Von Rick de la Fuerte – Alzey. Rund 150 Mitglieder eines bürgerlichen Bündnisses und AntifaschtInnen – nicht immer eins in der Sache – machten am Samstag, 13. Mai, einen Aufzug von Neonazis in Alzey zum Desaster. Die Antifa Rheinpfalz, unterstützt von AnfaschistInnen aus Alzey und Mainz, und das Bündnis „Alzey gegen Rechts. Bunt statt braun“ unter Leitung des DGB Rheinhessen hatten Kundgebungen gegen den Aufzug der Partei „Die Rechte Südwest“ angemeldet. Noch im Vorjahr hatten Neonazis quasi unbeachtet durch die rheinhessische Kleinstadt marschieren können. Am Samstag schirmten starke Polizei- und Ordnungskräfte die Lager voneinander ab.
Um die Mittagszeit herum versammelten sich zusehends mehr Menschen auf dem Rossmarkt unter dem Motto „Alzey bleibt bunt“. Vertreter des Bündnisses „Alzey gegen Rechts“ hielten Reden, in denen sie den Auflauf der Rechten grundsätzlich ablehnten. Alzey und Umgebung seien eine weltoffene und bunte Stadt und Region, in der es keinen Hass und Hetze gegenüber Menschen aus anderen Herkunftsländern geben dürfe.
Mehrere Redner auf dem Rossmarkt
Zu den Rednern zählten unter anderen Oberbürgermeister Christoph Burkhard, der Bundestagsabgeordnete der Linken Alexander Ulrich und Ulrich Feuerhelm vom DGB. Auch die Landtagsabgeordnete Anne Spiegel (Grüne) sprach.
Nur vergleichsweise wenige Menschen fanden sich später, als die Rechten ankamen, wieder, um gemeinsam mit den AntifaschistInnen zu demonstrieren. Nur Alexander Ulrich war kurz zu sehen, als er offenbar nach dem Rechten schauen wollte. Da waren die Neonazis aber noch lange nicht an ihrem Versammlungsort eingetroffen.
Protest nur aus Seitenstraße heraus erlaubt
AntifaschistInnen versuchten, vor dem Eintreffen der Neonazis auf dem Platz vor der Stadthalle ein Zeichen der Ablehnung auf dem Boden auszulegen. Das wurde vom polizeilichen Einsatzleiter umgehend unterbunden.
Den AntifaschistInnen war ursprünglich ein Versammlungsort in räumlicher Nähe zum Platz vor der Stadthalle angeboten worden. Den zunächst vorgesehenen Kundgebungsort am DB-Haltepunkt Süd hatte die Ordnungsbehörde abgelehnt. Zuletzt wurde den GegendemonstrantInnen erlaubt, ihren lautstarken Protest aus einer Seitenstraße heraus vorzutragen – aber nicht in direkter Sichtweite. Der Blick auf die Kundgebung der Rechten war durch Polizeifahrzeuge versperrt.
Propaganda für „Tag der deutschen Zukunft“
Florian Grabowski von der „Rechten Südwest“ hatte dazu aufgerufen, in Alzey unter dem Motto „Schluss mit dem Volksbetrug! Konsequent für deutsche Interessen!“ zu demonstrieren. Beobachtern der rechtradikalen Szene war klar, dass dies zum Vorwand genommen wurde, um für den „Tag der deutschen Zukunft“ am 3. Juni in Karlsruhe-Durlach zu mobilisieren.
Es erschienen genau 22 weibliche und männliche Neonazis. Laut Ordnungsamt waren 60 erwartet worden. Ein Großteil der Anwesenden war mit Detlef Walk und seiner Kameradschaft „Nationaler Widerstand“ aus Zweibrücken angereist – überdies mindestens zwei Vertreter der NPD Mannheim. Vorab angekündigte Redner wie Dieter Riefling, einschlägig unter anderem wegen Volksverhetzung vorbestrafter Neonazi, der auch schon für die NPD kandidierte, und der ebenfalls mehrfach vorbestrafte und derzeit in Mannheim vor Gericht stehende NPD-Stadtrat Christian Hehl erschienen nicht.
Rechte Parolen drangen nicht durch
„Die Rechte“ schaffte es zunächst nicht, ihre Lautsprecheranlage in Betrieb zu nehmen. Nach längerer Verzögerung begann Grabowski – nervös und hektisch herumlaufend -, seine Rede mittels eines altersschwachen Megafons vorzutragen. Seine Worte konnten höchstens seine rechtsradikalen Kameraden vernehmen, denn selbst aus 30 Metern Entfernung gingen sie im lautstarken Protest der GegendemonstrantInnen unter.
Auch was Detlef Walk und zwei weitere Redner vortrugen, war selbst aus naher Distanz nicht zu verstehen. Sichtlich aufgewühlt vom eigenen Misserfolg und durch den wohl unerwartet großen Widerstand emotional aufgestachelt, durften Pöbeleien und Provokationen in Richtung der GegendemonstrantInnen nicht fehlen.
Schwach begonnen, noch schwächer geendet
Illustre Zaungäste am Rand der Naziveranstaltung blieben den AntifaschistInnen nicht verborgen. Drei Vertreter der mutmaßlich aufgelösten Kameradschaft „Heimatschutz Donnersberg“, welche bereits im Rahmen der NSU-Anschlagsserie im Fokus von Ermittlungen stand, wurden gesichtet. Nach der Entdeckung verließen diese drei Personen, unter ihnen Andre P., die Stadt sehr zügig in einem Pkw, dessen Kennzeichen auf „88“ endet.
Unter starkem Polizeischutz zogen die Neonazis nach kaum einer Stunde wieder zurück zum Südbahnhof. Dort wurde ihre Versammlung als beendet erklärt. Von der Bevölkerung mehrheitlich abgelehnt, drohen die Vertreter der Partei im Nachgang, dass sie erneut in Alzey auflaufen würden.
Breites Bündnis gegen Rechts
Künftig wird die Stadt vermutlich besser vorbereitet und aufgestellt sein, als noch vor einem Jahr, als die Rechten nahezu unbemerkt durch die rheinhessische Stadt spazieren konnten. Die Mitglieder des Bündnisses Alzey gegen Rechts: Deutscher Gewerkschaftsbund, IG Metall, SPD, Jusos, DIE LINKE, Solid Alzey, Die Grünen, Amnesty International, CDU, Junge Union, CDA, Alevitische Gemeinde, Die Moschee, Katholische Arbeitnehmer- und Betriebsseelsorger, Katholisches Dekanat, Beirat für Immigration und Integration.
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