Von Meide Wolt – Stuttgart. 250 Menschen kamen am 1. Januar zum Neujahrsempfang des parteifreien Bündnisses Stuttgart Ökologisch Sozial (SÖS) an der Feinstaub-Messstation-Neckartor in der Stuttgarter Innenstadt, um gegen Feinstaub zu protestieren. Die TeilnehmerInnen warfen den Landes- und KommunalpolitikerInnen Versagen im Kampf gegen Feinstaub, bei den Abgasskandalen und beim Vorgehen gegen die Automobilindustrie vor. Für Donnerstag, 11. Januar, ist eine weitere Kundgebung der Initiative Neckartor zum Thema geplant.
Das ganze Jahr erkranken Menschen in der Autostadt Stuttgart durch Feinstaub und Stickoxide. Nach einer EU-Studie von 2011 soll es deswegen bis zu 400 000 Toten in der EU jedes Jahr geben.
Rechtsanwalt Roland Kugler, der zwei BürgerInnen gegenüber der Stadtverwaltung vertritt, warf der Stadtverwaltung vor, andere Messstationen als die am Neckartor zu ignorieren und am Neckartor selbst keine ausreichenden Maßnahmen zu ergreifen. Ingo Speidel von den SeniorInnen gegen Stuttgart 21 nannte die Mooswände an der B14 einen „grünen Arsch“, den die Stadt den Bürgern entgegen strecke. Am besten solle man Feinstaubplaketten direkt den Bürgern selbst auf den Rücken kleben, forderte Peter Grohmann von den AnStiftern. „Es geht nicht mehr um Wahlversprechen und gute Presse, es geht um Menschenleben“, so Grohmann.
Hannes Rockenbauch, Stadtrat von SÖS, zeigte sich zufrieden damit, dass die Bürgerinnen und Bürger den Jahresauftakt genutzt hätten, die Politik in der Stadt selbst zu machen. Doris Hensinger von der Bürgerinitative Mobilfunk Stuttgart-West nutzte die Gelegenheit, auch auf die hohe Strahlenbelastung durch 20 Funkmasten für die Kinder im Kindergarten auf dem Dach des Autohauses direkt an der B14 aufmerksam zu machen.
- Roland Kugler
- Doris Hensinger
- Ingo Speidel
Selber machen oder machen lassen?
Zu unterschiedlichen Positionen kamen die SprecherInnen in der Frage, wie gegen Feinstaub vorgegangen werden kann. Kugler sieht hier die Landesregierung in der Pflicht. Rockenbauch stellte klar, dass Proteste und freche Aktionen notwendig blieben, um die Autos aus der Stadt zu bekommen. Zusätzlich müssten im Stadtparlament die richtigen Entscheidungen getroffen werden. Speidel benannte das Auto an sich als das „Herzstück unseres Wohlstandes“, als den eigentlichen Skandal. Er rief dazu auf, diese „imperialistische Lebenweise“ zu bekämpfen.
- Mooswand neben der B14
- Auf der B14
Was tun gegen Feinstaubtote?
SprecherInnen und TeilnehmerInnen der Kundgebung diskutierten verschiedene Maßnahmen gegen Feinstaub und den individuellen Autoverkehr. „Ich bin nach wie vor Anhänger der City-Maut“, so Kugler, und weiter: „Was auch einfach ist, ist ein Straßenrückbau. Wenn die Autofahrer merken, dass sie mit den Öffentlichen schneller ans Ziel kommen, werden sie wechseln.“
Peter Erben, von der Bürgerinitative Neckartor schlug Schnellbuslinien, Tempolimits und sogenannte Pförtnerampeln vor, um „Menschen vor vergifteter Atemluft und krankmachendem Lärm zu schützen“. Peter Grohmann spekulierte, das nahe gelegene Deutsche Rote Kreuz plane, ein weiteres Rettungsfahrzeug für Feinstauberkrankte anzuschaffen. „Liebe Freunde, es ist Zeit, radikaler zu werden. Mit Protestpapier zu winken, ist vielleicht doch zu wenig. Ich habe keine Antworten, aber wir müssen zusammen nachdenken“, so Grohmann. Speidel forderte: „Das Privatauto verbieten! Den motorisierten Individualverkehr abschaffen. Für ein autofreies Stuttgart – in einer autofreien Welt.“
Am Donnerstag, 11. Januar, veranstaltet die Bürgerinitative Neckartor eine Kundgebung unter dem Motto „Gesundheit schützen. Fahrverbote durchsetzten“ ab 18 Uhr am Neckartor zusammen mit der Ärtzin Angelika Linckh.
- Peter Erben
- Kindergarten an der B14
- Luigi Pantisano
- Verpflegung
Folge uns!