München. Beamte des Staatsschutzes mit Unterstützung der bayrischen USK-Einheit drangen am Donnerstag, 31. August, um 5.30 Uhr, in eine Münchner Wohngemeinschaft ein. Sie hatten einen Durchsuchungsbefehl zur Gefahrenabwehr. Der Betroffene sieht die Hausdurchsuchung in Zusammenhang mit einer Personenkontrolle vor einer Woche und dem kurzzeitig besetzten „LAU-Haus“.
Mehrere Gegenstände wurden beschlagnahmt. Für Sonntag, 3. September, 15 Uhr ruft das „Für LAU-Haus“ zu einem „Soli-Cornern“ – gemeinsamem Zusammensitzen und Trinken – vor dem ehemaligen Schnitzelhaus, das im Juli für kurze Zeit besetzt war, auf.
Nach Angaben des 31-jährigen Aktivisten Emran Z. (Name geändert) hämmerten Beamte frühmorgens an die Tür der Wohngemeinschaft. Nach dem Öffnen sei ein Mitbewohner gewaltsam über ein Schuhregal gestoßen worden. Direkt darauf hätten zwei USK-Beamte den Aktivisten in seinem Zimmer an einen Schrank gedrückt und sofort mit Handschellen fixiert. Anschließend sei der Gefesselte auf ein Sofa gesetzt worden, und ein Staatsschutzbeamter habe ihm den Durchsuchungsbeschluss auf den Schoß gelegt.
Die Beamten hätten gefragt, ob Zeugen aus der Nachbarschaft hinzugezogen werden sollen. Der Aktivist habe geantwortet, dass er einen Anwalt hinzuzuziehen möchte. Darauf hätten die Beamten erwidert, dafür sei keine Zeit. Ein Beamter notierte später im Protokoll, dass der Aktivist auf Zeugen verzichtet hätte.
Im weiteren Verlauf wurde auch die Wohnküche durchsucht. Die Zimmer der vier MitbewohnerInnen der Wohngemeinschaft wurden fotografiert, aber nicht durchsucht. Die Polizeikräfte beschlagnahmten Speichermedien, Handys, Computer und USB-Sticks und Material wie Bettlaken. Sie könnten den BeamtInnen zufolge zum Herstellen von Bannern dienen.
Emran Z. vermutet einen Zusammenhang der Durchsuchung mit dem im Juli 2017 besetzten „ LAU-Haus“. Er werde nun verdächtigt, eine Hausbesetzung geplant zu haben. Vor ungefähr einer Woche habe er eine Tasche mit Bannern dabei gehabt, auf denen Solidarität mit dem „Für LAU-Haus“ ausgedrückt wurde. Auf dem Nachhauseweg sei er in eine Personenkontrolle geraten, weil an seinem Fahrrad das Licht nicht funktionierte.
„Die Beamten der damaligen Kontrolle wiesen mich an, dass Fahrrad nur verkehrstüchtig zu benutzen“, erinnert sich Emran Z. „Bei der Kontrolle hatten die Beamten meine Daten aufgenommen und abgeglichen. Daraufhin fuhren die Beamten zuerst weiter, drehten jedoch gleich wieder um und durchsuchten die mitgeführte Tasche mit den Bannern.“ Im Juli hatte das „Für LAU-Haus“1 mit einer symbolischen Besetzung im Westend auf die katastrophale Münchner Wohnungspolitik hingewiesen.
Emran Z. kritisiert die Durchsuchung seiner Wohnung und weist die Beschuldigung zurück. Die Beamten seien bei der Durchsuchung nicht nur unverhältnismäßig vorgegangen, sondern ihr Ergebnis seien Verwüstung, Chaos und Schaden. „Dass nun auch schon das Mitführen von Bannern zu einer derartigen Kriminalisierung führt, zeigt, wie die Behörden gegen linke Aktivisten vorgehen. Anscheinend ist ihnen nun schon Grund genug für Hausdurchsuchungen, wenn sich Aktivisten solidarisieren, ohne sich strafbar zu verhalten.“
Die Fantasie von Polizeikräften sei offenbar ausreichend, sagt Emran Z. um ihn morgens um halb sechs aufzuwecken, in Handschellen zu legen und seine Wohnung auf den Kopf zu stellen. „Ich lasse mich von diesem Vorgehen nicht einschüchtern und werde mich auch in Zukunft für eine emanzipierte Gesellschaft einsetzen“, kündigt er an.
Der Verein Rote Hilfe kritisierte, dass es bereits in den vergangenen Wochen aufgrund von Lappalien in München mehrere Hausdurchsuchungen bei linken AktivistInnen gegeben habe. Man müsse nun Solidarität mit dem Betroffenen zeigen. Für Sonntag, 3. September, 15 Uhr ruft das „Für LAU- Haus“ zu einem „Soli-Cornern“ vor dem ehemaligen Schnitzelhaus, das im Juli für kurze Zeit besetzt worden war, auf.
Fotos: Rote Hilfe München
Die Pressemitteilung der „Roten Hilfe München“ im Wortlaut:
„Hausdurchsuchung bei linkem Aktivisten in München
31. August 2017. Am heutigen Donnerstag durchsuchten BeamtInnen des polizeilichen Staatsschutzes die Wohnung eines linken Aktivisten im Großraum München. Der Einsatz diente laut Durchsuchungsbeschluss der so genannten „Gefahrenabwehr“. Das bedeutet, dass dem Betroffenen keine Straftat angelastet werden kann. Er wird lediglich verdächtigt, eine Hausbesetzung zu planen, nachdem er bei einer Verkehrskontrolle Banner in der Tasche mitgeführt hatte, auf denen Solidarität mit dem „Für LAU-Haus“ ausgedrückt wird. Im Juli 2017 wies das „Für LAU-Haus“1 mit einer symbolischen Besetzung im Münchner Westend auf die katastrophale Wohnungspolitik hin.
In dieser Stadt leben über 7500 Menschen ohne Dach über dem Kopf. Nirgendwo in Deutschland zahlen die EinwohnerInnen so hohe Mieten wie hier. „AktivistInnen, die auf diesen wohnungspolitischen Missstand aufmerksam machen, wird mit polizeilicher Repression begegnet,“ sagt Olivia Kölle, Sprecherin der lokalen Ortsgruppe der Roten Hilfe e.V., einer linken Schutz- und Solidaritätsorganisation.
„Die Fantasie von Polizeikräften ist offenbar ausreichend, um mich morgens halb sechs aufzuwecken, in Handschellen zu legen und meine Wohnung auf den Kopf zu stellen“, so der Aktivist. „Ich lasse mich von diesem Vorgehen nicht einschüchtern und werde mich auch in Zukunft für eine emanzipierte Gesellschaft einsetzen.“ Die Polizeikräfte beschlagnahmten im Rahmen der Durchsuchung Speichermedien, also Handys, Computer und USB-Sticks sowie Material, wie Bettlaken, die laut der BeamtInnen zum Herstellen von Bannern dienen könnten.
Die Rote Hilfe e.V. kritisiert, dass es bereits in den vergangenen Wochen aufgrund von Lappalien zu mehreren Hausdurchsuchungen in München bei linken AktivistInnen kam.“
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