Von Christian Ratz – Heidelberg. Die AfD im Stuttgarter Landtag feierte am 12. Mai in der Heidelberger Stadtbibliothek das Einjährige im Landesparlament (siehe Eklat bei AfD-Veranstaltung in Heidelberg ). Es gab Proteste und Hausverbote auch für Journalisten. Die Stadträtin der „Bunten-Linken“ Hilde Stolz wurde von Security-Leuten bedrängt. In einer Sitzung des Heidelberger Gemeinderats am 18. Mai hatte die Sache ein Nachspiel. Michael Csaszkóczy von der Antifaschistischen Initiative Heidelberg fragte, ob es legal sei, dass die AfD zu einer öffentlichen Veranstaltung einladen, sie dann für geschlossen erklären und Besucher selektieren dürfe. Oberbürgermeister Eckart Würzner antwortete ausweichend.
Bei der Veranstaltung war eine überschaubare Zahl von Polizeikräften, vermutlich inklusive Staatsschutz, vor Ort. Eingeladen hatte der stellvertrende Fraktionsvorsitzende der Landtags-AfD Rüdiger Klos aus dem Wahlkreis Mannheim-Nord. Führende Mitglieder des Mannheimer Kreisvorstands der AfD fehlten jedoch.
Anja Markmann, AfD-Stadträtin in Heidelberg, begrüßte die knapp 30 Teilnehmer – überwiegend männlich und höheren Alters – im Hilde Domin-Saals der öffentlichen Stadtbibliothek. Dann übernahm Rüdiger Klos das Mikrophon. Unter mehrfachem Applaus erklärte er, die AfD habe in der laufenden Legislaturperiode über 600 Initiativen eingebracht und sei damit die produktivste Fraktion im Landtag.
Verschleierung und „Gender-Wahn“
Sie habe mit ihren Stimmen verhindert, dass in Baden-Württemberg weiter „Schreiben nach Gehör“ unterrichtet werde. Auch habe sie gegen einen Finanzierungsantrag für die staatliche Popakademie in Mannheim gestimmt, bei dem es im Studienfach Weltmusik um die Anschaffung dreier Musikinstrumente aus dem türkisch-arabischen Raum gegangen sei.
Dagegen begrüße die AfD-Fraktion das Programm der Landesregierung „Fit for return“, das Geflüchtete und Migranten ohne Bleiberecht dazu ertüchtigen soll, in ihre Herkunftsländer zurückzukehren. Er sprach auch über die Verschleierung von Laienrichterinnen, den „Gender-Wahnsinn“ und seine angebliche Rolle als Kontrolleur bei der Landtagswahl 2016 in Mannheim („vermuteter Wahlbetrug“).
- Anja Markmann, AfD
- Rüdiger Klos, AfD
- Martin Renner, AfD
Lucke-Gegner als Gastredner
Weshalb die Veranstaltung in Heidelberg und nicht in Mannheim abgehalten wurde, blieb offen. Weder Robert Schmidt, Direktkandidat der AfD für die Bundestagswahl, noch sein Stellvertreter aus dem Kreisverband Mannheim Claus Nielsen waren im Publikum – dagegen der wegen Antisemitismus in der Kritik stehende, aus der AfD-Fraktion ausgeschiedene Landtagsabgeordnete Wolfgang Gedeon.
Gastredner war Martin Renner, Spitzenkandidat der AfD aus Nordhein-Westfalen für die Bundestagswahl. Er übte in seinem Vortrag unter anderem Kritik an der „Frankfurter Schule“ und am Umgang mit Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft. Klos hatte Renner als „ein Urgestein der AfD“, Mitstreiter im innerparteilichen Prozess um die Beseitigung des „kleinen“ Bernd – des ehemaligen Vorsitzenden Bernd Lucke – begrüßt. Man sei dankbar, den „großen“ Bernd – gemeint war wohl Björn Höcke – in der Partei zu haben.
„Blanker Hass und Ablehnung“
Der stellvertrende Fraktionsvorsitzende Klos erklärte, seine Partei habe einen schweren Stand im Landesparlament. Er wies auf den Protest vor dem Saal hin. Die dort protestierenden jungen Frauen würden „die ersten Opfer der Scharia sein“. Der AfD-Fraktion schlage „purer Hass“ des Mannheimer SPD-Landtagsabgeordneten Stefan Fulst-Blei entgegen. Die FDP-Abgeordneten bezeichnete Klos als „kleine Pinscher“. Die CDU habe „immer noch am Knochen zu nagen als Juniorpartner der Grünen“.
AntifaschistInnen aus Heidelberg und der Umgebung protestierten bis zum Ende der Veranstaltung vor dem Saal in der Stadtbibliothek. Ein AfD-Anhänger provozierte, indem er an der Fahne eines Gegendemonstranten zog. Polizeikräfte und Umstehende verhinderten eine Konfrontation.
Ausschluss kritischer Bürger
Die Partei hatte Interessierte von der zunächst öffentlich beworbenen Veranstaltung ausgeschlossen. Auch Journalisten und der Stadträtin der „Bunten-Linken“ Hilde Stolz wurde der Zugang verwehrt. Sie erhielt nach eigener Aussage Hausverbot von der AfD-Stadträtin Anja Markmann. Als Security-Firma waren – wie wohl schon mehrfach zuvor für die AfD und die Junge Alternative – kampferprobte Martial-Arts-Sportler mit russisch-deutschen Verbindungen im Einsatz.
Gewählte Parteien haben ein Mietrecht
Auch Michael Csaszkóczy von der Antifaschistischen Initiative Heidelberg war mit Hausverbot belegt und von Polizeikräften weggetragen worden (wir berichteten). In einer Sitzung des Heidelberger Gemeinderats am 18. Mai fragte er nach der Praxis bei der Vermietung öffentlicher Einrichtungen an die AfD.
Oberbürgermeister Eckart Würzner antwortete, dass nach einem Beschluss des Gemeinderats allen demokratisch gewählten Parteien ein Mietrecht zustehe. Der OB machte keinen Hehl daraus, was er selbst von der AfD und ihren Vertretern hält. Rechtspopulistische Aussagen von AfD-Vertretern störten ihn im demokratischen Selbstverständnis. Csaszkóczy legte nach: Ob es legal sei, dass die AfD wie am 12. Mai eine zunächst öffentliche Veranstaltung zu einer geschlossenen erkläre, Besucher selektiere und Interessierte von einer privaten Security nach Parteiausweisen fragen lasse.
OB Würzner sagt schriftliche Antwort zu
Würzner antwortete ausweichend. Parteien könnten bei ihren Veranstaltungen vom Hausrecht Gebrauch machen. Er bot dem Fragesteller an, seine Fragen auch schriftlich zu beantworten. Die AfD-Stadträtin Anja Markmann – die AfD stellt in Heidelberg zwei Ratsmitglieder – ergriff das Wort: „Ich hätte dazu auch noch was zu sagen.“. OB Würzner ließ den Redebeitrag jedoch nicht zu: „Diese Frage ist beantwortet, wir fahren fort in der Tagesordnung.“
Klos kündigte weitere Parteiveranstaltungen der AfD für den 12. Juni in Heilbronn und den 12. Juli in Pforzheim an. Aus dieser Stadt gebe es schon mehr als 800 Voranmeldungen.
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