Von Tape Lago – Hannover. Bei den Protesten gegen den Bundesparteitag der Rechtsaußenpartei AfD am Samstag, 2. Dezember, ging die Polizei mit massiver Gewalt gegen die DemonstrantInnen vor. Die Bilanz des Wasserwerfer-Einsatzes an der Kreuzung Schackstraße/Gneisenaustraße und der Gewalt an den Blockadepunkten: Es gab mehrere Verletzte, darunter einen sehr schwer Verletzten.
Die Polizei setzte auch Pressefreiheit und Presserecht außer Kraft, Sie griff JournalistInnen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit an. Auch die Rechte von Parlamentarischen BeobachterInnen wurden ignoriert und verletzt.
Insgesamt demonstrierten nach Angaben des Bündnisses gegen die AfD 9500 Menschen gegen die völkisch-nationalistische und zunehmend rassistische Partei. Die Polizei schätzte hingegen 6500 Menschen auf der Straße. Trotz der massiven polizeilichen Repression waren die Proteste gegen Alexander Gauland, Jörg Meuthen und Co. aus Sicht der Organisatorinnen ein großer Erfolg.
Polizeieinsatz ein Skandal
Zu den Protesten gegen den AfD-Parteitag hatte ein breites Bündnis aufgerufen. Unter anderem gehörten ihm „Unsere Alternative heißt Solidarität“, Aufstehen gegen Rassismus und „Unser Hannover – bunt und solidarisch“ an. Einige Beobachter fühlten sich an Bilder erinnert, die man aus der Türkei und anderen autoritären Staaten kennt. Durch Polizeigewalt wurden einem Blockierenden beide Unterschenkelknochen gebrochen. Er sei operiert worden, und das mehrere Stunden. Der Betroffene und seine Mitstreiter, die ebenfalls Polizeigewalt zu spüren bekamen, wollen nun wegen schwerer Körperverletzung im Dienst Anzeige gegen Polizisten erstatten.
Die Polizei spricht in ihrer Pressemitteilung, von einem „Einsatzkonzept“, das „aufgegangen“ sei. „Unser konsequentes Einschreiten hat Wirkung gezeigt“, hieß es dort. Abgeordnete der Linken und Grünen, die sich als parlamentarische Beobachter bei der Polizei anmeldeten, wurden mit Platzverweisen belegt. Die Polizei wählte offenbar eine harte Linie aus und steht nun in der Kritik. Viele sehen den Polizeieinsatz als Skandal.
Wasserwerfer-Einsatz bei eiskaltem Wetter
Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt (-1 bis 1 Grad) setze die Polizei einen Wasserwerfer mit intensivem Sprühregen gegen eine Menschenblockade an der Kreuzung Schackstraße/Gneisenaustraße ein. Bei der Räumung der Menschenmenge setzen Polizisten massive Gewalt gegen die Blockierenden ein.
Etwa eine Stunde zuvor hatten AktivistInnen versucht, die Polizeiabsperrung zu durchbrechen, um auf das HCC-Gelände zu gelangen. Doch die Polizei stoppte sie. Dabei setzten die Beamten Pfefferspray, Schlagstöcke und Fäuste ein. Einige Polizisten sollen „Sandhandschuhe“ verwendet haben, hieß es später.
„Gefahrenabwehrmaßnahme“ gegen AfD-GegnerInnen
In der Hans-Böckler-Allee setze die Polizei im Rahmen einer „Gefahrenabwehrmaßnahme“ Kontrollen von AktivistInnen durch und durchsuchte sie. Dabei ging es nach Polizeiangaben darum festzustellen, ob die AfD-GegnerInnen verbotene Gegenstände bei sich trugen. Aus Protest gegen die polizeiliche „Abwehrmaßnahme“ blockierten die AktivistInnen die Straße.
Da die Blockierenden sich weigerten, die Straße zu verlassen, setzte die Polizei Gewalt ein und nahm zwei Personen in Gewahrsam. Daraufhin wurden die Blockierenden eingekesselt. Von der sogenannten „Abwehrmaßname“ waren weitere Blockadepunkte getroffen. Bei den Aktivistinnen wurden offenbar keine verbotene Gegenstände gefunden. Hierzu, wollte die Polizei keine Angaben machen.
AfD-Bundesparteitag blockiert
Bereits am frühen Morgen hatten sich tausende DemonstrantInnen in den Straßen rund um das HCC (Hannover Congress Centrum), den Ort des AfD-Parteitags, versammelt. Sie behinderten mit Menschenblockaden die Anreise der ParteitagsteilnehmerInnen. Der Beginn des AfD-Bundesparteitags verzögerte sich aufgrund der Blockaden um eine Stunde. Die OrganisatorInnen werteten ihre Protestaktionen als Erfolg.
Torben Hansen, Sprecher des Bündnis „Unsere Alternative heißt Solidarität“: „Wir haben uns der AfD erfolgreich in den Weg gestellt. Sie hat zu spüren gekriegt, dass Rassistinnen und Rassisten in Hannover unerwünscht sind. Gemeinsam haben wir ein entschlossenes Zeichen für mehr Solidarität und eine Welt ohne Armut und Ausgrenzung gesetzt“.
Lautstarke und bunte Demo für eine solidarische Gesellschaft
Die Auftaktkundgebung des Bündnis „Unsere Alternative heißt Solidarität“ begann um die Mittagszeit auf dem Theodor-Heuss-Platz gegenüber des HCC. Es gab mehrere Redebeiträge, bevor die Demonstration um viertel vor eins startete. Die TeilnehmerInnen trugen Transparente und Plakate, die deutlich machten, dass eine solidarische Gesellschaft ohne Rassismus und Ausgrenzung für alle notwendig sei. Es war eine bisher noch nie dagewesene Großdemonstration.
Solidarität mit AntifaschistInnen
Die Polizei nahm nach dem Demostart die AntifaschistInnen vom Bündnis NIKA (Nationalismus ist keine Alternative) ins Visier und begleitete den Antifa-Block mit einem dreireihigen Spalier. Dies führte zu Protest und großer Aufregung. Als Zeichen der Solidarität mit den AntifaschistInnen hielt die gesamte Demonstration an und forderte die Polizei auf, ihre Maßnahme zu beenden.
Die Polizeiführung ignorierte jedoch die Aufforderung der Demonstrierenden und setzte ihren harten Kurs durch. Nach knapp einer halben Stunde „Zwangspause“ setze sich der Demonstrationszug wieder in Richtung Georgplatz in Bewegung. Dort fand die Abschlusskundgebung des Bündnisses „Unser Hannover – bunt und solidarisch“ statt .
AfD driftet weiter nach rechts
Auf dem AfD-Parteitag behielt die völkisch-nationalistische Strömung die Oberhand. Mit Jörg Meuthen und Alexander Gauland an der Spitze der Rechtsaußenpartei hat sich das „Höcke-Lager“ durchgesetzt. Damit drifte die AfD weiter nach rechts, so viele BeobachterInnen des Parteitags. Es ist davon auszugehen, dass in Zukunft, die Proteste gegen die selbsternannte Alternative für Deutschland nicht abnehmen werden.
Die AfD sei keine demokratische Partei, sagte Nora Berneis, Sprecherin von Aufstehen gegen Rassismus. Die AfD wolle Menschen aufgrund von Religion, Herkunft, Hautfarbe und sexueller Orientierung aus der Gesellschaft ausschließen. „Jetzt ist der Moment, in dem wir dafür sorgen müssen, dass sich die Verbrechen der Vergangenheit niemals wiederholen können. Wir stehen zusammen gegen Rassismus und gegen die Normalisierung der AfD“, erklärte sie.
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Ein breites Bündnis gegen die AfD
Die Proteste wurden getragen von Gewerkschaften, Parteien, zivilgesellschaftlichen Organisationen, Jugendgruppen und linke Gruppen. Darunter waren: Antifaschistische Gruppe Hannover, Aufstehen gegen Rassismus, Asta Uni Hannover, AWO Hannover, Bündnis 90/ Die Grünen, DGB und DGB-Jugend, DIDIF, Die Linke Hannover, GEW Hannover, IG Metall Hannover, IL (Interventionistische Linke), Jusos Hannover, Katholische Kirche Hannover, NGG Hannover, SDS Hannover, Verdi Hannover, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der AntifaschistInnen (VVN/BdA), Zentralrat der Muslime und viele mehr.
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