
Große Anfrage?! Unser Chefredakteur amüsiert sich über diese „AfD-Lachnummer“ ganz besonders: „Von einem Herrn Professor hätte ich deutlich mehr erwartet. Extrem schwache Leistung.“
Stuttgart. Sachen gibt’s! Die AfD im Stuttgarter Landtag widmet uns eine „Große Anfrage“, genannt auch „die schärfste Waffe der Opposition“ – immerhin kann das Instrument sogar zu einer Debatte im Parlament führen. Unter der Überschrift „Angriff auf einen sogenannten ‚Antifaschisten‘ unter Beleuchtung und besonderer Beachtung des Konfliktfelds linker Strukturen“ stellt die AfD auf drei Din-A-4-Seiten mit Datum vom 20. Juli 23 Fragen, die nun die Landesregierung beantworten soll. Unterzeichnet ist der Katalog von „Dr. Meuthen, Berg und Fraktion“. Er betrifft fast ausschließlich die Beobachter News und ihren Chefredakteur „A.D.“. Es handelt sich um ein wirres, ziemlich ratlos machendes Sammelsurium. Als kleines Online-Magazin fühlen wir uns jedoch ob der uns zugeschriebenen Bedeutung geehrt.
Die vorgelegte Sammlung zeugt von – gelinde gesagt – merkwürdiger Phantasie, wenn nicht Verschwörungsphobie. Unter anderem wird nach der „Zusammenarbeit“ der Beobachter News mit allerhand Organisationen geforscht – darunter einigen, deren Namen wir noch nie gehört haben. Irgendwelche Referenten der Fraktion müssen beträchtliche Arbeit in den Katalog gesteckt und dabei ziemlich viel durcheinander gebracht haben.
Die Fragen offenbaren vor allem eines: dass die AfD das mit der Pressefreiheit und der Aufgabe von Medien irgendwie nicht verstanden hat. Ebenso wenig die Arbeitsweise von Redaktionen. Vermutlich auch nicht verstehen will. Es lässt sich leicht ausmalen, wie es in der Bundesrepublik um die Pressefreiheit und kritischen Journalismus bestellt wäre, sollte es die Partei je zu Einfluss bringen. Die Frage ist also: Was soll das Ganze?
Journalisten gelten als Berufsgeheimnisträger
Die baden-württembergische AfD hat sich mit ihren meist unsinnigen Anfragen bereits einen einschlägigen Ruf im Landtag und bei der Landesregierung erworben. Sie hatte auch schon eine kleine Anfrage zu „Kontakten von Zeitungsredakteuren zur vom Verfassungsschutz beobachteten gewaltbereiten linken Szene und anderer linker Gruppierungen“ eingereicht und am 23. Juni von der Landesregierung deutlich Auskunft erhalten: „Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beobachtung durch das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) ergeben sich aus dem Bundesverfassungsschutzgesetz und werden in untergesetzlichen Dienstvorschriften konkretisiert. Journalistinnen und Journalisten gelten danach als Berufsgeheimnisträger im Sinne des § 53 Absatz 1 der Strafprozessordnung. Für alle Berufsgeheimnisträger gilt: Allein ein Kontakt mit Extremisten aufgrund der beruflichen Tätigkeiten für sich betrachtet rechtfertigt keine Beobachtung bzw. Speicherung. Etwas anderes gilt, wenn bei dem Berufsgeheimnisträger selbst Anhaltspunkte für eine extremistische Tätigkeit vorliegen, etwa aufgrund einer Mitgliedschaft in bzw. der Zugehörigkeit zu einem Beobachtungsobjekt. Solche Erkenntnisse (…) liegen der Landesregierung nicht vor.“
Nun probiert es die AfD also mit der großen Anfrage zu den Beobachter News. Mehrere Fragen betreffen Anschläge auf das Auto unseres Chefredakteurs, sein Wohnhaus und dessen Umgebung. Offenbar vermutet die AfD die Täter statt im rechten Milieu im türkisch-nationalistischen – eine Idee, auf die wir bisher nun wirklich noch nicht gekommen sind.
Und was macht der Verfassungsschutz?

Prof. Dr. Jörg Meuthen, Bundessprecher der AfD und Fraktionsvorsitzender im Landtag von Baden-Württemberg
Sodann fragt die AfD nach der Position des Verfassungsschutzes zu unserem Online-Magazin, nach der möglichen Bedeutung der „Beobachter News“ für die „extrem linke Szene“, nach“personellen Verflechtungen“ und alle möglichen Kontakten. Selbstverständlich verzichtet die AfD auch nicht auf die in Fragen gekleidete Unterstellung, die Berichterstattung der Beobachter News könnte „zu Anschlägen gegen Andersdenkende“ geführt haben oder das Magazin sei „in Rechtsbrüche in Zusammenhang mit Abschiebungen“ verwickelt.
Schräg erscheint außerdem, dass die Landtags-AfD auch Fragen nach ihrer eigenen Anhängerschaft stellt – etwa ob „die Organisation ‚Fellbach wehrt sich’/’Fellbach hilft‘ vom Verfassungsschutz beobachtet“ wird. Unsere Prognose: Das wird sie ob ihrer doch sehr überschaubaren Bedeutung nicht. Soviel Augenmaß trauen wir dem Landesamt für Verfassungsschutz nun doch zu.
Folge uns!