Von Meide Wolt – Stuttgart. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat Mulis Kaya am Donnerstag, 13. Juli, wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung, namentlich der PKK, zu drei Jahren und drei Monaten Gefängnisstrafe verurteilt. Nach siebenmonatiger Verhandlung folgte der Senat weitgehend dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft, die drei Jahre und neun Monate gefordert hatte. Die Verteidigung kündige Berufung gegen das Urteil an.
In der Urteilsbegründung führte der Vorsitzende Richter Dr. Claus Belling aus, der Senat habe bedacht, dass Demonstrationen der kurdischen Bevölkerung in der Türkei teils mit extensiver Gewalt angegriffen werden, dass tausende Wohnungen durch türkisches Militärs zerstört, hunderttausende Menschen vertrieben, ihre Sprache unterdrückt und zahlreiche Menschen umgebracht worden seinen. Dies rechtfertige aber nicht den Kampf der PKK gegen den türkischen Staat.
„Dies alles ist furchtbar. Es ändert aber an der Einordnung der PKK als terroristisch nichts“, so der Senat in seiner Begründung. Als Grund dafür nannte der Senat Angriffe der Guerilla auf türkische Soldaten und Polizisten, bei denen es zahlreiche Opfer auch unter Zivilisten gab, und Hinrichtungen verschiedener von der PKK als Kollaborateure bezeichneter Personen. Ebenso die Rhetorik verschiedener PKK-Mitglieder, die vom Senat etwa mit „Lasst die Erde beben“ zitiert wurden.
Selbst Gedenkveranstaltungen gelten als Propaganda
Wie üblich bei Verfahren in Deutschland gegen kurdische Aktivisten nach § 129b StGB (Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland), hat auch Mulis Kaya keine einzige strafbare Handlung begangen. Nach Ansicht des Gerichts hat er aber die Ziele der PKK in Deutschland gefestigt.
Weil für den Senat die Neujahrsfeier der kurdischen Bevölkerung Newroz, Kulturfestivals, Gedenkveranstaltungen für getötete KurdInnen (etwa nach dem Mord an drei Frauen in einem Büro in Frankreich), Demonstrationen (etwa gegen die Massaker der türkischen Regierung), Protestmärsche (etwa für die zahlreichen Gefangenen in türkischen Gefängnissen) und Kundgebungen durchweg zur Propaganda der PKK gerechnet werden, gilt die Organisation und Durchführung solcher Veranstaltungen ebenfalls als Terror.
Vorwürfe stützen sich auf belanglose Kurznachrichten
Die Vorwürfe gegen Kaya reichen von der Feststellung, dass er öfters seine Mobilfunknummer wechselte, bis zur Behauptung, dass er offensichtlich ein führendes Mitglied der PKK sein müsse, weil er verschiedenen Menschen auffordernde Kurznachrichten schickte, wie beispielsweise die vom Senat zitierten: „In Ordnung, sobald du fertig bist, komm umgehend zurück“ oder „Hallo. Morgen um zehn findet ein Kongress statt, ich rechne mit dir!“. Auch soll er SMS nicht mit seinem Namen, sondern meistens gar nicht oder mit einem Spitznamen unterschrieben haben.
„Es wurde nicht offen kommuniziert“, so der Senat. Für das Gericht belegte dies eindeutig die Verheimlichung seiner Aktivitäten.
Kommentar: Bescheidenes Ergebnis
Da alle kurdischen AktivistInnen damit rechnen müssen, beim Gebrauch ihres Demonstrationsrechts überwacht zu werden, hat der Senat damit eigentlich nur festgestellt, dass die Methoden der deutschen Sichheitsbehörden offensichtlich ihre Spuren hinterlassen. Ein denkbar bescheidenes Ergebnis von 75 Sitzungstagen vor Gericht mit 770 verlesenen Kurznachrichten und 28 angehörten Telefongesprächen.
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