Von unserer Redaktion – Ulm. AktivistInnen des Kollektiv.26 nahmen am traditionellen Schwörmontag in Ulm das Nabada (schwäbisch für „Hinunterbaden“) zum Anlass, um auf die aktuelle Situation von Flüchtlingen im Mittelmeer aufmerksam zu machen.
Schwörst du noch …
Der Schwörmontag findet in Ulm jedes Jahr am vorletzten Montag im Juli statt, in diesem Jahr am 24. Pünktlich um 12 Uhr legte der amtierende Ulmer Oberbürgermeister Gunter Czisch seinen Eid auf den großen Schwörbrief ab. Mit den Worten: „Reichen und Armen ein gemeiner Mann zu sein in allen gleichen, gemeinsamen und redlichen Dingen ohne allen Vorbehalt“ schwor er auf die Stadtverfassung aus dem Jahr 1397.
… oder [er]säufst du schon?
Am Nachmittag lockt das „Nabada“ tausende Menschen an die Donau. Sie bestaunen die vielen Themenboote, die ähnlich wie bei einem Faschingsumzug auf dem Wasser sind. Hinzu kommen tausende „wilde“ Nabader mit zum Teil selbst gebastelten Flößen und Booten. An diesem Tag steht das Feiern – und bei etlichen auch der Alkohol – im Vordergrund.
AktivistInnen des Kollektiv.26 hängten kurz vor Beginn des Nabada Banner an der Eisenbahnbrücke auf, die sich in unmittelbarer Nähe zum Start der „wilden“ Nabader befindet. Sie sollten mit den Worten „Schwörst du noch oder [er]säufst du schon? – Antifa Mittelmeer“ auf die aktuelle Flüchtlingskrise im Mittelmeer aufmerksam machen. Auf zwei weiteren Bannern ist zu lesen „Autos brennen und ihr schreit – Menschen sterben und ihr schweigt“. Damit sollte wohl der Bezug zu den Protesten rund um das G20-Treffen in Hamburg hergestellt werden.
Identitäre Bewegung taucht ab statt auf
Wenig später tauchte hinter der Eisenbahnbrücke direkt über den Köpfen der ZuschauerInnen ein Banner der rechtsextremistischen „Identitären Bewegung“ an einem Metallseil auf. Es wurde von einem Aktivisten dieser rassistischen Gruppierung angebracht. Er konnte unbekannt in der Menschenmenge untertauchen. Mehrere ZuschauerInnen wiesen die anwesenden Polizeibeamten auf das Banner hin. Trotzdem wurde das Transparent der unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehenden rechten Bewegung nicht entfernt.
Eine Zuschauerin sagte den ReporterInnen der Beobachter News, dass sie bei der Polizei Anzeige erstatten wollte und darum bat, dass das Banner abgehängt wird. Die Polizei habe ihr entgegnet, dass die Antifa doch auch Banner aufgehängt hätte. Auch sei ihr Versuch, den Polizeibeamten den Unterschied in den Inhalten der Aktionen zu erklären, gescheitert. Die Polizisten habe es nicht interessiert, dass das Banner der „Identitären Bewegung“, sowie die gesamte Organisation fremdenfeindlich und rechtsextremistisch seien. Die Aktion der Antifa stehe hingegen für Menschenrechte und Geflüchtete ein.
Nach etwa einer halben Stunde hangelte sich ein Zuschauer an dem Metallseil entlang und entfrernte das Banner. Mit den Worten „Weg mit dem Scheiß“ ließ er es unter Applaus der ZuschauerInnen in die Donau fallen. Dort fischte es die Wasserschutzpolizei auf. Kurze Zeit später wurden auch die Banner des Kollektiv.26 von der Eisenbahnbrücke von der Polizei entfernt.
Ein Banner „hält durch“
Als das Nabada bereits vorbei war, gab es einen Polizeieinsatz am „Falkenkeller“, der direkt an der Donau liegt. Dort hing ein weiteres Banner, das auf die Migrationspolitik aufmerksam machen sollte. Die Polizei forderte einige Personen auf, das Banner zu entfernen. Andernfalls würden es die Einsatzkräfte entfernen. Der Aufforderung kam niemand nach.
Es folgte eine etwa 20-minütige Diskussion zwischen zwei Polizeibeamten sowie anwesenden und vorbeilaufenden Personen. Nach mehreren Telefonaten, wohl mit einem Vorgesetzten, bei denen die Beamtin wiederholt die Aufschrift des Banners vorlas, rückte die Polizei wieder ab. Es liege offenbar doch nicht in ihrem Aufgabenbereich, sich um das Banner zu kümmern. Hierfür sei das Ordnungsamt zuständig. Diesem schien der Vorfall nicht wichtig zu sein. Das Banner blieb den ganzen Abend über hängen.
Nachrichten-Ente
Für großen Unmut in den sozialen Netzwerken sorgte am Dienstag die Berichterstattung der Südwest Presse (SWP). Die SWP betitelte den Aktivisten der „Identitären Bewegung“ als sportlichen jungen Mann, der das Banner sowohl auf- als auch abgehängt haben solle. Zu letzterer Aktion soll er angeblich durch die Polizei aufgefordert worden sein.
Am Mittwoch korrigierte die SWP ihren Bericht in einem Satz: „Die als rechtsradikal geltende ‚Identitäre Bewegung‘ hatte zuvor zum Nabada ein Transparent über die Donau gespannt, das aufmerksame Passanten abnahmen.“
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