Von Alfred Denzinger – Ludwigsburg. Die AfD hatte für Dienstagabend, 18. Juli, ins Forum am Ludwigsburger Schlosspark geladen. Bestuhlt war für 980 BesucherInnen, gekommen sind nach Angaben des Forums aber nur 230. Vor der Halle protestierten rund 150 AfD-GegnerInnen gegen die rechte Veranstaltung. Der Haupteingang war zeitweise blockiert. Nach AfD-Angaben auf Facebook kamen zwischen 50 und 100 Besucher nicht rein. Nach der angemeldeten Protest-Kundgebung gegen die AfD gab es eine Spontandemonstration zum Bahnhof. Der Ludwigsburger Stadtrat Oliver Kube, Sprecher des Bündnisses „Ludwigsburg gegen Rechts“, wirft den Polizeibeamten unnötige Gewaltanwendung vor. Die Polizei, die mit circa 50 Beamten im Einsatz war, widerspricht.
Als die etwa 100 spontan Demonstrierenden nach zehn bis 15 Metern die Stuttgarter Straße an einer Fußgängerampel überqueren wollten, wurden sie von der Polizei gestoppt. Auch ein Polizeihund war in vorderster Reihe im Einsatz. Laut Stuttgarter Zeitung hat Polizeisprecher Peter Widenhorn erklärt, die DemonstrantInnen hätten versucht, bei Rot die Straße zu überqueren. Dies sei der Grund dafür gewesen, eine Polizeikette zu bilden. Es sei niemand verletzt worden.
Polizist teilt Faustschläge aus
Die DemonstrantInnen wurden auch während mehrerer Grünphasen der Ampel daran gehindert, die Straße zu überqueren. Es kam zu einer Rangelei, bei der ein Polizist augenscheinlich mehrfach mit der Faust heftig auf den Körper eines Demonstranten einschlug. Zwei Polizeikollegen griffen ein und zogen den offensichtlich gewalttätigen Beamten weg.
Nach unseren Fotodokumentationen dauerte diese Polizeisperre zwischen 9 und 10 Minuten. Dann wurde die Sperre plötzlich aufgehoben, und der Demonstrationszug lief ungehindert durch die Ludwigsburger Innenstadt zum Bahnhof. Dort löste sich die Demonstration auf.
Der schon bekannte angetrunkene rechte Pöbler
Aus dem Fenster eines Sportstudios wurde Wasser auf die DemonstrantInnen gespritzt. Für Unruhe sorgte ein sichtlich angetrunkener Mann, der die DemonstrantInnen beschimpfte und auf sie losstürmen wollte. Ein anderer Mann und Polizeibeamte hielten ihn in Schach. Derselbe Mann war bereits bei einer Demonstration am Samstag zuvor durch rechtsradikales Geschrei und einen Angriffsversuch aufgefallen (siehe Zivilcourage selbstverständlich machen).
Während der AfD-Veranstaltung gelang es der Polizei nicht, die Protestierenden vom Haupteingang der Halle fernzuhalten. Allerdings wurden mehrfach DemonstrantInnen von der Polizei angegriffen. Mehrere Protestierende kamen zu Fall. Die Beamten nahmen auch keine Rücksicht auf einen Mann, der mit zwei Krücken unterwegs war. Auch er ging zu Boden.
Polizei sammelt Fotos, Türsteher siebt Besucher aus
Ein Beamter fotografierte DemonstrationsteilnehmerInnen mit einer kleinen Digitalkamera. Mit den an seine Kollegen gerichteten Worten „jetzt habe ich sie alle“ schloss er seine Foto-Session ab. Die rechtliche Grundlage wird vermutlich genauso im Dunkeln bleiben wie der Verwendungszweck dieser Fotos.
Die Türsteher der Partei trugen zusätzlich zur Ausdünnung der Besucherzahl bei. Wer es durch die Menge der GegendemonstrantInnen geschafft hatte, wurde erst mal von der Security begutachtet. Falsches Aussehen reichte offenbar, abgewiesen zu werden. Sah man hingegen – aus der Sicht der Türsteher – wie ein AfD-Fan aus, durfte man passieren. So mancher Abgewiesene verstand an diesem Abend die (AfD-)Welt nicht mehr.
Dank an Polizei für G20-Einsatz
Mehrere AfD-Fans, die es bis zum Eingang geschafft hatten, provozierten anschließend die protestierende Menge teilweise lautstark und mit entsprechenden Gesten. Einer hielt eine Seite der Bildzeitung hoch, auf der der Polizei für ihren Einsatz bei den G20-Protesten in Hamburg gedankt wurde.
Das Forum am Schlosspark entfernte im Vorfeld der Veranstaltung die Werbeplakate der AfD aus den Schaukästen. Das große Banner mit den Bilder von den Schlossfestspielen wurde mit einem schwarzen Laken verdeckt. Offensichtlich will das Forum nicht mit der AfD in Verbindung gebracht werden.
Ludwigsburg ist kein gutes Pflaster für die AfD
Die Ludwigsburger Kreiszeitung berichtete, die Stadtverwaltung habe die von der AfD gehissten Flaggen entfernt. Sie habe befürchtet, die Deutschlandfahne, die Baden-Württemberg-Fahne und die Ludwigsburg-Fahne „könnten die Stimmung und den Konflikt weiter anheizen“. Außerdem habe man „nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf die AfD-Veranstaltung lenken wollen“.
Alles in allem war die Veranstaltung ein Flop für die AfD und die auftretenden Politiker – Jörg Meuthen, Bundesvorsitzender und Fraktionschef im Landtag, Nicolaus Fest, stellvertretender Ex-„Bild am Sonntag“-Chefredakteur und Berliner Kandidat für den Bundestag, Martin Hess, Polizist und Direktkandidat für den Wahlkreis Ludwigsburg. Die Stadt scheint für die rechtsradikale Partei kein gutes Pflaster zu sein.
Alice Weidel will in der Musikhalle sprechen
Stadtrat Oliver Kube, Sprecher des Bündnisses „Ludwigsburg gegen Rechts“, zeigte sich zufrieden. Es sei gelungen, ein deutliches Zeichen zu setzen. Die AfD sei in Ludwigsburg nicht willkommen. Nach Kubes Angaben sind zwei Demonstranten von Polizisten verletzt worden. Zwei weitere sollen vorübergehend festgenommen worden sein.
Trotz allem hat die stark rechtslastige Partei bereits ihren nächsten Auftritt in Ludwigsburg angekündigt. Sie will am Mittwoch, 13. September, mit ihrer Spitzenkandidatin Alice Weidel in der Ludwigsburger Musikhalle auftreten. Die Proteste dagegen sind vorprogrammiert.
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