungsvoller Journalismus und ein wichtiger Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir appellieren an alle JournalistInnen genauso wie an die türkeistämmige Community, mit Bedacht und Sorgfalt über türkeipolitische Themen zu berichten und zu diskutieren.“
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