Von Franziska Stier – Basel. Am Mittwochnachmittag, 23. August, wurde das besetzte Haus „Schwarze Erle“ in Basel geräumt. Der friedlichen Räumung folgte eine Demonstration am Abend. Es wurden weitere Proteste angekündigt. Für die plötzliche Räumung gab es keinen Räumungsbefehl.
SympathisantInnen der „Schwarzen Erle“ berichteten, dass die Vertreibung sehr unerwartet kam. Der Besitzer, eine St. Galler Immobilienfirma, ließ die Türen aufbrechen und verlangte von den BewohnerInnen, ihre Bleibe zu verlassen. Nicht alle folgten der Aufforderung sofort, sodass der Eigentümer die Polizei zur Unterstützung anforderte. In der Folge verließen die BesetzerInnen ihr Zuhause friedlich.
Die Polizei sperrte indessen das Gebäude weiträumig ab, videografierte auch außerhalb der Sperrzone, verhielt sich aber vorwiegend deeskalativ.
Grundrechte müssen bezahlt werden
Auch die Schweizer Bundesverfassung kennt die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13). Das Resultat dieser Räumung zeigt jedoch, dass man für dieses Grundrecht Miete zahlen muss. „Das muss man sich mal vorstellen. Vollkommen unvermittelt und ohne Vorwarnung steht nach zwei Jahren ein Fremder in deinem Zimmer und sagt: Pack deine Sachen und geh. Und man gibt ihm das Recht dazu“, beschreibt Nicola Goepfert die Situation. Er selbst wohnt nicht dort, besuchte aber gelegentlich die Konzerte und Veranstaltungen.
„Häuser denen, die drin wohnen“
Auch BastA! und JUSO-Präsidien solidarisieren sich mit der „Schwarzen Erle“. „Das Recht, sein Eigentum verrotten zu lassen, wird höher gewichtet als alles andere“, erklärt Tonja Zürcher in einer gemeinsamen Medienmitteilung mit den JungsozialistInnen. Zynisch sei es gegenüber allen, die keine geeignete, bezahlbare Wohnung finden.
Mirjam Kohler, Präsidentin der JUSO Basel-Stadt, geht noch einen Schritt weiter und erklärt, dass es nur konsequent sei, leerstehende Häuser zu besetzen, um dem künstlich aufgeblähten Mietpreisboom etwas entgegen zu setzen.
Alternativkultur muss der Gentrifizierung weichen
Mit der Räumung der „Erle“ weicht Alternativkultur zunächst dem Leerstand, dann der Gentrifizierung. In den letzten zehn Jahren wurde das Quartier rundherum deutlich aufgewertet. So wich Alternativkulturraum auf dem NT-Areal einer modernen Parkanlage und dem höherpreisigen Wohnkomplex Erlenmatt.
Nicht weit entfernt von der „Schwarzen Erle“ findet der aktuellste Verdrängungskampf von Mieterinnen und Mietern in der Mattenstrasse statt. Hier plant der karitativ katholische Eigentümer einen Abriss des günstigen Wohnraums, um mit einem Neubau die Wohnfläche zu vergrößern.
Es bleibt ein alltägliches Ringen um die Frage, wem die Stadt gehört und wie sie zu gestalten ist. Das letzte Wort zur „Erle“ ist vermutlich noch nicht gesprochen.
Zur Geschichte der „Schwarzen Erle“:
Schon 2003 wurde das Gebäude besetzt. Auch damals galt die Besetzung laut BaZ der Schaffung bezahlbaren Wohnraums. Nach der Räumung entstand ein Bordell, das später von einem unsauberen Pensionskassen/Immobilienkonstrukt aufgekauft wurde. Im Frühjahr 2012 schloss das Bordell. 2014 wurden die Hausbesitzer wegen Veruntreuung der Pensionskassengelder inhaftiert und das Haus an eine St. Galler Immobilienfirma über, die das Objekt verfallen ließ. Im Januar 2015 wurde das Gebäude erneut besetzt und zur Schwarzen Erle getauft. Seither war die Erle ein Ort alternativer Kultur mit Konzerten, Festen und politischen Veranstaltungen.
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