Basel. Das zweite Basler Antifa-Festival fand wegen der Räumung der Schwarzen Erle (wir berichteten) in anderen Räumlichkeiten statt. Am 29. und 30. September bot das Festival neben „Küfa“ (Küche für alle) und Konzerten vor allem Vorträge und Diskussionen. Neben einem Vortrag der Thüringer Landtagsabgeordneten der Linken Katharina König zum Komplex „NSU – der Staat – die Gesellschaft“ referierte Sören Kohlhuber über die Aufmärsche der Rechten in Europa.
Am Samstagnachmittag berichtete der freie Journalist Sören Kohlhuber über seine Recherchen zu Neonaziaufmärschen in Europa. Er hob dabei Verflechtungen zwischen deutschen und Schweizer Strukturen hervor, wie sie beispielsweise mit Ignaz Bearth bestehen. Der aktuelle Auslandsbeauftragte der Partei National Orientierter Schweizer (PNOS) und Gründer der DPS trat 2015 mehrfach auch bei pegidaähnlichen Veranstaltungen in Deutschland als Redner auf.
Kohlhuber zeigte aber auch Möglichkeiten und Probleme antifaschistischen und demokratischen Widerstands mit Fokus auf die Situation in Schweden, Schweiz und Deutschland. Während man in Deutschland auf eine sich zunehmend militarisierende Polizei treffe, herrsche in Schweden eine deutlich liberalere Kultur. Die sehr kleine und vergleichsweise schwach ausgerüstete Polizei sehe sich hier faschistischen Aufmärschen gegenüber gestellt, deren Teilnehmer mit Schutzschildern auftreten, die sie als Aktiv- wie Passivwaffe gegen Polizei und AntifaschistInnen einsetzten.
Kulturelle Unterschiede in Bezug auf die Pressefreiheit
Während die Pressearbeit in Deutschland vor allem über den Presseausweis „gesichert“ ist, setzt Schweden tendenziell auf Warnwesten, die Medienschaffende kennzeichnen. Laut Kohlhuber reicht ein handschriftlicher Hinweis mit Edding auf die Pressetätigkeit, um Zugang zu Demonstrationen und Brennpunkten zu erhalten. Dagegen erscheint die Ausübung journalistischer Arbeit in der Schweiz erschwert. Obwohl dem Land durch NGOs (Nichtregierungsorganisationen) ein hohes Bewusstsein für Pressefreiheit attestiert wird, würden JournalistInnen in ihrer Dokumentationsarbeit bei politischen Aktionen durch Wegweisungen und Auskunftsverweigerungen von der Polizei beschränkt, so Kohlhuber.
Stärker werdende militante Rechte
Ein wesentlicher Teil der internationalen Vernetzung der rechten Szene erfolge nach wie vor über Konzerte und szenetypische kulturelle Überschneidungen. Gleichzeitig führe die Radikalisierung im Auftreten auch zu Brüchen innerhalb lokal angesiedelter Strukturen. So beschreibt Kohlhuber Brüche des Dritten Wegs gegenüber des Antikapitalistischen Kollektivs (AKK) und der Partei Die Rechte. Während sich der Dritte Weg ein eher einheitliches, völkisch-ordnungsliebendes und elitäres Auftreten gebe, das sehr stark an Bilder des klassischen Faschismus in Deutschland erinnere, orientiere sich vor allem das AKK im Auftreten an autonomen linken Strukturen unter Einschluss völkischer Symbolik. Zur Ausdifferenzierung trage dabei weniger die kulturelle Symbolik bei, sondern vor allem das an Fußballfans erinnernde Auftreten der einen und das völkisch-ordnungsliebende der anderen.
- Der Dritte Weg – Archivbild
- Screenshot von der Facebookseite des AKK
- Die Rechte – Archivbild
Die NPD als Schmuddelkind verliere dabei zunehmend an Boden und trete vermehrt ohne Logo bei Veranstaltungen auf.
Handlungsfelder suchen
Seit 2014 finden in der Bundesrepublik wöchentlich faschistische Aufmärsche statt. Ihren statistischen Höhepunkt fanden sie im Herbst 2015 mit mehreren Demonstrationen pro Tag. Von einem Abklingen faschistischer Tendenzen könne man dennoch nicht sprechen.
Besonders im Osten Deutschlands spitze sich die Situation zu, so dass antifaschistische Arbeit in den Kleinstädten und Dörfern schwieriger, aber auch gefährlicher werde. Kohlhubers Fazit: „Es braucht deutlich mehr Solidarität und Entschlossenheit der Gruppen aus den Ballungszentren gegenüber den ländlichen Antifa-Strukturen.“
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