Von Angela Berger – Neckarwestheim/Lauffen. Der fünfte und zumindest für dieses Jahr letzte Atommülltransport auf dem Neckar war am Dienstag, 19. Dezember. Ursprünglich war er eine Woche früher geplant, musste jedoch wegen des schlechten Wetters verschoben werden. Anhaltendes Hochwasser und die winterliche Lage waren der EnBW wohl zu unsicher gewesen. Auch polizeitaktische Erwägungen könnten eine Rolle gespielt haben.
Der Transport startete schon am Vorabend eine Stunde vor Mitternacht. Herbert Würth, Sprecher des Aktionsbündnisses, ist sich sicher: Die hochriskante Nachtfahrt bei dem fünften Transport wurde ausschließlich wegen den Aktionen der Transportgegner beschlossen. Der Einsatzleiter hatte früher eine Nachtfahrt abgelehnt, doch nun habe man das Risiko nochmals erhöht. Erst am Montagabend habe es auf dem Rhein bei Karlsruhe eine Schiffskollision gegeben.
Polizei blockiert Aktivisten vor der Brücke
Schon am frühen Morgen des 19. Dezember versammelten sich etwa 20 aktive Castortransportgegner in Lauffen am Neckar in der Uferstraße und hielten dort eine Mahnwache ab. Als der Transport dann gegen 8.45 Uhr an Lauffen vorbei in die Schleuse fuhr, versuchten die Demonstranten, auf die Neckarbrücke zu gelangen. Die Polizei blockierte die Aktivisten jedoch auf der Brücke weit vor dem Neckarkanal.
Auch eine Aktion von Robin Wood, bei der Aktivisten an einer Brücke in Lauffen ein Banner aufhängen wollten, war durch den massiven Polizeieinsatz in Lauffen vereitelt worden. Lediglich eine halbe Stunde stoppte der Transportverband vor Lauffen, vermutlich wegen der geplanten Robin-Wood-Aktion.
Robin Wood bringt Banner an
Der strahlende Transportverband kam etwa um 9.45 Uhr in Neckarwestheim an und wurde dort schon von den Aktivisten, der Polizei und der Presse erwartet. Robin Wood konnte dort vor Ort ein Banner anbringen, und es gab eine Pressekonferenz direkt am Ufer gegenüber der Anlegestelle.
Bei ihr ging es nicht nur um die Transporte mit all ihren Gefahren, sondern auch um das Risiko des Lagerns von hochradioaktiven Atommüll in einem Steinbruch in Neckarwestheim. Dort könnten durch Auswaschungen Hohlräume entstehen, die mit viel Beton gefüllt werden müssten. Ein weiteres Risiko sei, dass das zweite AKW in Neckarwestheim noch bis Ende 2022 weiterlaufen solle.
Womöglich Atommüll aus anderen Kraftswerken?
Bei den 15 Castoren aus Obrigheim befinden sich neben vielen Tonnen Uran auch 770 Kilogramm atomwaffenriskantes Plutonium. Das mache Neckarwestheim zum Dauerlager für hochradioaktiven Müll. Auch wurde die Vermutung geäußert, es werde noch Atommüll aus anderen Atomkraftwerken dazukommen. Denn im sogenannten „GKN-Zwischenlager“ in Neckarwestheim gebe es 151 Stellplätze für Castoren mit hochradioaktiven Brennelementen. Selbst nach dem Abschalten des zweiten „Gemeinschaftskraftwerks“ im Jahr 2022 würden nur 125 der 151 Plätze gebraucht – theoretisch wäre also noch Platz für weitere Castoren in Neckarwestheim.
Nach dem Endlagergesetz soll bis 2031 zumindest ein Standort für das sogenannte „Endlager“ gefunden sein. Doch Experten und auch die Endlagerkommision halten das für völlig unrealistisch. Dennoch wird weiter trotz des beschlossenen Ausstiegs aus der Atomkraft bis heute Atommüll produziert, für dessen Lagerung man bisher keine Lösung gefunden hat.
Unser Kommentar: Die Behörden sollten sich auf die tatsächlichen Gefahren konzentrieren
Im Juni 2017 fand der bundesweit erste heiße Castortransport auf dem Neckar statt und damit der erste Transport hochradioaktiven Atommülls auf einem Fluss in Deutschland. Nun gab es den vorerst letzten Transport – mit einem von Fahrt zu Fahrt immer geringeren Schutz durch die Polizei, aber zum Glück auch ohne Unfall und ohne einen Anschlag auf den sehr langsamen und dadurch auch verletzlichen Schiffsverband.
Begleitet jedoch immer von Protesten, die darauf aufmerksam machen wollten, wir riskant ein Transport auf dem Neckar ist.
Das Bündnis Neckar Castorfrei hat mit vielen Aktionen auf das Risiko einer dauerhaften und großräumigen Verseuchung aufmerksam gemacht. Es möchte auch nach den Transporten weiter auf die Gefahren hinweisen, die von diesem dauerhaften Zwischenlager in Neckarwestheim in einer der dichtbesiedelsten Industrieregionen aufmerksam machen.
Es drängt sich die Frage auf, ob die Behörden und die Betreiber sich nicht lieber auf die Gefahren konzentrieren sollten, die von einem Atommülltransport selbst ausgehen, als die Aktionen der Demonstranten und Aktivisten in den Fokus ihrer Planungen zu stellen.
Unsere bisherige Berichte und Kommentare zu den Castortransporten gibt´s hier.
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