Von unseren ReporterInnen – Ulm. Mit einem massiven Einsatz hat die Polizei am Samstag, 16. September, eine Protestaktion gegen einen Stand der AfD in der Ulmer Fußgängerzone unterbunden. Mehrere Personen wurden in Gewahrsam genommen.
Knapp 15 Menschen wollten am Samstag gegen die AfD und ihren fremdenfeindlichen Wahlkampf protestieren. Wie uns ein Passant berichtete, hatten sich die Menschen in einer offenen Kette mit dem Rücken zum Stand der AfD aufgestellt. Der Passant beobachtete, wie daraufhin Eugen Ciresa, Kreisverbandssprecher der AfD Ulm/Alb-Donau, hinter dem Stand telefonierte. Kurz darauf fuhren fünf Streifenwagen und ein Polizeibus mit Blaulicht vor. Später folgte noch ein Zivilfahrzeug mit Blaulicht.
Friedlicher und ruhiger Protest
Dem Passanten zufolge hatte es weder Parolen noch Pöbeleien der protestierenden Menschen gegeben. Das bestätigte uns auch Eugen Ciresa auf Nachfrage. Es habe auch keine tätlichen Übergriffe gegeben, so Ciresa. Er rief die Polizei nach eigener Aussage nur, da bestimmte Personen aus dem Kreis jedes Mal am Parteistand auftauchten und die AfD somit keinen ungestörten Wahlkampf machen könne.
Die Situation war kurzzeitig unübersichtlich, da mehrere PolizistInnen einzelne Personen aus dem Kreis der Protestierenden festhielten – wohl, um ihre Personalien festzustellen. Unvermittelt erfolgte dann ein Zugriff gegen drei Personen. Sie wurden mit Handschellen fixiert. Ein junger Mann wurde von drei PolizistInnen auf den Boden geworfen und anschließend abgeführt, dies unter Applaus der AfDler.
Polizei beschlagnahmt Kameras
Wie wir erfuhren, wurden die Festgenommenen aufs Polizeirevier Ulm-Mitte gebracht. Gegen sie laufen nun Anzeigen wegen Verstoßes gegen das Versammlungsrecht sowie Verweigerung der Personalien. Zudem erhielten sie einen Platzverweis für die gesamte Innenstadt, der bis zum Abbau des AfD-Standes Gültigkeit hatte. Ein Festgenommener sollte zudem einem Alkoholtest unterzogen werden. Alle Festgenommen kamen wieder auf freien Fuß.
Es wurden auch zwei Kameras umstehender Personen beschlagnahmt, darunter die eines Parteimitglieds der Linken. Vier Passanten, die sich gewundert und nachgefragt hatten, weshalb die Betroffenen ihre Kameras abgeben mussten, erhielten daraufhin ebenfalls Platzverweise. Von zweien wurden die Personalien aufgenommen.
Pressesprecher steht nicht zur Verfügung
Auf unsere Anfrage bei den Einsatzkräften vor Ort erhielten wir die Antwort, es gebe keinen Pressesprecher. Auf nochmalige Nachfrage nach Informationen für die Presse zu dem aktuellen Einsatz sagte ein Polizist: „Das interessiert mich jetzt nicht.“
Letztendlich war dann doch ein Beamter bereit, uns Auskunft zu geben. Die Aktion der AfD-GegnerInnen habe knapp fünf Minuten gedauert, bis die ersten Streifenwagen vorfuhren. Die Polizei habe anschließend Personalien aufnehmen wollen, woraufhin sich einige TeilnehmerInnen geweigert hätten, sie anzugeben.
„Schwarzer Tag für die Bürgerrechte in Ulm“
Die Polizei geht dem Sprecher zufolge davon aus, dass es sich nicht um spontanen Protest gehandelt habe, sondern um eine geplante, jedoch nicht angemeldete Aktion. Auch seien Personen beteiligt gewesen, die immer wieder bei Aktionen dabei wären. Dies habe die Polizei veranlasst, so vorzugehen.
Der Vorfall wurde auch von einigen Mitgliedern der Linken und der Grünen Jugend beobachtet. Eva-Maria Glathe, Bundestagskandidatin der Linken, zeigte sich entsetzt über den unverhältnismäßig heftigen Einsatz der Ulmer Polizei. Sie bezeichnete ihn als „schwarzen Tag für die Bürgerrechte in Ulm“ und hofft, dass sich die Polizei mit diesem Ereignis auseinandersetzt.
Heftiger Wortwechsel
Die AfD habe ihr unterstellt, dass sie die Leute zum Stand der Partei geschickt hätte, um zu stören, berichtete sie uns. Des Weiteren wurde Glathe vorgeworfen, „Demogelder“ zu zahlen. Unter großem Applaus umstehender PassantInnen rief sie der AfD zu, dass so eine Partei nichts im Bundestag zu suchen habe.
Daraufhin wurde Glathe von der AfD mit den Worten angegangen, dass die Linke die „Partei der Mauermörder“ sei. Glathe konterte: „Die AfD ist die Partei der Holocaust-Leugner“. Ein anderes Mitglied der Linken berichtete uns, dass die AktivistInnen von den AfDlern als „Abschaum“ bezeichnet worden seien.
Özoguz weiterhin Zielscheibe
Obwohl eine Anzeige der SPD wegen eines Plakats der Ulmer AfD läuft, auf dem die „Entsorgung“ der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung Aydan Özoguz gefordert wird (siehe AfD Ulm provoziert mit Özoguz-Plakat), war auch dieser Aufsteller wieder am Stand der AfD zu sehen. Zudem wird nun Martin Ansbacher, Ulmer Gemeinderat der SPD und Rechtsanwalt, von der AfD ins Visier genommen.
Auf einem Plakat wird mit den Worten „Leider nur Satire“ angegeben, dass Ansbacher auch gegen eigene Genossen Anzeige wegen Volksverhetzung erstattet hätte. Wie uns Ansbacher mitteilte, hat er bereits Strafanzeige bei der Polizei Ulm gestellt.
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