Göppingen. Der am Dienstag, 4. Juli erschienene Kommentar „Friede, Freude, Linkspartei?“ von Ferry Ungar über den Umgang Göppinger Linker mit Vertretern der AfD stieß bei den Gescholtenen naturgemäß auf wenig Gegenliebe. „Geht die Göppinger Linke auf Kuschelkurs mit der AfD?“, hatte unser Kommentator entsetzt gefragt. Nun wiesen die Linksjugend Solid Göppingen & Geislingen und der Kreisverband der Linken Göppingen den Vorwurf zurück und begründeten ihr Vorgehen. Den Wortlaut der beiden Erklärungen wollen wir unseren Leserinnen und Lesern nicht vorenthalten.
Der Kommentar Ferry Ungars bezog sich auf eine Vorführung des Films „Blut muss fließen – Undercover unter Nazis“ am 30. Juni in Göppingen. Dort hatten die Veranstalter zwei Vertreter der AfD per Handschlag begrüßt und waren auch sonst zu ihnen nicht erkennbar auf Distanz gegangen (siehe „Mit versteckter Kamera unter Neonazis„).
Beide Organisationen nannten ihre Stellungnahmen nun „Gegendarstellung“, obwohl sie den Sachverhalt nahezu vollständig bestätigen – allerdings anders interpretieren. Die Linksjugend Solid empfindet es als „Dreistigkeit, an Verleumdung grenzend, wenn uns unterstellt wird, die AfD zu unserer Veranstaltung herzlich willkommen geheißen oder sogar eingeladen zu haben“. Sie betont, als Mitveranstalter nicht an der Handschlag-Aktion der beiden namentlich genannten Vertreter der Linken beteiligt gewesen zu sein. Und deshalb – ja, deshalb sei es falsch, von „den Veranstaltern“ zu sprechen.
„Es gilt der AfD nicht die ‚Opferrolle‘ zuzugestehen, sondern sie inhaltlich zu entlarven!
Auf unseren Wahlveranstaltungen im Kreis ist die AfD allerdings nicht willkommen!“, stellt der Göppinger Kreisverband der Linken immerhin klar. Sowohl Konstantinos Katevas als auch Christian Stähle hätten „mit klarem und scharfem Ton“ darauf aufmerksam gemacht, „dass diese Filmveranstaltung einen besonderern Charakter gehabt hatte und die geduldete Teilnahme der AfD eine einmalige Ausnahme gewesen ist“.
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Die Pressemitteilung der Sprecher der Linksjugend Solid Göppingen & Geislingen im Wortlaut:
„Beobachter mit Sehschwäche?
Wir müssen uns täglich von rechten, konservativen und rechtskonservativen Medien denunzieren lassen, aber eine solche Ansammlung von haltlosen Anspielungen und schlichten Unwahrheiten von den BeobachterNews unter dem Deckmantel des Journalismus hätten wir nie erwartet.
Die Veranstaltung war seit längerer Zeit geplant und sollte die Gesellschaft über Rechtsextremismus und seine Auswüchse informieren. Vor allem aber sollte der Film zeigen, wie Nazis versuchen, junge Menschen langsam in die Szene einzuführen und ihnen so ihr faschistisches Gedankengut einzuimpfen.
Dieses Ziel wurde erreicht.
Wir werden uns nachfolgend nun Aussage für Aussage des Kommentars vornehmen:
Warum ist die AfD nicht auf dem Hinweisschild aufgeführt?
An beiden Veranstaltungsorten, Geislingen und Göppingen, hing das abgebildete Schild, mit dem wir als Veranstalter von unserem Hausrecht Gebrauch machen und von vornherein folgende Organisationen und deren Anhängerschaft mittels Hausverbot aussperren: Dritter Weg, die Rechte, NPD und deren Jugendorganisation, Autonome Nationalisten, Freie Kräfte, Identitäre, Unsterbliche. Deren Sympathisanten, gemeinhin als bekennende Faschisten definiert, waren ebenfalls unerwünscht.
Auch wenn manche glauben wollten, dass wir die AfD schlichtweg vergessen hatten zu erwähnen, dem ist nicht so. Die Entscheidung, deren Vertreter ebenfalls auszusperren, wurde lange diskutiert. Wir haben uns grundsätzlich dagegen entschieden, behielten uns aber die Möglichkeit vor, diese als Sympathisanten rechter Gesinnung jederzeit entfernen lassen zu können.
Wie die Begrüßung deutlich gemacht hat, boten wir den Herren der AfD diesen Vortrag als eine Art Bildungsveranstaltung an und wer würde widersprechen, dass sie diese nicht dringend nötig gehabt hätten.
Es gibt viele Meinungen zum Umgang mit der AfD. Eins ist klar: Es gibt nicht DIE EINE Lösung; aber wir werden uns sicher nicht vorschreiben lassen, mit wem wir zu sprechen haben und mit wem nicht.
Die Begrüßung – Der Handschlag
In diesem Abschnitt stecken gleich mehrere inhaltliche Fehler. Eine Begrüßung der AfD’ler fand nur durch Vertreter der Linkspartei nicht aber der linksjugend statt. Von „den Veranstaltern“ zu sprechen, ist daher schlichtweg falsch. Auch sollte klargestellt werden, dass dieser Handschlag nicht im Rahmen der Einleitung der Veranstaltung, sondern bereits zuvor ausgeführt wurde.
Zwar wurden die beiden Herren in der Einleitung tatsächlich auch direkt angesprochen, allerdings waren die Worte wohl wenig schmeichelnd. Genosse Christian Stähle „begrüßte“ ihre Anwesenheit und den Umstand, dass sie sich mit dem Gedankengut jener Leute auseinandersetzen wollen, deren Umgang sie in ihrer Partei pflegen.
Wahrheiten wegzulassen ist auch nicht besser als lügen liebe BeobachterNews.
Nur ein versuchter Konter?
Stadtrat Christian Stähle versuchte die AfD bei der an den Film anschließenden Diskussion nicht nur zu kontern, er tat es. Es ist auch falsch, den Eindruck einer hitzigen Diskussion mit den Männern der AfD zu erwecken, da keiner Argumente gegen den Film vorbringen konnte (, ohne sich selbst zu verraten).
Die AfD auf Anti-Nazi-Demo
Erst wirft man uns vor, der abstrusen Idee des Mitlaufens der AfD bei dieser Demo nicht widersprochen zu haben, nur um dann im nächsten Abschnitt selbst festzustellen, dass „die Göppinger Linkspartei ganz sicher nicht entscheiden wird, wer auf einer Demonstration gegen Neonazis läuft.“ Dieser vermeintliche Vorwurf wird sogar durch den Kommentator höchstpersönlich entkräftet, als er sich direkt hintereinander selbst widerspricht.
Natürlich haben wir kein Interesse an einer Anti-Nazi-Demo mit der AfD, aber wir sind eben nicht der Veranstalter dieser Demonstration, haben daher schlichtweg gar nicht die Möglichkeit, der AfD die Teilnahme zu untersagen.
Was bleibt zu sagen? Wir empfinden es als Dreistigkeit, an Verleumdung grenzend, wenn uns unterstellt wird, die AfD zu unserer Veranstaltung herzlich willkommen geheißen oder sogar eingeladen zu haben, weil wir ihr nicht zusammen mit den rechtsextremistischen Parteien und Organisationen von Beginn an Hausverbot erteilt haben. Es wird gar von einem roten Teppich gesprochen, den wir für die AfD ausgerollt hätten.
Wir waren es, die unlängst in Uhingen gegen Beatrix von Storch protestiert haben und wir waren DIE EINZIGEN dort! Entgegen antifaschistischen Lippenbekenntnissen lassen wir auch Taten folgen.
Interessant hierbei übrigens, dass der Redakteur der BeobachterNews in Uhingen offenbar nicht davor zurückscheute, von Storch die Hand zu geben und Smalltalk mit ihr zu halten – wenn das der rechtpopulistischen bis faschistischen Stimmung in Teilen von Uhingen mal nicht in die Karten gespielt hat…
Da wir die BeobachterNews normalerweise sehr schätzen, sind wir umso erstaunter, geradezu entsetzt, in welch populistischer Manier unsere Veranstaltung hier in den Dreck gezogen wird und den Faschisten in diesem Land praktisch in die Hand gespielt wird.“
Die vom Medienbeauftragten René Niess unterzeichnete Presseerklärung des Kreisverbands der Linken Göppingen im Wortlaut:
„Es gilt der AfD nicht die „Opferrolle“ zuzugestehen, sondern sie inhaltlich zu entlarven!
Auf unseren Wahlveranstaltungen im Kreis ist die AfD allerdings nicht willkommen!
Am Freitag, den 30.6.2017 fand in Göppingen und Geislingen eine Informationsveranstaltung von verschiedenen SMV`en des Kreisgebietes, der linksjugend [’solid] und der Kreis-LINKEN zu den den Anwerbungsmethoden von Nazis, über Musik und Konzerte statt.
Es war ausdrücklich mit dem Regisseur vereinbart, auf eine Wahlveranstaltung und parteiliche Ausrichtung, so kurz vor der Bundestagswahl, zu verzichten. Hier, vor allem in städtischen kommunalen Jugendräumen, mit Gewalt das Hausrecht zu erzwingen, war bei dieser reinen Informationsveranstaltung, bei der weder die Jugendorganisation [’solid] noch DIE LINKE. alleine den Hut auf hatte, weder zielführend noch klug.
Nach der gelungenen Gegen-Aktion des Kreisverbandes der LINKEN bei der Wahlveranstaltung mit Frau von Storch in Uhingen (siehe unten) hatte die AfD via Facebook ihre Teilnahme an der Filmvorführung des in 2012 auf der Berlinale ausgezeichneten Films angekündigt.
Um der AfD keine Plattform zu bieten, dass sich DIE LINKE. undemokratisch verhält, wurden die beiden Vertreter der AfD von einem unserer Vorsitzenden, Kreis- & Stadtrat Christian Stähle, mit Ironie und Sarkasmus begrüßt. Dabei merkte dieser zum „Handschlag“ süffisant an, dass sie heute vielleicht durch den gezeigten Film „Blut muss fließen“ etwas über ihre „Nazi- Mitglieder“ Land auf Land ab lernen könnten.
Auch in der anschließenden Diskussion zum Film setzte sich unserer Vorsitzender und andere Gäste scharf mit der AfD, dem Bundestagskandidaten Münz, sowie B. von Storch, etc. auseinander.
Im Anschluss an die überparteiliche Informationsveranstaltung machte DIE LINKE. im Kreis, sowohl unser Bundestagskandidat Konstantinos Katevas als auch Christian Stähle, deutlich, dass die AfD bei zukünftigen Parteiveranstaltungen NICHT WILKOMMEN ist. Sie machten mit klarem und scharfem Ton darauf aufmerksam, dass diese Filmveranstaltung einen besonderern Charakter gehabt hatte und die geduldete Teilnahme der AfD eine einmalige Ausnahme gewesen ist.“
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