Bremen. Der Bremer Verfassungsschutz darf die Rote Hilfe in seinem Bericht über das Jahr 2016 vorerst nicht weiter als „gewaltorientiert“ einstufen. Das hat das Bremer Verwaltungsgericht am 23. Oktober in einer einstweiligen Anordnung entschieden und dem Verfassungsschutz untersagt, seinen Bericht in der ursprünglichen Fassung weiter zu verbreiten. Das teilt die linke Solidaritätsorganisation mit. Sie hatte gegen die Etikettierung als „gewaltorientiert“ geklagt.
Das Verwaltungsgericht hat den Beschluss noch nicht im Internet veröffentlicht. Die jüngste dort aufgeführte Entscheidung datiert vom 9. Oktober. Nach Angaben der Roten Hilfe lautet der Tenor des Beschlusses wie folgt: „Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet (…) es zu unterlassen, den von dem Senator für Inneres herausgegebenen Verfassungsschutzbericht 2016 in digitaler, schriftlicher oder sonstiger Form weiter zu verbreiten, verbreiten zu lassen oder sonst der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, soweit der Antragssteller dort als gewaltorientiert bezeichnet wird“. Das Land Bremen müsse außerdem die Kosten des Verfahrens tragen.
Als wir am 2. November recherchierten, war der Bremer Verfassungsschutzbericht 2016 über die Seite des Landesamtes anders als die Berichte der Vorjahre nicht aufrufbar – sehr wohl hingegen über die Seite des Senator für Inneres der Freien Hansestadt Bremen. Dort ist die Rote Hilfe weiterhin neben vier weiteren Organisationen in der Rubrik „5.2 Strukturen und Gruppierungen des gewaltorientierten Linksextremismus“ aufgeführt. Aus der ursprünglichen Beschreibung im Text, die Rote Hilfe sei eine „gewaltorientierte linksextremistische Gruppierung“, wurde der Begriff „gewaltorientiert“ jedoch gestrichen – in der Überschrift nicht.
Ob die Formulierung gänzlich aus dem Verfassungsschutzbericht Bremen 2016 entfernt werden muss, werde in einem Hauptklageverfahren zu klären sein, erklärt die Rote Hilfe. Die Behörde habe umgehend reagiert und den Begriff „gewaltorientiert“ geschwärzt.
„Als linke Solidaritäts-und Schutzorganisation verteidigen wir uns gegen den Vorwurf der ‚Gewaltorientierung‘, weil er jeder Grundlage entbehrt“, erklärt Heiko Lange, Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe. Der Erfolg vor dem Bremer Verwaltungsgericht sei „ein wichtiges Signal gegen die politischen Machenschaften der sogenannten Verfassungsschutz-Behörden und ein klarer Sieg für die politischen Grundrechte“.
Seit Jahrzehnten sei der Verein Rote Hilfe Teil der politischen Landschaft der Bundesrepublik. Er leiste rechtlichen Beistand für linke AktivistInnen und realisiere politische Kampagnen für die Verteidigung politischer Grundrechte.
Dazu zähle der Verein stets die Forderung nach der Freilassung politischer Gefangener wie auch den Protest gegen Grundrechtsverschärfungen. Die Vorratsdatenspeicherung, die Verschärfungen des Asylrechts und die Verfolgung migrantischer PolitikerInnen mithilfe der umstrittenen Paragrafen 129a/b lehne er ab. „Auch wenn es aktuell gängige Praxis ist, linke Organisationen als ‚extremistisch‘ zu bezeichnen, wird hier eine rote Linie überschritten. Aus diesem Grund ziehen wir vor Gericht“, erklärte Lange.
Die Rote Hilfe fordere auch seit ihrem Bestehen die Auflösung des Verfassungsschutzes.
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