Von Meide Wolt – Stuttgart. Harmonisch griffen am Montag, 8. Mai, in Stuttgart die Kundgebung zum Ende des 2. Weltkriegs, die Montagsdemonstration und die Demonstration gegen die Zerstörung der Menschheit und der Natur durch den Autoverkehr und die Automobilindustrie ineinander. Aktiv griffen die Menschen die Erinnerung an den 8. Mai auf und machten deutlich, dass Krieg, Vertreibung, Vergiftung und Umweltzerstörung gemeinsam verhindert werden müssen. So nahmen die meisten an allen Veranstaltungen teil, die sich thematisch ergänzten.
Weil die DemonstrantInnen Autoverkehr für tödlich halten, versuchten sie, nach der Montagsdemonstration gegen Stuttgart 21 über die B 14 vom Hauptbahnhof zum Dunantsteg zu gehen. Sie wurden jedoch von Einsatzkräften der Polizei gestoppt und durch den Schlosspark geleitet. Am Nekartor versuchten sie ein zweites Mal, auf die Bundesstraße zu gelangen.
Die Demonstration gegen die Zerstörung der Lebensgrundlagen der Menschen durch die Automobilindustrie in Stuttgart ging nahtlos aus der Montagsdemonstration hervor. Dort hatte zuvor die Bundestagsabgeordnete der Linken Sabine Leidig, verkehrspolitische Sprecherin ihrer Fraktion, über die Befreiung vom Faschismus am 8. Mai 1945 gesprochen. Dabei prangerte sie sie an, dass von den Kommandozentralen Africom und Eucom von Stuttgart aus militärische Operationen geplant und durchgeführt werden.
Darüber hinaus sei die Lebensweise der Menschen hierzulande die Ursache für die Zerstörungen der Umwelt und der sozialen Verhältnisse in der Welt. Beispielhaft nannte sie den Dammbruch in Mariana (Brasilien). Dort hatte die Überproduktion der Automobilindustrie im November 2015 einen Dammbruch ausgelöst, der giftigen Klärschlamm über eine Region so groß wie die Schweiz ergoss. In Mariana wurden Metalle für Autos abgebaut. Metalle, die auch für Elektroautos benötigt werden, so Sabine Leidig.
- Demonstration gegen Autoindustrie
- Demonstration gegen S21
- Kundgebung zum 8. Mai
Auch Janka Kluge von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes VVN beließ es auf der Kundgebung am Kriegsdenkmal auf dem Stauffenbergplatz nicht allein beim Erinnern. Sie beschrieb für die Zeit nach dem 2. Weltkrieg die „Kontinuitäten bei den verantwortlichen Personen und denen, die verfolgt worden sind“. Sie machte auf verschiedene heutige rechtsextreme Gruppierungen und Netzwerke in Baden-Württemberg aufmerksam. So etwa auf den „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und bürgerlichen Freiheit“ in Stuttgart-Degerloch, der Medien für die AfD produziere, oder den Dritten Weg in Göppingen, der unter anderem wohl einen Journalisten der Beobachter News bedrohte. Dessen Engagement hob Kluge als beispielhaft hervor. Sie erinnerte auch daran, dass militante Neonazis in den letzten Jahren zu hunderten nach Dortmund, Hamburg kamen und jetzt für den 3. Juni nach Karlsruhe zum Tag der deutschen Zukunft mobilisieren.
Außerdem sprach auf der Kundgebung ein Sprecher des AABS (Antifaschistischen Aktionsbündnisses Stuttgart und Region). Er erinnerte an vier Antifaschisten, die in Stuttgart 1933 eine Radioübertragung der ersten Rede Hitlers sabotierten.
Zum Abschluss des Tages gab es ein Konzert mit Konstantin Wecker in der Friedenskirche in Stuttgart-Ost, das die Gesellschaft Kultur des Friedens organisiert hatte. Über 650 BesucherInnen füllten die Kirche vollständig. Auf der Bühne fanden sich ausschließlich Männer wieder. Hennig Zierock, der Vorsitzende des DGB in Baden-Württemberg Martin Kunzmann und Franz Alt hielten Reden zum 8. Mai 1945. Auch der Stuttgarter Asylpfarrer Joachim Schlecht sprach, und es wurde ein Grußwort des evangelischen Landesbischofs von Württemberg Frank Otfried July verlesen. Neben Konstantin Wecker am Klavier und zusammen mit ihm machten das Theodorakis Ensemble und der Ernst-Bloch-Chor Musik.
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